Total Energies dementiert Russische Kampfjets betankt?
24.08.2022, 20:47 Uhr
Treibstoff für russische Luftwaffenstützpunkte nahe der ukrainischen Grenze: Laut Bericht entspricht die Menge 3400 Tankfüllungen.
(Foto: REUTERS)
Der französische Energieriese Total Energies muss sich gegen schwere Vorwürfe verteidigen. Ein Tochterunternehmen habe Treibstoff für russische Kampfbomber geliefert, berichtet "Le Monde". Der Konzern erklärt, er stelle kein Kerosin für die russische Armee her und droht mit rechtlichen Schritten.
Ein teils in französischer Hand befindliches Gasfeld in Russland wird einem Bericht zufolge zur Treibstoff-Produktion für in der Ukraine eingesetzte russische Kampfflugzeuge genutzt. Wie die französische Zeitung "Le Monde" berichtete, besitzt das französische Energieunternehmen Total Energies wesentliche Anteile an dem Unternehmen Terneftgaz, das auf dem Feld Termokarstowoje in Sibirien arbeitet. Der Konzern erklärte, er stelle kein Kerosin für die russische Armee her.
Sie habe die Lieferkette von Termokarstowoje aus zu zwei Luftwaffenstützpunkten mit je einer Staffel von Mehrzweckkampfflugzeugen zurückverfolgt, berichtete die Zeitung. Diesen Staffeln würden Angriffe auf die Zivilbevölkerung in der Ukraine vorgeworfen, so etwa die Bombardierung des Theaters in der Hafenstadt Mariupol, hieß es weiter. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte den Luftangriff als Kriegsverbrechen bezeichnet.
Das Feld Termokarstowoje wird laut Daten der Nichtregierungsorganisation (NGO) Global Witness, auf die sich "Le Monde" in ihrem Bericht bezieht, von Terneftgaz betrieben. Nach Angaben aus dem Jahresbericht des Unternehmens von 2021 besitzt Total Energies (früher Total) 49 Prozent an Terneftegaz. Die anderen 51 Prozent gehören dem russischen Unternehmen Nowatek, an dem Total Energies wiederum auch einen Anteil von 19,4 Prozent hält. Aus Termokarstwoje wurde den "Le Monde"-Recherchen zufolge per Eisenbahn Gaskondensat an eine Raffinerie nahe der sibirischen Stadt Omsk geliefert, wo daraus Treibstoff hergestellt worden sei. Damit seien bis mindestens Juli russische Flugzeuge versorgt worden.
3400 Tankfüllungen für Suchoi-Su-34-Kampfjets
Über mehrere Stationen seien seit Februar 2022 "hunderte Treibstofflieferungen" aus der Raffinerie in Omsk an Luftwaffenstützpunkte nahe der ukrainischen Grenze erfolgt, zeichnete "Le Monde" mithilfe von Zahlen des Finanzdatendienstleisters Refinitiv nach. Solche Lieferungen habe es davor zuletzt im Jahr 2017 gegeben. Insgesamt handle es sich um 42.700 Tonnen Flugkerosin für die Stützpunkte Morosowsk und Woronesch, genug für 3400 Tankfüllungen für Suchoi-Su-34-Kampfjets.
Total Energies erklärte auf Anfrage der Tageszeitung, dass es das betroffene Gasfeld nicht selbst betreibe und keine Rolle bei den Entscheidungen spiele, wie das Produkt genutzt werde. Nowatek, an dem Total Energies Anteile hält, sei ein "unabhängiges Privatunternehmen". Total Energies habe weder Informationen über die Verkäufe durch Nowatek - noch kontrolliere es diese Verkäufe. Der Konzern räumte jedoch ein, dass seine Anteile an der Firma Terneftegaz ihm Mitspracherecht bei manchen Entscheidungen gäben. Nowatek sei aber für den Betrieb der Einrichtungen im Eigentum von Terneftgaz zuständig. Total Energies erhalte zudem seit Februar 2022 keine Dividenden mehr.
"Nein, TotalEnergies stellt kein Kerosin für die russische Armee her", erklärte Total Energies auf Twitter nach Veröffentlichung des Berichts. Das Unternehmen weise "alle unbegründeten Vorwürfe" im Artikel zurück. Dieser enthalte "Fehler, Verkürzungen und Unwahrheiten". Total Energies drohte zudem mit rechtlichen Schritten. Das Unternehmen werde auf den Artikel "Punkt für Punkt antworten" und behalte sich das Recht zu "angemessenen rechtlichen Schritten zum Schutz seiner Interessen und seines Ansehens" vor. Louis Goddard, der bei der NGO Global Witness für Datenrecherche zuständig ist, erklärte, die Behauptung von Total Energies, dass seine Produktion nichts mit russischen Militäroperationen zu tun habe, sei "nicht stichhaltig". Total Energies müsse "mit offenen Karten spielen".
Nach der russischen Invasion der Ukraine hatte Total Energies angekündigt, dass es nicht mehr in neue Projekte in Russland investieren werde. Das Unternehmen bleibt - im Gegensatz zu vielen anderen internationalen Energiekonzernen - aber weiter im Land aktiv, insbesondere im Zusammenhang mit durch das internationale Gemeinschaftsunternehmen Yamal LNG gewonnenem Flüssiggas.
Quelle: ntv.de, mau/AFP