Wirtschaft

Riskante Wette für El Salvador Milliarden-Tanz auf dem Krypto-Vulkan

Exzentrische Inszenierung für einen exzentrischen Plan: Staatspräsident Bukele auf Bitcoin-Promotion-Tour.

Exzentrische Inszenierung für einen exzentrischen Plan: Staatspräsident Bukele auf Bitcoin-Promotion-Tour.

(Foto: AP)

Für eine Bilanz der Einführung von Bitcoin als Währung in El Salvador ist es zu früh. Doch der umtriebige Staatschef des armen Landes plant bereits sein nächstes Krypto-Projekt: eine mittels Vulkan-Energie angetriebene, steuerbefreite, mit Milliardenschulden finanzierte Bitcoin-Stadt. Was soll da schon schiefgehen?

Seit gut zwei Monaten ist Bitcoin in El Salvador, als erstem Land der Welt, gesetzliches Zahlungsmittel. Fragt man, wie die Krypto-Revolution so läuft, bekommt man, wie zu so einem frühen Zeitpunkt zu erwarten ist, höchst unterschiedliche Antworten. Bitcoin-Enthusiasten berichten begeistert, wie schnell und vor allem gebührenfrei sie mit der offiziellen salvadorianischen Chivo-Kryptoapp Geld überweisen und Zahlungen tätigen können. Kritiker weisen dagegen darauf hin, dass es sich dabei in der Regel lediglich um Transaktionen innerhalb der App handelt, die mit US-Dollar ebenso wie mit Bitcoin funktionieren und die Blockchain, das Kernstück der Bitcoin-Technologie, überhaupt nicht involvieren. Echte, dezentrale Bitcoin-Transaktionen mittels Blockchain sind dagegen erheblich aufwendiger.

Zudem musste selbst der Initiator hinter der Währungseinführung, Bitcoin-Fan und Staatspräsident Nayib Bukele die Begeisterung dämpfen, indem er darauf hinwies, dass es Arbeitgebern bei Strafe verboten sei, ihre Angestellten ohne deren Zustimmung in Bitcoin zu bezahlen. Denn viele Salvadorianer sind extrem besorgt, dass ihr oft karges Einkommen aufgrund der extremen Kursschwankungen des Bitcoin massiv an Wert verlieren könnte, bevor sie die Chance haben, es in Dollar umzutauschen oder auszugeben. Wie zur Demonstration dieses Problems war der Bitcoinkurs nach seinem Rekordhoch vor knapp zwei Wochen zeitweise eingebrochen. Bukele hatte vor einiger Zeit bereits die Pflicht von Unternehmen, Bitcoinzahlungen anzunehmen, relativiert.

Die Ausführungen des Präsidenten hatten Verwirrung ausgelöst, weil das von ihm selbst initiierte Bitcoin-Gesetz, die Pflicht für alle enthält, Zahlungen in Bitcoin zu akzeptieren. Doch, dass Bukele keineswegs vorhat zurückzurudern, machte er nun im Rahmen einer ganzen Bitcoin-Woche deutlich. Der etwa wegen der jüngsten Entlassung von dutzenden ihm nicht genehmen Richtern umstrittene Staatschef warb bei seinen Bürgern und Investoren nicht nur für eine breitere Verwendung von Bitcoin und Chivo-App. Zum Abschluss der Aktionswoche kündigte er den Bau einer ganzen Bitcoin-Stadt an, befreit von allen direkten Steuern, gelegen an und mit Energie versorgt von einem Vulkan, finanziert mit milliardenschweren Bitcoin-Anleihen.

Hohe Zinsen für die Investoren

Was sich verrückt anhört, ist ökonomisch zumindest höchst unorthodox und riskant. Die Bitcoin-Stadt soll demnach Investoren für Kryptowährungsprojekte aller Art anziehen, unter anderem für das energieintensive Bitcoin-Mining. Die dafür nötige Energie soll klimafreundlich mittels Geothermie aus dem heißen Vulkanuntergrund gewonnen werden. Hauptargument für die Investoren dürfte aber die von Bukele versprochene Steuerfreiheit sein. Lediglich eine geringe Mehrwertsteuer solle in der Bitcoin-Stadt erhoben werden.

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Für den Bau des Projekts, das unter anderen einen eigenen neuen Flughafen umfassen soll, will sich der arme, bereits weitgehend von der Unterstützung des Internationalen Währungsfonds abhängige Staat weiter verschulden. Bukele will insgesamt zehn Milliarden US-Dollar mittels sogenannter Bitcoin-Anleihen aufnehmen. Dabei handelt es sich um zehnjährige, auf einer Blockchain des Unternehmens Blockstream laufende Dollar-Staatsanleihen, die Investoren mindestens 6,5 Prozent Zinsen pro Jahr versprechen.

Das Konzept hinter diesen Anleihen sieht vor, die Hälfte der eingenommenen Milliarden direkt in Bitcoin zu investieren. Mit der anderen Hälfte soll der Bau und Betrieb von Bitcoin-City bezahlt werden. Da in dieser Stadt kaum Steuern gezahlt werden, soll die Rückzahlung der Anleihen inklusive Zinsen offenbar großteils aus einer fest eingeplanten Wertsteigerung der gekauften Bitcoin erfolgen. Anscheinend ohne sich der Doppeldeutigkeit bewusst zu sein, sprach der Chef der mit der Ausgabe der Schuldpapiere beauftragten Firma Blockstream bei der Vorstellung des Projekts von "Vulkan-Anleihen". Aktuell kostet ein Bitcoin etwa 57.200 Dollar. Das sind fast 20 Prozent weniger als der Rekordkurs vor zwei Wochen, aber mehr als doppelt so viel wie zu Jahresbeginn.

Quelle: ntv.de, mbo

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