Viele Flüge ausgefallen Lufthansa hält Warnstreik für "unnötig und überzogen"
27.07.2022, 11:42 Uhr Artikel anhören
Lufthansa hatte bereits am Vortag die Passagiere gebeten, sich möglichst auf digitalen Wegen mit dem Unternehmen in Verbindung zu setzen, um neue Flüge zu organisieren.
(Foto: picture alliance/dpa)
Allein am Frankfurter Flughafen bleiben wegen des Warnstreiks mehr als 1000 geplante Flüge am Boden. Gestrandeten Passagieren kann die Airline am Flughafen kaum helfen. Gewerkschaft und Fluggesellschaft geben sich gegenseitig die Schuld an dem Dilemma.
Wegen des Verdi-Warnstreiks bei Lufthansa sind viele Passagiere unter anderem am Frankfurter Flughafen gestrandet. Am größten deutschen Airport wurden am heutigen Mittwoch 725 von 1160 geplanten Flügen abgesagt, wie ein Sprecher des Betreibers Fraport erklärte. Damit sind auch Flüge anderer Gesellschaften betroffen, die üblicherweise vom Lufthansa-Bodenpersonal mitbetreut werden.
Die Gewerkschaft und die Airline halten sich gegenseitig vor, für die aktuelle Lage verantwortlich zu sein. Lufthansa-Sprecher Martin Leutke bezeichnet den Warnstreik bei ntv als "unnötig und überzogen". Das Unternehmen habe schließlich ein substanzielles Angebot vorgelegt, über das man weiter hätte sprechen können. Verdi habe sich aber entschieden, den Konflikt auf dem Rücken der Passagiere auszutragen.
"So einen Streik hätte es nicht gebraucht." Das Angebot lasse sich schließlich sehen. Man wolle zu einer Einigung kommen und eine Einigung sei auch möglich. Auf dem Tisch liegt laut Leutke ein Angebot, mit dem der Bruttolohn bis 3000 Euro monatlich um mehr als zehn Prozent steigt, bei 6500 Euro sind es auf die nächsten zwölf Monate gesehen sechs Prozent. Angesichts dieses hohen Angebots sei der Warnstreik mitten in der Hauptreisezeit nicht mehr verhältnismäßig.
Im Gespräch mit ntv gibt Verdi-Geschäftssekretär André Bill zu, dass der Zeitpunkt des Streiks nicht unbedingt glücklich sei. "Die Gegenseite hat uns aber ein dermaßen schwaches Gegenangebot vorgelegt, dass wir uns zu dieser Maßnahme gezwungen sahen, weil wir offensichtlich nicht ernst genommen wurden", sagt Bill. Die dritte Runde der Tarifverhandlung abzuwarten, sei auch deswegen nicht möglich gewesen, weil die Toleranz unter den Mitarbeitern mittlerweile ganz gering sei. Mit Rücksicht auf die vergangenen beiden Jahren müsse man sehen, dass der massive Personalabbau zu einem permanenten Belagerungszustand am Flughafen geführt habe.
Gewerkschaft fordert 9,5 Prozent mehr Lohn
Aktuell versuche die Lufthansa für alle Passagiere, deren Urlaubstraum durch den Verdi-Streik kaputtgemacht wurde, bestmögliche alternative Reisemöglichkeiten zu finden. "Aber das ist relativ schwer und herausfordernd aktuell", sagt Leutke. Lufthansa hatte bereits am Vortag die Passagiere gebeten, sich möglichst auf digitalen Wegen mit dem Unternehmen in Verbindung zu setzen, um neue Flüge oder zwischenzeitliche Unterkünfte zu organisieren. Am Flughafen kann die Airline derzeit kaum helfen. Es sei wegen der meist stark gebuchten Flüge sehr schwierig, in den kommenden Tagen alternative Reisemöglichkeiten zu finden. In einzelnen Fällen könne es sein, dass Gäste mehrere Tage lang auf ihren Weiterflug warten müssten.
Laut Leutke versuche die Lufthansa alles, damit, wenn der Streik morgen ab 6 Uhr beendet ist, der Flugbetrieb weitestgehend wieder normal starten kann. "Wir tun heute alles dafür, Crews und Flugzeuge immer dahin zu bringen, damit dieser sehr komplexe Ablauf eines Flugbetriebs wieder starten kann. Ich gehe davon aus, dass uns das gelingen wird." Der Lufthansa-Sprecher gestand aber auch ein: Es könne gut sein, dass morgen und übermorgen noch einzelne Flüge ausfallen.
Die Tarifverhandlungen zwischen der Lufthansa und Verdi für die rund 20.000 Beschäftigten am Boden waren in der zweiten Runde Mitte Juli ohne Ergebnis geblieben. Die Gewerkschaft fordert 9,5 Prozent mehr Lohn und einen Mindeststundenlohn von 13 Euro bei zwölf Monaten Laufzeit. Die dritte Runde der Tarifverhandlungen ist für den 3. August in Frankfurt vereinbart.
Quelle: ntv.de, jki/dpa