Steuer auf Lebensmittel senken Handelsverband hält nichts von Scholz-Vorschlag
11.12.2024, 11:22 Uhr Artikel anhören
Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel würde alle Haushalte betreffen. Der Deutsche Handelsverband fordert stattdessen, gezielter zu entlasten.
(Foto: picture alliance/dpa)
Olaf Scholz spricht sich für eine leichte Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel aus. Aus der Wirtschaft gibt es prompt Kritik an dem Vorstoß. In der Union ist die Rede von einem "Wahlgeschenk".
Der Handelsverband Deutschland (HDE) lehnt den Vorschlag von Kanzler Olaf Scholz zur Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ab. "Ermäßigte Mehrwertsteuersätze sind ein ineffizientes Instrument zur Verwirklichung sozialer oder ökologischer Ziele, da sie für den Staat mit beträchtlichen Kosten verbunden sind", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Genth.
Das Mehrwertsteuerrecht sei schon kompliziert, die Verwaltung mit Kosten von ein bis vier Prozent des Umsatzes der Unternehmen teuer genug. "Wenn jetzt noch zusätzlich zu den bestehenden Differenzierungen neue Absenkungen hinzukommen, steigen diese Verwaltungskosten noch weiter an", warnte Genth.
Die Politik sollte stattdessen über andere Maßnahmen zielgenau die Haushalte entlasten, die nur über geringe Einkommen verfügten und daher von der Inflation besonders schwer betroffen seien. "Absenkungen der Mehrwertsteuer sind Entlastungen mit der Gießkanne. Das ist nicht zielgenau."
Scholz sieht keine "übermäßige Belastung"
Scholz hatte vorgeschlagen, den Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent zu senken. "Das würde ganz vielen, die wenig Geld verdienen, helfen", sagte er in der ARD. "Und es wäre für den Bundeshaushalt keine übermäßige Belastung."
Dem Steuerschätzer Jens Boysen-Hogrefe vom Kieler Wirtschaftsforschungsinstitut IfW zufolge könnten sich die Einnahmeausfälle auf etwa fünf Milliarden Euro belaufen. Allerdings gebe es ein "Rückspiel", sagte der Ökonom. Die geringere Umsatzsteuer dürfte zu etwa 80 Prozent über niedrigere Preise weitergereicht werden. Die anderen 20 Prozent erhöhten die Gewinne der Anbieter, was zu höheren Steuereinnahmen führen sollte.
Auch dürfte eine geringere Mehrwertsteuer für sich genommen das Existenzminimum senken. "Somit dürften die Sätze in der Grundsicherung entsprechend schwächer zulegen und der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer weniger steigen", sagte Boysen-Hogrefe. "Diese Effekte treten mit Verzögerung auf, dürften aber die öffentlichen Haushalte um gut eine Milliarde Euro wieder entlasten."
CDU-Politiker glaubt an Wahlkampf-Manöver
Die Union lehnt den Vorschlag von Scholz ab. "Es macht jetzt natürlich keinen Sinn, wenige Tage vor der Wahl sozusagen mit Wahlgeschenken um die Ecke zu kommen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, RTL/ntv.
Steuersenkungen seien grundsätzlich positiv, aber sie müssten eingebettet sein in ein wirtschafts- und finanzpolitisches Gesamtkonzept. Hier agiere der Bundeskanzler auf brüchigem Boden. "Er hat nämlich keinen Haushalt für das kommende Jahr. Insofern stellt sich die Frage, woher möchte er es denn eigentlich finanzieren? Und das ist die Fortsetzung rot-grüner Haushalts- und Finanzpolitik, nämlich alles auf Pump und zulasten zukünftiger Generationen zu machen." Sinnvoller wäre eine Wirtschaftspolitik, die mehr auf Wachstum ausgerichtet sei.
Quelle: ntv.de, rog/rts