Wirtschaft

"Neugeschäft bricht ein" Immer mehr Wohnungsbau-Projekte werden abgeblasen

Im März klagten 16 Prozent der Unternehmen über Auftragsstornierungen.

Im März klagten 16 Prozent der Unternehmen über Auftragsstornierungen.

(Foto: picture alliance / Jochen Tack)

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Hohe Baukosten und durch die Decke gehende Zinsen belasten den Markt: Immer mehr Unternehmen müssen laut IFO-Institut Auftragsstornierungen hinnehmen. Nur 250.000 Wohnungen werden laut Experten in diesem Jahr fertig, was deutlich unter dem Ampel-Neubauziel liegt. Ein Schlag auch für den sozialen Wohnungsbau.

Im deutschen Wohnungsbau werden angesichts gestiegener Material- und Zinskosten immer mehr Projekte storniert. Im März klagten 16 Prozent der Unternehmen über Auftragsstornierungen, wie das Münchner IFO-Institut zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte. Im Februar hatte der Anteil noch bei 14,3 Prozent gelegen, im Januar bei 13,6 Prozent. "Die Situation im Wohnungsbau spitzt sich weiter zu", sagte IFO-Forscher Felix Leiss. "Infolge der rasant gestiegenen Baukosten und der höheren Finanzierungszinsen rentieren sich viele Wohnungsbauprojekte nicht mehr, werden verschoben oder ganz gestrichen. Das Neugeschäft bricht förmlich ein."

Die Zukunftssorgen in der Branche seien groß. Das Barometer für die Geschäftserwartungen der Unternehmen notiert aktuell bei minus 56 Punkten. Dies sei zwar eine Verbesserung im Vergleich zum Februar, in dem außerordentlich schwache minus 64,5 Punkte ermittelt worden waren. Es würden aber immer noch auf breiter Basis Geschäftseinbußen befürchtet. "Noch verfügen viele Unternehmen über gut gefüllte Auftragsbücher, was den Effekt auf die Bautätigkeit derzeit noch abmildert", sagte Leiss. "Der Auftragsvorrat wird die wachsende Lücke bei den Neuaufträgen aber nicht ewig füllen können. Die Krise scheint für viele Betriebe unausweichlich."

Aktuell melden bereits 25,5 Prozent der Unternehmen einen Auftragsmangel, nach 23,4 Prozent im Februar. Zum Vergleich: Vor einem Jahr, im März 2022, betrug der Anteil nur 8,6 Prozent. Die Zahl der Baugenehmigungen sank im Februar wegen gestiegener Zins- und Materialkosten bereits den zehnten Monat in Folge. Nur noch 22.300 Wohnungen wurden genehmigt und damit 20,6 Prozent oder 5800 weniger als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Die Zahl sinkt damit seit Mai 2022 kontinuierlich, seit Oktober 2022 liegt das Minus bei jeweils mehr als zehn Prozent.

Gewerkschaftschef: Sozialer Wohnungsbau benötigt Finanzspritze

In diesem Jahr dürften nach Branchenschätzungen bestenfalls 250.000 Wohnungen fertiggestellt werden. Bundesbauministerin Klara Geywitz von der SPD hat bereits eingeräumt, dass das Neubauziel der Ampel-Koalition von 400.000 Wohnungen jährlich auch 2023 verfehlt werde.

Das trifft besonders hart das Vorhaben, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, deshalb hat der Chef der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger, für den sozialen Wohnungsbau ein Sofortprogramm von 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 gefordert. Nur so könnten die im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP verankerten 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr noch gebaut werden, sagte er im Deutschlandfunk.

Derzeit gebe es einen "toxischen Mix" aus einem hohen Wohnungsbedarf, hohen Baukosten, einer Vervierfachung der Bauzinsen innerhalb eines Jahres und extrem hohen Hürden beim Bauen aufgrund von Auflagen und Vorschriften, sagte der IG-BAU-Chef. Daher sei es vollkommen unrealistisch, dass sich unter den veränderten Bedingungen zu den gleichen Kosten mehr bezahlbare Wohnungen errichten ließen.

Quelle: ntv.de, ysc/rts/dpa

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