Die meisten Projekte scheitern "Fomo" treibt Einsatz von KI in US-Konzernen
24.09.2025, 17:27 Uhr Artikel anhören
Für alle, die mit dem Bau oder Betrieb von Rechenzentren und der dazugehörigen Infrastruktur zu tun haben, ist der Nutzen des KI-Booms eindeutig erkennbar. Bei andere Branchen bleibt der Sinn von KI-Anwedungen oft unklar.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
In fast allen Unternehmen wird über den Einsatz von KI gesprochen. Hunderte Milliarden Dollar an Investitionen in die Technologie wurden allein in den USA in den vergangenen Monaten angekündigt. Ein klarer Nutzen ist in vielen Fällen allerdings nicht erkennbar.
Keine Technologie bewegt Unternehmen derzeit so wie Künstliche Intelligenz. Gigantische Investitionen fließen in die Entwicklung von KI-Modellen und -Anwendungen und die dazugehörige Infrastruktur von Rechenzentren bis zu Kraftwerken, die die notwendige Energie liefern sollen. Wie eine Untersuchung der Wirtschaftszeitung "Financial Times" (FT) zeigt, beschäftigen sich bei weitem nicht nur Technologiekonzerne, sondern fast alle großen Unternehmen in den USA mit dem Thema. Aber nur wenige können klar benennen, welchen konkreten Nutzen sie sich von KI versprechen.
"FT"-Journalisten werteten Hunderte Dokumente der im amerikanischen Leitindex S&P 500 notierten Unternehmen aus. Dazu gehörten etwa Meldungen an die Börsenaufsicht, Pflichtveröffentlichungen und Transkripte von Telefonkonferenzen der Vorstandsmitglieder mit Investoren. Einer der Haupttreiber dafür, dass Unternehmen KI in den Vordergrund stellen, sei die Angst, etwas zu verpassen. Im Englischen gibt es dafür den Begriff: fear of missing out oder kurz "Fomo".
Von den 500 im Index enthaltenen Unternehmen äußern sich der Auswertung zufolge weit mehr als 400 auch zu Künstlicher Intelligenz. Vor allem Technologiekonzerne wie Microsoft, Amazon und Meta versprechen sich und ihren Investoren ein gigantisches Geschäft. Diese Unternehmen haben allein dieses Jahr schon Investitionen von mehreren Hundert Milliarden Dollar in diesem Bereich angekündigt, vor allem um ihre KI-Modelle weiterzuentwickeln und die notwendige Infrastruktur zu schaffen.
Mitarbeiter nutzen Werkzeuge nicht
Aber auch in anderen Branchen ist KI ein Thema, etwa bei Getränke- oder Bekleidungsherstellern oder Rüstungsunternehmen. So habe sich Coca-Cola bei der Vorstellung von Geschäftsergebnissen im Februar begeistert zum Einsatz Künstlicher Intelligenz geäußert. Es sei dabei, so heißt es in dem Bericht, allerdings nur um die Produktion eines Fernseh-Werbespots gegangen. Bei vielen Unternehmen bleibe der Nutzen des KI-Einsatzes unklar, heißt es.
Bei einigen Unternehmen stehen Risiken oder Gefahren im Vordergrund, die von der neuen Technologie ausgehen könnten. Ein Thema, das mehrfach angesprochen wird, ist dem "FT"-Bericht zufolge die Sorge, dass der Einsatz von KI zu Urheberrechtsverletzungen und Rechtsstreitigkeiten führen könnte. Denn beim Training beispielsweise von Sprachmodellen könnten geschützte Inhalte verwendet worden sein. Auch Datenschutzbedenken und Sorgen um die IT-Sicherheit sind Thema.
Für einige Entscheider gehe es bei der Anwendung nicht darum, was für ein Problem gelöst werden müsse, sondern um die Sorge, dass ein Wettbewerber schneller sein könnte. "Wenn es um die Einführung von KI geht, lassen sich viele Unternehmen nicht von einer Strategie leiten, sondern von 'Fomo'", zitiert die "FT" eine Unternehmensberaterin.
Dass viele KI-Projekte, über die Unternehmenslenker sprechen, in der Realität keinen Nutzen bringen, hat kürzlich auch eine Studie des renommierten Massachusetts Institute for Technology (MIT) ergeben. Demnach scheitern im Durchschnitt 95 Prozent aller Pilotprojekte zum Einsatz generativer KI, also beispielsweise von Sprachmodellen wie ChatGPT in Unternehmen. "Wenn wir mit Vorständen sprechen, heißt es oft, dass ihr internes KI-Werkzeug sehr erfolgreich gewesen sei", sagte der MIT-Forscher Aditya Challapally der "FT". "Wenn wir aber mit Angestellten sprechen, stellen wir fest, dass es überhaupt nicht genutzt wurde."
Quelle: ntv.de, mbo