Handelsgespräche wiederbelebt Kanada kippt Digitalsteuer - für Deal mit Trump
30.06.2025, 12:21 Uhr Artikel anhören
Der kanadische Premierminister Mark Carney nimmt an einer Pressekonferenz während des Kanada-EU-Gipfels in Brüssel teil.
(Foto: picture alliance/dpa/The Canadian Press/AP)
Bereits vor einem Jahr führt Ottawa die Digitalsteuer ein - die nun fällig geworden wäre. Doch nun rudert Kanada zurück, um US-Präsident Trump entgegenzukommen.
Kanada und die USA nehmen ihre Handelsgespräche doch wieder auf. Das teilte der kanadische Premierminister Mark Carney laut einer Mitteilung des Finanzministeriums mit. Kanada habe seinen Plan, US-Technologieunternehmen zu besteuern, in Erwartung "eines für beide Seiten vorteilhaften umfassenden Handelsabkommens" zurückgezogen. Die Steuer sollte an diesem Montag in Kraft treten. Die USA sind für Kanada mit Abstand der wichtigste Handelspartner.
US-Präsident Donald Trump hatte am Freitag "alle" Handelsgespräche mit Kanada aufgekündigt und dem Nachbarland mit neuen Zöllen gedroht. Als Grund für den Abbruch der Handelsgespräche nannte Trump die von Kanada geplante Einführung einer Digitalsteuer auf Geschäfte amerikanischer Unternehmen. Dies sei "ein direkter und unverfrorener Angriff auf unser Land", sagte Trump. Kanada kopiere wohl die Europäische Union, die das auch gemacht habe. Mit der EU gebe es dazu laufende Gespräche.
Turbulenzen an den Börsen
Ottawa hatte die Digitalsteuer bereits im vergangenen Jahr eingeführt - sie sieht eine Abgabe von drei Prozent auf Einnahmen aus Online-Werbung, Verkaufsplattformen, Onlinenetzwerken und dem Verkauf persönlicher Daten vor. Am Montag wäre die Steuer fällig geworden und hätte US-Tech-Giganten wie Alphabet und Amazon nach Angaben von Analysten mehrere Milliarden Dollar gekostet.
Trump hatte erklärt, die Digitalsteuer "auf unsere amerikanischen Technologie-Unternehmen" sei ein "direkter und unverfrorener Angriff auf unser Land". Er fuhr fort: "Sie ahmen offenbar die Europäische Union nach, die das Gleiche gemacht hat." Die EU geht seit einiger Zeit verstärkt gegen die Marktmacht der großen Internetkonzerne vor. Im Kontext des Zollkonflikts mit Trump wird zudem eine Digitalsteuer geprüft.
Trumps Vorgehen sorgte für heftige Kritik des US-Ökonomen und Wirtschaftsnobelpreisträgers Joseph Stiglitz. Er warf den USA am Montag einen "eklatanten Angriff" gegen die kanadische Souveränität vor. "Hier geht es um mehr als nur um Handel - es geht darum, ob demokratisch gewählte Regierungen mächtige Unternehmen regulieren und besteuern können oder ob die Tech-Milliardäre die Politik durch politische Stellvertreter diktieren können", erklärte Stiglitz.
"Beunruhigende Eskalation"
Trumps Handeln sei eine "beunruhigende Eskalation im globalen Kampf zwischen demokratischer Regierungsführung und unkontrollierter Konzernmacht", erklärte die Organisation ICRICT, deren Ko-Vorsitzender Stiglitz ist, und die sich für einheitliche Steuern für multinationale Konzerne einsetzt. Sie sprach von einem Angriff auf den Grundsatz, "dass Unternehmen einen fairen Beitrag" zur Infrastruktur und öffentlichen Dienstleistungen leisten sollten.
Trump setzt systematisch auf Zölle, um anderen Ländern Zugeständnisse auch in anderen Bereichen abzuringen. Anfang April hatte er hohe Zollaufschläge gegen zahlreiche Staaten verhängt und diese dann kurz darauf für die meisten Länder für 90 Tage auf zehn Prozent reduziert. In dieser Zeit sollen Verhandlungen geführt werden.
Für die EU läuft die Frist am 9. Juli aus, für Kanada und zahlreiche weitere Länder bereits am 8. Juli. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt sagte am Donnerstag aber, die Fristen könnten womöglich verlängert werden. Trumps Handels- und Zollpolitik hat an den Aktienmärkten in den vergangenen Monaten immer wieder für Turbulenzen gesorgt.
Quelle: ntv.de, mbr/dpa/AFP