Wirtschaft

Trump verliert die GeduldRussischer Öl-Gigant Lukoil wankt

13.11.2025, 15:25 Uhr DSCF1383-2Jan Gänger
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Die US-Regierung zielt auf Lukoil. (Foto: REUTERS)

Der russische Ölkonzern Lukoil steckt wegen US-Sanktionen in erheblichen Schwierigkeiten. Das Unternehmen steht unter großem Zeitdruck, seine Auslandstöchter zu verkaufen. Doch die USA blockieren das.

Der russische Ölkonzern Lukoil steckt in einer existenziellen Krise. Der Grund sind von der US-Regierung verhängte Sanktionen. Als Konsequenz muss sich das Unternehmen bis zum 21. November von seinen ausländischen Töchtern trennen - oder riskiert, diese Beteiligungen komplett abschreiben zu müssen. Lukoil hatte in dem Rohstoffhändler Gunvor noch rechtzeitig einen Käufer gefunden. Doch die USA blockierten den Deal, und das in der Schweiz ansässige Unternehmen zog das Angebot zurück.

Zuvor hatte Gunvor-Chef Torbjorn Tornqvist in einem Interview die Probleme hervorgehoben, mit denen Lukoil bei der Verhandlung des Deals konfrontiert war: "Die gesamten internationalen Aktivitäten von Lukoil sind lahmgelegt. Niemand kann mit ihnen Geschäfte machen", sagte er der "Financial Times". Der Zeitung zufolge haben die Auslandstöchter einen Wert von 14 Milliarden US-Dollar.

Gunvor war in den 2000er Jahren zum weltgrößten Händler für russisches Öl aufgestiegen. Dem Unternehmen wurde in der Vergangenheit immer wieder Nähe zum Kreml und zum russischen Präsidenten unterstellt. Gunvor weist diese Vorwürfe zurück.

Die US-Regierung sieht das allerdings anders. Das Finanzministerium bezeichnete Gunvor als "Marionette des Kremls" und kündigte Widerstand gegen das Geschäft an. Solange der russische Präsident Wladimir Putin das "sinnlose Morden" [in der Ukraine] fortsetze, werde Gunvor niemals eine Lizenz erhalten. Das Unternehmen bestritt diese Bezeichnung und nannte sie "grundlegend falsch informiert und unwahr". Man begrüße die Gelegenheit, dieses "eindeutige Missverständnis" zu korrigieren.

Auswirkungen bereits spürbar

Die Zeit für Lukoil drängt. "Die Eigentümer bereiten sich bereits auf die Möglichkeit vor, dass ihnen ihre Vermögenswerte einfach weggenommen werden könnten" - und zwar von den Ländern, in denen diese ansässig sind", zitiert die "Financial Times" einen Insider des russischen Ölmarktes. Die US-Sanktionen verbieten nach Angaben des Finanzministeriums in der Praxis jede wirtschaftliche Interaktion mit Lukoil und den Tochterfirmen - nicht nur für US-Unternehmen, sondern auch für ausländische. Das Finanzministerium warnte explizit Banken, weiterhin Geschäfte mit Russlands Energieindustrie abzuwickeln. Diese Institute könnten dann vom US-Finanzsystem ausgeschlossen werden.

Das Weiße Haus hatte im Oktober Sanktionen gegen die russischen Ölkonzerne Lukoil und Rosneft verhängt und die Frist bis zum 21. November gesetzt, alle Geschäfte mit den beiden Unternehmen abzuwickeln. Wer danach noch Geschäfte mit ihnen macht, läuft Gefahr, von den USA mit Sekundärsanktionen belegt zu werden.

Der Schritt markierte eine deutliche Wende der Russland-Politik von US-Präsident Donald Trump. "Angesichts der Weigerung von Wladimir Putin, diesen sinnlosen Krieg [in der Ukraine] zu beenden, verhängt das Finanzministerium Sanktionen gegen die beiden größten russischen Ölkonzerne, die die Kriegsmaschinerie des Kremls finanzieren", teilte Finanzminister Scott Bessent mit. Seine offenbar wachsende Frustration über den russischen Präsidenten veranlasste Trump zudem, ein geplantes Gipfeltreffen in Ungarn abzusagen.

Die Auswirkungen der Sanktionen sind bereits spürbar. In Finnland fürchten rund 1000 Mitarbeiter der Tankstellenkette Teboil um ihre Arbeitsplätze. Denn finnische Banken haben dem Bankenverband Finance Finland zufolge damit begonnen, Zahlungen an die Lukoil-Tochter einzufrieren. Und im Irak strich die staatliche Firma Somo die Verladung von Rohöl-Ladungen aus dem West-Qurna-2-Feld, an dem Lukoil einen Anteil von 75 Prozent hält. In Bulgarien bereitet die Regierungskoalition Gesetzesänderungen vor, die es ihr ermöglichen, die Kontrolle über die Lukoil-Raffinerie - die einzige Raffinerie des Landes - zu übernehmen, um eine Stilllegung zu verhindern, die die Kraftstoffversorgung des Landes gefährden könnte.

Mysteriöse Todesfälle

Lukoil besitzt außerdem eine der größten Raffinerien Rumäniens sowie Anteile an einer Raffinerie in den Niederlanden; zudem Tankstellen unter anderem in Italien, Serbien, Montenegro und Mazedonien.

Im Gegensatz zum Staatskonzern Rosneft hat Lukoil auf das Auslandsgeschäft gesetzt. Angesichts der US-Sanktionen dürfte sich die Zukunft deshalb schwierig gestalten, da der heimische Markt von Rosneft und dem ebenfalls staatlich kontrollierten Energiekonzern Gazprom Neft dominiert wird. Spekuliert wird nun, dass Rosneft Lukoil schlucken könnte. Der von Putins langjährigem Vertrauten Igor Sechin geführte Konzern hatte in der Vergangenheit mehrfach versucht, Lukoil zu übernehmen. Doch der Kreml lehnte das bisher ab. Lukoil ist formell ein privates Unternehmen.

In die Schlagzeilen geriet es in jüngster Vergangenheit wegen einer Reihe von Todesfällen russischer Oligarchen, Manager und Politiker, die Verbindungen zum Energiesektor haben. Auch hochrangige Lukoil-Manager starben.

Im Herbst 2022 war der damalige Vorstandschef Lukoils offiziellen Angaben zufolge durch einen Sturz aus einem Krankenhausfenster ums Leben gekommen. Ein ehemaliger Vorstandskollege war vorher gestorben - laut russischen Medienberichten durch ein bizarres Ritual bei einem Schamanen, das schief ging. 2023 starb der neue Vorstandschef - nach Unternehmensangaben an einer akuten Herzinsuffizienz. Im vergangenen Jahr wurde der Vize-Präsident von Lukoil in seinem Büro tot aufgefunden.

Quelle: ntv.de, mit rts