
Knuffig und gewinnbringend sollen die Axies sein.
(Foto: Sky Mavis)
Mit Zocken Geld verdienen? Dafür muss man kein E-Sportler sein. Mit Videospielen im Stil von Pokémon lässt sich mittlerweile Kryptowährung scheffeln. Die Blockchain-Games haben allerdings viele Nachteile.
In den 90er Jahren war es das Tamagotchi, in den frühen 2000er Jahren das Pokémon. Die Nanny für kleine Monster zu spielen, das ist ein Trend, der nun in webbasierten GameFi-Spielen wieder aufblüht, weil sich mit ihnen Kryptowährung verdienen lässt.
Geld verdienen mit Videospielen (GameFi) folgt dem Prinzip "Play-to-earn" (P2E). Während die zeitintensive Betreuung von Tamagotchi und Co. keinen greifbaren Gegenwert hatte, bieten P2E-Titel Spielern die Möglichkeit, mit Fortschritten im Spiel Geld zu verdienen. In den populärsten Fällen sind die Titel auf kleine Monster oder Fantasy-Figuren ausgelegt, die gezüchtet oder trainiert werden müssen. Marktführer ist "Axie Infinity". Wer sich hier mit Kryptowährung einkauft, kann diese mit Zocken vermehren.
Der Einstieg ist nicht gerade günstig. Benötigt wird eine eWallet, um Kryptowährungen zu lagern. Mit Ethereum werden zu Beginn drei kleine Monster - die sogenannten Axies - gekauft. Die sehen aus wie eine Mischung aus Axylotl und Pokémon und haben bereits einen stolzen Preis von jeweils 300 US-Dollar. Einzigartig macht die Axies das hinterlegte Blockchain-basierte Non-Fungible Token (NFT), ein Zertifikat für virtuellen Besitz, das seinen Gegenwert behält und nicht gefälscht werden kann. Durch die Entwicklung seiner Axies kann der Spieler deren Wert dann steigern.
Im Spiel messen sich die Monster in der Arena mit computergesteuerten Gegnern oder anderen Spieler, um die Ingame-Kryptowährungen "Smooth Love Potion" (SLP) und AXS zu verdienen. Die sind natürlich nur einen Bruchteil von Ethereum wert, können aber wieder in die Ursprungswährung oder echtes Geld umgewandelt werden. In erster Linie wird die Währung aber benötigt, um die Axies zu verbessern, sie konkurrenzfähiger und damit wertvoller zu machen. Mit den kleinen Monstern kann man dann auch selbst handeln. Um in der Arena anzutreten, braucht man aber immer mindestens drei von ihnen.
Der Erfolg im Spiel hängt auch mit einer ordentlichen Portion Glück zusammen. Im Prinzip werden in "Axie Infinity" Karten ausgespielt, mit den die Axies bestimmte Aktionen ausführen. Angreifen, Blocken, Heilen - das funktioniert nach dem Prinzip Stein, Schere, Papier. Jede Runde muss antizipiert werden, welche Karten der Gegner spielen könnte. Das Deck aus Karten stellt sich aus den Fähigkeiten der Axies zusammen, die Zulosung ist aber Zufall.
Boom in Südostasien
Wem der Einstieg mit 900 Dollar zu teuer ist, der kann bei Axie-Managern auch ein virtuelles Stipendium (Scholarship) beantragen, spielt dann aber in erster Linie den Babysitter für dessen Axies. Natürlich verdient man auch einen kleinen Anteil SLP mit den Axies, vom steigernden Wert der kleinen Tierchen hat aber nur der Besitzer etwas. Man kann natürlich auch selbst zum Axie-Manager aufsteigen.
Die so abgesenkte Einstiegsschwelle hat in vielen Entwicklungsländern einen echten Boom ausgelöst. Verdienen lassen sich mit den Axies mehrere Hundert Dollar im Monat, in einigen Fällen sogar mehrere Tausend - sofern man es wie einen Vollzeitjob betreibt. Das ist dann aber schon deutlich mehr als das durchschnittliche Jahreseinkommen in Ländern wie den Philippinen, Indonesien oder Venezuela. Auf diese Länder verteilt sich die Mehrzahl der Spieler, aber auch in den USA wird das Spiel populärer. Waren es vor einem Jahr weltweit noch monatlich rund 450.000 Spieler, sind es mittlerweile mehr als 2,2 Millionen. Die wachsende Zahl an Spielern wetteifert dann in Gilden oder solo noch zusätzlich um Preisgelder, die monatlich an die erfolgreichsten Axie-Zocker vergeben werden.
Besonders vielseitig, spannend oder unterhaltsam ist "Axie Infinity" nicht. Nach einer gewissen Zeit wird das Spiel zum reinen Klick-Grind, um möglichst viel SLP oder AXS in kürzester Zeit zu erwirtschaften. Grafisch und vom Gameplay her überschreitet "Axie Infinity" nicht das Niveau von Game-Boy-Spielen.
Parallelen zu Schneeballsystemen
Die Scholarships und die Preisschwankungen bei den Axies erinnern zudem an ein Schneeballsystem. Das funktioniert nur solange, wie neue Spieler oder Investoren Geld in den Markt schießen. Bleibt das aus, schrumpfen die Gewinne und das Interesse lässt nach. Die Entwickler vom vietnamesischen Startup Sky Mavis verdienen obendrein bei jeder Transaktion im Spiel mit - und zwar 4,25 Prozent.
Auch wenn Co-Gründer Aleksander Leonard Larsen grenzenloses Wachstum verspricht und an bis zu zwei Milliarden Spieler glaubt, ist der Zugang für viele Anfänger schwer. Rund 50 Prozent der Axie-Spieler hatten zuvor noch nie Bezug zu Kryptowährungen. "Im Moment ist es wirklich schwer, Axie zu spielen", sagte Larsen auf der Zukunftsmesse Token 2049 in London. Er verglich den Prozess des Spieleinstiegs mit dem Schwimmen hin zu einer Insel. "Viele Leute ertrinken schon bei dem Versuch".
GameFi ist längst nicht mehr auf Pokémon-ähnliche Spiele beschränkt. "Upland" ist eine Art Monopoly, das die Stadtgebiete von Manhattan, San Francisco und Fresno virtuell nachgebaut und einen auf NFT-basierten Immobilienmarkt geschaffen hat. In "Decentraland" kann man in einer von der Community regierten Welt sein eigenes virtuelles Stück Land kaufen, bebauen und dessen Wert steigern. In "Farmers World" wirft die virtuelle Ernte auch noch einen Ertrag in Krypto ab.
Das GameFi-Feld entwickelt sich schnell weiter und schafft neue Arten von Vermögenswerten, die als Investitions- und Handelsinstrument verwendet werden können. Entsprechend wird der Markt weiter wachsen und könnte schon im nächsten Jahr die Marke von 200 Milliarden Dollar überschreiten. Ob die kleinen Krypto-Monster dann immer noch im Trend liegen, wird sich zeigen.
Quelle: ntv.de