Mehr Geld zurück bei Verspätung EU will Rechte von Bahnfahrern stärken
15.11.2018, 17:18 Uhr
Kostenerstattung bei der Bahn: Die neuen Vorschriften sollen nach bisheriger Planung ab 2020 greifen.
(Foto: dpa)
Bei einer Stunde Verspätung wird die Hälfte des Bahntickets erstattet, ab zwei Stunden gibt es den vollen Preis zurück - so fordert es das EU-Parlament. Ab 2020 sollen Reisende in Europa deutlich mehr Rechte haben. Die Bahngesellschaften sind wenig begeistert.
Bahnreisende sollen nach dem Willen des EU-Parlaments künftig deutlich höhere Entschädigungen bei Zugverspätungen bekommen. Die Europaabgeordneten stimmten in Straßburg für entsprechende Vorschläge. Demnach sollen Bahnunternehmen bei Verspätungen von mehr als einer Stunde die Hälfte des Ticketpreises zurückerstatten. Drei Viertel würden bei mehr als eineinhalb Stunden und der komplette Ticketpreis bei mehr als zwei Stunden Verspätung fällig.
Bislang haben Bahnreisende in Deutschland maximal Anspruch auf die Hälfte des Ticketpreises. Wird im schlimmsten Fall eine Übernachtung nötig, muss das Unternehmen auch die Kosten für ein Hotelzimmer tragen.
Die Vorschläge des EU-Parlaments sehen aber noch weitere Verbesserungen für Bahnreisende vor: Bei verpassten Anschlusszügen sollen Passagiere künftig kostenfrei Anspruch auf einen Platz im nächsten Zug haben. Dies soll auch dann gelten, wenn die Buchungen separat erfolgten. Die geplante Verordnung verpflichtet die Unternehmen zudem, die Passagiere über ihre Rechte auf Entschädigung zu informieren - etwa auf dem Fahrschein. Menschen mit Behinderung sollen dem Entwurf zufolge künftig direkt am Bahnhof kostenlose Hilfe beantragen können, außerdem sollen die Bahngesellschaften verpflichtet werden, in allen Zügen Stellplätze für Fahrräder bereitzustellen.
Greifen sollen die neuen Vorschriften nach bisheriger Planung ab 2020 - und zwar für alle Bahngesellschaften in der EU, unabhängig davon ob sie staatlich oder privat sind. Betroffen sind Regionalzüge ebenso wie Schnellzüge wie der deutsche ICE oder der französische TGV. Auch für grenzüberschreitende Verbindungen sollen die neuen Vorschriften gelten.
"Angemessene Entschädigung nur gerecht"
Ob das Parlament mit seinen Forderungen Erfolg hat, steht jedoch noch nicht fest. Bevor die neuen EU-Regeln in Kraft treten können, müssen die Abgeordneten einen Kompromiss mit dem Rat der Mitgliedstaaten finden. Bei dem Gesetzesvorhaben geht es darum, die seit 2009 bestehenden Regeln zu den Fahrgastrechten zu aktualisieren.
Der Europäische Verbraucherverband begrüßte die Position des Parlaments. "Es ist nur gerecht, dass Verbraucher angemessen entschädigt werden, wenn ihr Zug sich verspätet oder ausfällt, denn solche Verkehrsstörungen wirken sich auf die Pläne der Menschen aus", teilte die Generalsekretärin des Verbands, Monique Goyens, mit.
Der Dachverband der Europäischen Bahngesellschaften (CER), zu dessen rund 70 Mitgliedern auch die Deutsche Bahn gehört, kritisierte das Votum dagegen. Der Ticketpreis sei ein entscheidender Faktor für die Wahl des Verkehrsmittels, sagte CER-Sprecherin Eva Böckle. Die Passagierrechte müssten daher erschwingliche und attraktive Preise ermöglichen.
Quelle: ntv.de, ftü/dpa/AFP