Wirtschaft

Versuch eines Befreiungsschlags Nokia startet Kündigungswelle

Kündigungen gehen erst einmal richtig ins Geld: Nokia beziffert den Umbauaufwand auf eine Milliarde Euro.

Kündigungen gehen erst einmal richtig ins Geld: Nokia beziffert den Umbauaufwand auf eine Milliarde Euro.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es sind schwere Zeiten für den einstigen Weltmarktführer: Mit einem weiteren Stellenabbau will sich der finnische Handy-Riese aus dem Abwärtsstrudel befreien. Weltweit fallen noch einmal 10.000 Arbeitsplätze weg. Auch in Deutschland sind Nokianer betroffen. Die Prognose wird gekappt, der Aktienkurs kippt.

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Der finnische Mobiltelefonhersteller reagiert auf die anhaltenden Schwierigkeiten mit massiven Einsparungen. Dazu sollen unter anderem bis Ende 2013 bis zu 10.000 Arbeitsplätze wegfallen, wie das finnische Unternehmen ankündigte. Die Unternehmensstrategie soll überarbeitet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität zu verbessern. Zugleich senkte der Konzern den Ausblick für das zweite Quartal.

In der Mobiltelefon-Sparte rechnet der Konzern nun mit noch höheren Verlusten. Es würden zusätzliche Restrukturierungskosten von einer Milliarde Euro anfallen. In der Sparte "Devices und Services" werde die operative Marge im zweiten Quartal noch schlechter ausfallen als die minus drei Prozent, die es im ersten Quartal gegeben habe.

An der Börse reagierten Anleger skeptisch: Die Aktien von Nokia sackten mit der Bekanntgabe des Stellenabbaus und der gekappten Prognose zeitweise um bis zu 5,3 Prozent ab. In ihrem Fahrwasser verbilligten sich auch die Aktien des Zulieferers STMicroelectronics um mehr als drei Prozent.

"Bei Nokia reihen sich die Geschichten des Niedergangs aneinander", meinte ein Händler. Die Finnen fielen weiter zurück hinter die anderen großen Anbieter von Smartphones wie Samsung und Apple. Auch im Handy-Geschäft in Schwellenländern werde Nokia weitere Marktanteile verlieren, prophezeite er. Das Unternehmen habe in der Vergangenheit zu oft auf die falsche Software gesetzt. "Man muss mit der Zeit gehen oder man wird isoliert", resümierte der Händler.

Hiobsbotschaft für den Standort Ulm

Betroffen von dem Stellenabbau ist auch der deutsche Standort für Forschung und Entwicklung in Ulm mit zuletzt 730 Mitarbeitern. Er soll Ende September schließen. "Deutschland bleibt für Nokia aber ein sehr wichtiger Standort für unsere Entwicklungsaktivitäten", sagte ein Nokia-Sprecher. Das Unternehmen hat unter anderem in Berlin ein Zentrum für ortsbasierte Dienste.

Solche Dienste sollen einer der zukünftigen Schwerpunkte von Nokia werden. Der Plan ist, den Fokus auf die neuen und zu schärfen. Dafür gibt es die Kürzungen bei anderen Geschäftsbereichen. Nokia steckt in roten Zahlen fest und muss dringend die Kosten senken.

Mit der neuen Strategie geht auch ein breit angelegter einher. Es gehen Marketingchefin Jerri DeVard, Handy-Chefin Mary McDowell und Niklas Savander als Zuständiger für Märkte.

Nokia war lange Marktführer im Geschäft mit einfachen Handys und auch Computer-Handys, wurde aber von Apple mit seinem iPhone und vor allem Samsung überholt. Auch die Lumia-Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone erwischten im vergangenen Herbst einen mäßigen Start.

Bestätigt: EQT bekommt Vertu

Der korrigierte Geschäftsausblick und die neuen Stellenstreichungen drängten eine weitere Nachricht in den Hintergrund: Nokia hat wie erwartet seine an den Finanzinvestor EQT verkauft. Damit bestätigte das Unternehmen Medienberichte vom Vortag. Aus dem Umfeld des Unternehmens hieß es, der geplante Verkauf bewerte die Edelmarke mit Sitz im englischen Church Crookham mit rund 200 Mio. Euro. Zu den finanziellen Details machten die Unternehmen offiziell keine Angaben.

Die Marke Vertu ist bekannt für ihre mit Edelsteinen besetzten Mobiltelefone, die für einen Durchschnittspreis von mehr als 5000 Euro über die Ladentheke gehen. In Westeuropa hatte Vertu 2010 nach Angaben der Marktforschung IDC einen Marktanteil im von rund 60 Prozent. Nokia-Chef Stephen Elop treibt derzeit die Neuausrichtung des einstigen finnischen Vorzeigeunternehmens voran, dass unter anderem durch verpasste Trends bei teureren Smartphones gegen die Konkurrenz von Apple und Samsung in die Bedrängnis geraten ist. Dazu zählt neben Stellenstreichungen auch der Verkauf von Unternehmensteilen.

Bereits seit einiger Zeit wurde Nokia nachgesagt, die Nobelmarke verkaufen zu wollen. Im Gespräch als potenzieller Käufer war nach Angaben der "Financial Times" unter anderem auch der Finanzinvestor Permira. Der Zeitung zufolge wird der Umsatz von Vertu auf 200 bis 300 Mio. Euro jährlich geschätzt. Die von der schwedischen Familie Wallenberg kontrollierte Beteiligungsgesellschaft EQT hatte Anfang dieser Woche erst den deutschen Leukoplast-Hersteller BSN Medical für 1,8 Mrd. Euro übernommen.

Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts

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