Opfer hoher Energiepreise Hersteller der Weck-Gläser ist insolvent
20.06.2023, 18:57 Uhr Artikel anhören
Weck schaut auf eine 120-jährige Geschichte zurück, die Gruppe beschäftigt 375 Mitarbeiter.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Firma Weck hat mit ihren Einmachgläsern die Deutschen durch zwei Weltkriege begleitet und es mit dem Begriff "Einwecken" sogar in den Duden geschafft. Nun meldet das Traditionsunternehmen wegen der hohen Gaspreise Insolvenz an.
In vielen Kellern und Vorratsräumen sind sie zu finden: Einkochgläser. Die wohl bekanntesten dieser Behälter stammen von der Firma Weck. Mit Erdbeer-Logo, Markennamen und orangefarbenem Dichtring sind sie zum Symbol für das Einkochen von Lebensmitteln geworden. Der Begriff "Einwecken" steht sogar im Duden. Nun hat das Unternehmen aus dem Süden Baden-Württembergs Insolvenz angemeldet.
Eine Sprecherin der Weck-Gruppe teilte mit, das Traditionsunternehmen wolle sich im Insolvenzverfahren neu strukturieren. Konkret geht es um die Muttergesellschaft J. Weck GmbH und Co. KG mit Sitz in der Stadt Wehr und die Tochterfirma Weck Glaswerk GmbH mit einem Produktionsstandort in Bonn. Beide Verfahren wurden nach Angaben des Amtsgerichts Karlsruhe am Montag eröffnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Freiburger Rechtsanwalt Thilo Braun bestellt.
In Südbaden sind die Verwaltung, der Vertrieb und das Verlagsgeschäft der Gruppe angesiedelt. 115 Menschen arbeiten dort. Das Glaswerk in Bonn beschäftigt 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Geschäft läuft nach Angaben von Insolvenzverwalter Braun unvermindert weiter. Löhne und Gehälter der Angestellten seien bis einschließlich August über das Insolvenzgeld gedeckt, hieß es.
Inflation drückt auf Nachfrage
Dem Unternehmen machten demnach zuletzt eine niedrigere Nachfrage und die hohen Energiepreise zu schaffen. "Aufgrund der Preissteigerungen des Energieträgers Gas kam es in den letzten Monaten zu erheblichen Belastungen", wird Geschäftsführer Eberhard Hackelsberger in einer Mitteilung zitiert. "Die Glasherstellung ist energieintensiv und die eingesetzten Schmelzöfen können nicht einfach abgeschaltet werden, ohne dass sie dabei irreparabel beschädigt werden".
Die Glasindustrie gehört zu den Wirtschaftszweigen, die besonders unter den hohen Energiepreisen leidet. Auch sind Verbraucher wegen der hohen Inflation, die unter anderem eine Folge des Krieges in der Ukraine ist, zurückhaltender bei Kaufentscheidungen.
Weck-Chef Hackelsberger führt das Unternehmen in vierter Generation. Der Diplom-Betriebswirt ist Urenkel von Firmengründer Johann Weck. Zusammen mit seinem Geschäftspartner und Nachfolger Georg von Eyck hob dieser Anfang 1900 den Einmachglas-Hersteller aus der Taufe. Wenig später wurde das "Einwecken" bereits an Kochschulen gelehrt - und die Gläser zu einem der ersten Markenartikel in Deutschland. Die Nachfrage nach den wiederverschließbaren Glasbehältern boomte im den Folgejahren - vor allem in Zeiten der Not, etwa während der zwei Weltkriege.
Haltbarmachen liegt wieder im Trend
Der Weck-Firmenchronik zufolge wurden bis Ende des Zweiten Weltkriegs Hunderte Millionen Gläser produziert. Mit der zunehmenden Verbreitung von Kühlschränken und Tiefkühltruhen veränderte sich in der Nachkriegszeit auch das Geschäft von Weck. Seitdem stellt das Familienunternehmen auch Verpackungen aus Glas für die Lebensmittelindustrie her - zum Beispiel für Gurken und Senf. Zudem werden etwa Kerzengläser für Kirchen und Friedhöfe produziert.
Obwohl das Haltbarmachen von Lebensmitteln wieder im Trend liegt und die Gläser auch in der Gastronomie Anklang finden, machen sie heute nur noch einen Bruchteil der Produktpalette aus. Wie aus dem letzten Geschäftsbericht für das Jahr 2021 hervorgeht, lag das Absatzziel für das laufende Jahr bei insgesamt 420 Millionen Glasverpackungen. Ob Weck daran festhält, ist bisher nicht bekannt. Wie es mit dem Traditionsunternehmen weitergeht, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. "Das Wichtigste ist nun die Stabilisierung des Geschäftsbetriebes und die umgehende Einleitung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen", sagte Insolvenzverwalter Braun. Noch in dieser Woche sollen die wirtschaftliche Lage und die Sanierungsoptionen für Weck geprüft werden.
Quelle: ntv.de, mau/dpa