Wirtschaft

Vorsicht vor Etikettenschwindel Facebook heißt jetzt Meta - ändert das was?

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"Meta" statt "Facebook" - Mark Zuckerberg will demonstrieren, dass sein Unternehmen zu neuen Ufern strebt. Ob das klappt, ist offen.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Ob Raider oder Twix, Facebook oder Meta – am Ende ist es egal, welchen Übernamen Mark Zuckerberg seinem Konzern gibt. Metanamen sind selten alltagstauglich. Es geht um Inhalte. Während die einen im Netz ihre Witze reißen, wittern andere ein Feigenblatt.

Namen sind Geschmackssache - das gilt bei Menschen wie bei Unternehmen. Es allen recht machen kann man nicht. Sicher ist aber, dass alle gerne neue Namen kommentieren. So ist es auch bei der Umbenennung von Facebook in Meta. Einen Tag danach zeigen "Likes", wütende Emojis und Witze, wie gespalten das Internet ist.

Die Fast-Food-Kette Wendy's kündigte am Donnerstag spontan an, ihren Namen in "Meat" (Fleisch) zu ändern. Der Eintrag wurde binnen kurzer Zeit 30.000 Mal retweetet. Auch Twitter-Chef Jack Dorsey kommentierte. Er finde den neuen Namen verwirrend, schrieb er. Es sei ihm nicht klar, worauf er sich beziehe. Meta sei "selbstreferenziell". Robert Scoble, ein Virtual-Reality-Enthusiast und Blogger aus dem Silicon Valley, legte den Finger tiefer in die Wunde. Er kritisierte, Facebook sei "das falsche Unternehmen, uns die Zukunft zu verkaufen".

Facebook hatte nach Enthüllungen der Whistleblowerin und früheren Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen zuletzt viel Kritik geerntet. Haugen wirft ihrem früheren Arbeitgeber vor, eigene Gewinne über die Sicherheit seiner Nutzer und das Gemeinwohl zu stellen.

"Keine neue Cola-Situation"

Verständnis erntete Zuckerberg unterdessen von einem "Namensvetter". Matthew Ball, ein Stratege und Co-Leiter des Roundhill Ball Metaverse ETF, der an der NYSE als $META gelistet ist. "Das ist keine New-Cola-Situation", versuchte Ball offenbar mehr Ernsthaftigkeit in die Sache zu bringen. "Wir reden hier nicht von einem neuen Produkt, sondern vom Glauben an eine grundlegend neue Ebene der menschlichen Existenz." Die Namensdoppelung störe ihn nicht. "Meta" sei ein "Präfix", ein Markenschutz deshalb nicht möglich, schrieb er.

Mark Zuckerberg will mit Meta eine neue Richtung vorgeben und zeigen, wo das große Ganze hinsteuert: Meta in Anlehnung an "Metaverse" oder "Metaversum" steht für einen virtuellen Raum, den der 37-Jährige mit Worten wie die "nächste Generation des Internets", das "nächste Kapitel" und "Nachfolger des mobilen Internets" beschreibt. Es soll widerspiegeln, dass das Unternehmen über Facebook hinausgewachsen ist - beziehungsweise perspektivisch darüber hinauswachsen könnte.

Es ist das Eintauchen in tiefere virtuelle Sphären gemeint, die wir heute noch gar nicht kennen. Physische und digitale Welt sollen verschmelzen, Grenzen verschwinden. Praktisch sollen reale Gegenstände eingescannt als Hologramme in die reale Welt hineinprojiziert werden.

Menschen sollen dadurch annähernd realistisch - als Avatare - zusammenkommen können. Sie sollen Schach oder Tischtennis miteinander spielen, als wären sie wirklich in einem Raum. Großeltern sollen ihre Enkel in einer Kulisse erleben können, als seien sie bei ihnen. Auch im Arbeitsleben soll Metaversum Anwendung finden. Statt Teams-Konferenzen vor Monitoren soll man künftig gemeinsam an einem Konferenztisch sitzen. Durch den Präsenz-Effekt soll Nähe geschaffen werden, wo in der Realität gar keine ist.

Ein langfristiges Projekt

Die Idee mag eine technologische Revolution ein. Der Haken daran aber ist, sie ist noch absolute Zukunftsmusik. Der Mars-Schokoriegel Raider wurde Anfang der 90er-Jahre zu Twix, neuer Name, derselbe Inhalt. Facebook wird zu Meta, aber auch hier ändert sich erstmal nichts. Die Namensänderung von Facebook nach 15 Jahren mag voller Fantasie und Symbolik sein. Aber noch ist sie eine Kopfgeburt, die mit Inhalten erst noch gefüllt werden muss. Das Ökosystem von Anwendungen, vergleichbar mit Apps für Smartphones, das es einmal geben soll, muss in den nächsten Jahren erst noch entwickelt werden.

Noch ist noch nicht ausgemacht, ob Meta das halten wird, was der Name verspricht. Welches Tech-Unternehmen in Sachen Metaversum das Rennen macht, muss sich überhaupt erst noch zeigen. Die Wettbewerber Microsoft, Nvidia oder der Videospielehersteller Epic Games ("Fortnite") schlafen nicht.

Mark Zuckerberg selbst beschreibt es als sehr langfristiges Projekt, das auf Jahre hinaus keine Gewinne erwirtschaften wird. Das Unternehmen rechnet damit, dass die Investitionen auf diesem Gebiet den Betriebsgewinn allein im laufenden Jahr um zehn Milliarden Dollar schmälern werden. Erst kürzlich kündigte er an, 10.000 Stellen in Europa zu schaffen, um seine Metaversum-Strategie voranzutreiben. Das immerhin ist eine gute Nachricht.

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Protest vor dem Parlamentsgebäude in London: Auf einem Plakat surft Mark Zuckerberg auf einer Welle von Geld und hält ein Schild in den Händen, auf dem zu lesen ist "Ich weiß, dass wir Kinder schädigen, aber mir ist das egal".

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Meta ist - im Moment zumindest - nur eine leere Hülle, ein typischer Griff nach den Sternen. Zuckerberg läuft wenigstens nicht Gefahr, dass Identität oder Wiedererkennung der Marke flöten geht. Denn die Namen Facebook, Instagram und Whatsapp bleiben bestehen. Auch das ist nicht ungewöhnlich. Abgesehen von Börsianern sagt auch niemand Alphabet. Alle sprechen von Google. Ähnlich wie Facebook setzte Google 2015 eine Holding mit dem neuen Namen über den Konzern, um damit zu signalisieren, dass er nicht mehr nur eine Suchmaschine und ein Cloud-Geschäft betreibt, sondern auch Ambitionen bei fahrerlosen Autos, Gesundheitslösungen und anderen High-Tech-Bereichen hegt.

Vergleich mit Philip Morris

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Wichtiger als der Nachweis, dass die Metaversum-Vision in Zukunft nicht Schall und Rauch bleibt, ist Kritikern im Netz aber etwas anderes: Einer erinnert an den Zigarettenhersteller Philip Morris, der seinen Namen bereits 2003 in Altria änderte – und zieht dabei einen vernichtenden Vergleich: "Facebook tritt in die Fußstapfen von Big Tobacco, nachdem die Branche wegen ihrer giftigen und tödlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft entlarvt wurde", schreibt Mike Davis vom Internet Accountability Project, einer konservativen Gruppe, die teilweise von dem Google-Rivalen Oracle finanziert wird.

"Philip Morris wurde beim Ausbeuten von Kindern erwischt, also wurden sie Altria. Facebook wurde dabei erwischt, wie es Kinder ausbeutete, also wurden sie zu Meta", so der bekannte Facebook-Kritiker weiter. Zuckerberg selbst spricht von Imagepflege im Zusammenhang mit der Umtaufung. Sein "nächstes Kapitel" stellt ihn vor eine doppelte Aufgabe - bei Technologie und Sicherheit besser zu werden, nicht nur technologisch nach den Sternen zu greifen, sondern sein Universum auch auf anderen Werten aufzubauen. Wird Hate Speech und Verschwörungstheorien nicht der Riegel vorgeschoben, ist das Projekt nicht viel mehr als das von Kritikern befürchtete Ablenkungsmanöver und damit nicht nur eine Kopf-, sondern eine Totgeburt.

Quelle: ntv.de

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