Wirtschaft

Vorstellung womöglich am Montag Evelyn Palla soll neue Bahnchefin werden

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Managerin Palla ist selbst im Besitz eines Triebfahrzeugführerscheins.

Managerin Palla ist selbst im Besitz eines Triebfahrzeugführerscheins.

(Foto: picture alliance/dpa)

Vor einem Monat wird Richard Lutz bei der Deutschen Bahn abgesetzt. Die Suche nach einer neuen Führung scheint nun abgeschlossen. Verkehrsminister Schnieder wird offenbar mit Regio-Managerin Palla in den Reihen der DB-Töchter fündig.

Die bisherige Chefin der Bahnsparte DB Regio, Evelyn Palla, soll Nachfolgerin von Richard Lutz an der Spitze der kriselnden Deutschen Bahn werden, erfährt die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Vor ihrem Job bei DB Regio war sie Managerin bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Palla wäre die erste Chefin in der Geschichte der Deutschen Bahn. Nach dem Vorschlag des Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder muss Palla noch vom Aufsichtsrat der Deutschen Bahn berufen werden. Die nächste Sitzung des Aufsichtsrats beginnt am Dienstag.

"Wir haben einen Kandidaten, aber es kann sein, dass wir ihn oder sie aus rechtlichen Gründen noch nicht präsentieren dürfen", sagte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder von der CDU am Freitag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mit Blick auf die Vorstellung der neuen Bahnstrategie am Montag. Er kündigte im August an, im besten Fall die Personalie zusammen mit der Strategie vorstellen zu wollen. Auf Anfrage des "Spiegel" bekräftigte der Konzern jetzt, sich nicht vor Montag zur Besetzung des Postens zu äußern.

Die 51 Jahre alte Palla war Berichten zufolge Favoritin des Aufsichtsratschefs Werner Gatzer, da sie es schaffte, das Verspätungsniveau des Regionalverkehrs der Deutschen Bahn nahezu konstant zu halten, während die Quote im Fernverkehr in den vergangenen Jahren absackte. Die Managerin ist zudem auch selbst im Besitz eines Triebfahrzeugführerscheins.

Palla startete ihre berufliche Laufbahn 1997 bei der Infineon Technologies AG. Ab 2003 war sie bei Eon in München, Köln und Mailand tätig. 2011 wechselte sie zu den Österreichischen Bundesbahnen nach Wien. Dort war sie ab 2015 als Vorstand der ÖBB Personenverkehr AG für den Regionalverkehr zuständig. Zudem bekleidete sie ab 2015 das Amt der Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖBB Postbus AG. Die erfolgreiche Bahn-Managerin ist verheiratet und Mutter von drei Kindern.

Bahn soll neu aufgestellt werden

Seit rund einem Monat läuft die Suche nach einer neuen Führungsperson an der Spitze der Bahn. Der bisherige Vorstandsvorsitzende, Richard Lutz, hatte es nicht geschafft, die tiefgreifenden Krisen an gleich mehreren Fronten in den Griff zu bekommen. Mitte August verkündete Schnieder das Aus für den langjährigen Bahnchef. Er führt das Amt nur noch so lange, bis ein Nachfolger feststeht.

Lutz' Abberufung ist Teil einer umfassenderen Neuaufstellung des Konzerns. Als Nachfolger standen verschiedene Personen im Raum. Neben Palla wurden beispielsweise der Chef des Technologiekonzerns Siemens Mobility, Michael Peter, oder die Geschäftsführerin des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV), Anna-Theresa Korbutt, immer wieder von Experten genannt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind auch mehrere Initiativbewerbungen für den vakanten Posten des Bahnchefs eingegangen. Wer sich beworben hat und wie ernstzunehmend diese Bewerbungen sind, blieb allerdings offen.

Auch über die neue Bahnstrategie Schnieders ist bisher wenig bekannt. Lediglich den Titel hat das Ministerium schon verraten: "Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene". "Die Bahn muss pünktlich, sicher und sauber sein", sagte Schnieder zuletzt. Zudem müsse der Konzern "schneller, schlanker, schlagkräftiger und auch wirtschaftlicher" werden. Derzeit sei die Lage "dramatisch".

Ein Fokus auf die Reisenden wäre tatsächlich dringend notwendig. Infolge der maroden und überlasteten Schieneninfrastruktur leiden sie seit Jahren unter der immer schlechteren Pünktlichkeit im Fernverkehr. Die notwendigen Bauarbeiten führen immer wieder zu monatelangen Einschränkungen. Insbesondere in dicht besiedelten Knoten sind Regionalzüge häufig sehr voll. Immer mehr Verkehrsverbünde reduzieren zudem das Angebot, weil die Kosten stark gestiegen sind und die Finanzierung nicht mehr ausreicht.

Bund will Bahn wohl mehr kontrollieren

Der Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert, warnt zudem schon länger vor steigenden Fahrpreisen und einer Reduzierung von Verbindungen auch im Fernverkehr. Solche Maßnahmen drohten aus seiner Sicht, wenn der Bund die immer stärker steigenden Trassenpreise, eine Art Schienenmaut für Eisenbahn-Unternehmen, nicht endlich in den Griff bekomme.

Als sicher gilt, dass der Bund die bundeseigene Bahn künftig enger an die Leine nehmen und besser steuern will. Im Zentrum steht dabei die Bahn-Infrastruktursparte InfraGo, die unabhängiger vom Konzern werden soll. Wie genau das passieren soll und welche konkreten Erwartungen Schnieder an die Bahn formuliert, ist offen.

Die Erwartungen nicht nur der Reisenden sind hoch. Einen konsequenteren Fokus auf die Kundinnen und Kunden fordern etwa auch die Gewerkschaften: Es brauche mehr Personal im direkten Kontakt mit den Reisenden auf den Zügen und Bahnhöfen, heißt es in einem Forderungspapier aus der Branche. Reisezentren und Fahrkartenautomaten dürften demnach nicht der Digitalisierung zum Opfer fallen. Die Wunschliste ist lang. Ob die zahlreichen Probleme bei der Bahn den Initiativbewerbern voll bewusst sind, ist fraglich.

Quelle: ntv.de, mpa/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen