Neuer Schlag durch Rückrufaktion Nikola elektrisiert nicht - Papiere rauschen in die Tiefe
14.08.2023, 15:55 Uhr Artikel anhören
Nikola hat im Frühjahr 33 LKW ausgeliefert.
(Foto: picture alliance / abaca)
Beim E-LKW-Bauer Nikola reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Klamme Kassen, ein sattes Quartalsminus, ein Chefwechsel und nun eine Rückrufaktion: Die verbleibenden Anleger werfen einmal mehr Aktien des US-Unternehmens auf den Markt. Binnen weniger Tage halbiert sich der Kurs.
Die Papiere des US-amerikanischen Elektro-LKW-Herstellers Nikola kommen einmal mehr unter die Räder. Für neuen Schwung in der Talfahrt der Aktie sorgt der Rückruf batterieelektrischer Fahrzeuge der Klasse 8 Tre (BEV). Am Nachmittag beträgt das Minus der Papiere fast zwölf Prozent. Seit längerem ist das Papier vor allem was für nervenstarke Anleger. Allein seit Anfang des Monats hat sich der Wert des Papiers damit halbiert. Aktuell kostet eine Aktie des US-Unternehmens weniger als 1,50 Euro. Von seinem Höchststand von mehr als 25 Euro im Jahr 2021 ist die Aktie damit inzwischen meilenweit entfernt. Allerdings war sie zu Beginn des laufenden Jahres auch schon unter die Marke von 50 Cent gefallen.
Insgesamt beordert Nikola 209 Fahrzeuge der Klasse 8 Tre (BEV) zurück. Ein unabhängiger Prüfer habe ein Kühlmittelleck in einem einzelnen Batteriesatz als wahrscheinliche Ursache für einen LKW-Brand in der Unternehmenszentrale in Phoenix (Arizona) am 23. Juni 2023 festgestellt, hatte das Unternehmen vor wenigen Tagen mitgeteilt. Nikola sei derzeit dabei, diesen freiwilligen Rückruf bei der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) einzureichen. Man habe vorübergehend den Verkauf neuer BEV gestoppt, bis eine Lösung gefunden sei, so das Unternehmen.
Für das Unternehmen kommt der Vorfall zur Unzeit. Erst Anfang des Monats war bekannt geworden, dass Michael Lohscheller nach weniger als einem Jahr den Chefposten bei Nikola wieder räumt. Der Opel-Chef ziehe sich aus familiären Gründen zurück und werde nach Europa zurückkehren, hatte es zur Begründung geheißen. Nachfolger ist der bisherige Verwaltungsratschef Steven Girsky, der einst mit seiner Rolle bei der Rettung des Autoriesen General Motors bekannt wurde. Es war der vierte Wechsel an der Spitze in vier Jahren .
200 Bestellungen - klamme Kassen
Lohscheller war im Februar 2022 zu Nikola gekommen. Erst führte er die Motor-Sparte, rückte dann aber zum Jahresende auf den Chefposten vor. Das Unternehmen, das 2020 von Betrugsvorwürfen gegen Gründer Trevor Milton erschüttert worden war, startete Ende Juli die Produktion seiner Brennstoffzellen-Lastwagen und will die ersten davon im September ausliefern. Bisher gebe es Bestellungen für 200 Fahrzeuge, hieß es.
Für das zweite Quartal meldete Nikola jüngst Einnahmen von 15 Millionen Dollar - und ist weiterhin weit entfernt von schwarzen Zahlen. Der Verlust summierte sich in den drei Monaten auf fast 218 Millionen Dollar. Im fortgeführten Geschäft ging der Verlust dagegen um 32 auf 140 Millionen Dollar zurück. Von seinen batteriebetriebenen Lastwagen baute Nikola im vergangenen Quartal 33 Fahrzeuge. Die jährliche Produktionskapazität für Modelle mit beiden Antrieben wurde unterdessen auf bis zu 2400 pro Jahr erhöht.
Bereits im Juni hatte Nikola mitgeteilt, auf die Kostenbremse zu treten: Durch den Wegfall von 270 Stellen sollen jährlich 50 Millionen Dollar eingespart werden. Der Schritt sei Teil der Bemühungen, die Ausgaben bis zum kommenden Jahr unter 400 Millionen Dollar zu drücken. Anfang des Jahres beschäftigte Nikola offiziellen Dokumenten zufolge etwa 1500 Mitarbeiter. Ferner hatte es geheißen, dass sich Nikola auf den nordamerikanischen Markt konzentrieren wolle. Zuvor hatten die Aktionäre den Vorschlag des Managements abgelehnt, mehr Aktien auszugeben, um Kapital zu beschaffen. Dies benötigt das Unternehmen, um die Produktion seiner Fahrzeuge hochzufahren.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/DJ