Wirtschaft

Preise über 60 Dollar je Barrel Studie: Preisdeckel für russisches Öl versagt

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Tankschiffe der russischen "Schattenflotte" und der staatlich kontrollierten Reederei Sovcomflot halten sich nicht an diePreisobergrenze von 60 Dollar je Barrel.

(Foto: imago images/SNA)

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Anfang Dezember deckelt der Westen den Preis für russisches Öl bei 60 Dollar je Fass. Dennoch verdienen russische Unternehmen im Schnitt deutlich mehr, wie eine Studie zeigt. Der Plan, die Geldquelle des Kreml so auszutrocknen, geht nicht auf. Experten empfehlen, an der Preisschraube zu drehen.

Das Vorhaben der westlichen Verbündeten, die Öleinnahmen des Kreml mit einer Preisobergrenze zu deckeln, verfehlt seine Wirkung. Statt bei 60 US-Dollar je Barrel liegt der Preis für russisches Rohöl in den vier Wochen nach Einführung der Preisobergrenze bei durchschnittlich etwa 74 Dollar, wie eine gemeinsame Studie der Columbia University, der University of California und des Institute of International Finance ergibt.

Die EU, die G7-Staaten und Australien hatten am 5. Dezember ein Ölembargo und einen Preisdeckel für russisches Öl verhängt. Ziel: Die Kombination aus Importstopp und Preisdeckel sollte Russlands Einnahmen "signifikant reduzieren", gleichzeitig sollte die Mischung die globalen Preise stabilisieren. Die Geldquelle, die den Krieg in der Ukraine finanziert, sollte so ausgetrocknet werden.

Anders als in der EU, wo der Import gänzlich verboten ist, gilt in den anderen Staaten, wo es nicht möglich ist, völlig auf russisches Öl zu verzichten, eine Preisobergrenze von maximal 60 Dollar je Barrel. Unternehmen und Händler können eine Vielzahl westlicher Dienstleistungen für russische Ölexporte - insbesondere die branchenüblichen Versicherungen - nur noch in Anspruch nehmen, wenn sie für das Öl auch wirklich nicht mehr bezahlt haben. Nur wenn das der Fall ist, ist der Öltransport auch erlaubt.

Laut den Autoren gelingt es Russland aber trotz des Preisdeckels immer noch, Öl deutlich teurer zu verkaufen. Die Studie basiert auf Daten über Rohölverkäufe in Zollämtern in der ganzen Welt. Der "überraschende Befund, dass ein erheblicher Anteil des russischen Rohöls weit über der Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel verkauft wurde, erfordert dringend eine weitere Untersuchung dieser Transaktionen und unterstreicht die Notwendigkeit eines härteren Durchgreifens", appellieren die Forscher.

Dafür, dass die Öleinnahmen des Kreml entgegen den Erwartungen nicht deutlicher geschrumpft sind, führen sie mehrere Gründe an. Zum einen sei Russland in der Lage gewesen, Rohölexporte aus Europa auf alternative Märkte wie Indien, China und die Türkei - annähernd im gleichen Volumen - umzuleiten. Auch wenn Russland diesen Kunden hohe Preisnachlässe gewährt habe, habe das in den Kassen der Exporteure keine größeren Löcher gerissen, da die Preise für Öl und Gas in den Monaten zuvor auf Rekordniveau gelegen hätten.

Zum anderen profitiere Russland von deutlichen Preisunterschieden auf dem Ölmarkt, je nachdem, von wo das Öl aus Russland exportiert wird. Laut der Studie wird die ehemals wichtigste russische Rohöl-Sorte Urals von den Drehkreuzen in der Ostsee und im Schwarzen Meer zwar für deutlich weniger als 60 Dollar verkauft. Gleichzeitig erzielt Russland mit Ölexporten von den Häfen im Pazifischen Ozean in Länder wie China dafür aber Preise von durchschnittlich 82 Dollar pro Barrel - also 22 Dollar mehr als die festgelegte Preisobergrenze je Barrel.

Russlandfreundliche Öltanker umschiffen Sanktionen

Außerdem profitiert Moskau von einer riesigen Schattenflotte aus alten, ausgemusterten Öltankern, die ohne Beteiligung westlicher Firmen das russische Öl transportieren und vertreiben. Die Schiffe sind im Besitz von schwer zurückverfolgbaren Offshore-Firmen. Wie viele es genau sind, ist nicht bekannt. Der Rohstoffriese Trafigura schätzt, es könnten insgesamt 600 sein. Ihre Zahl könnte aber durchaus noch höher sein. Diese - ebenso wie die Frachter der staatlich kontrollierten Reederei Sovcomflot - halten sich im Gegensatz zu den westlichen Reedereien nicht an die Sanktionesvorgaben.

Insgesamt 50 Prozent des russischen Öls werden laut der Studie von Tankern transportiert, die die Sanktionen umgehen. Umgekehrt bedeutet das, dass auch nur die Hälfte der russischen Ölexporte die Preisbeschränkungen zu spüren bekommt - dann, wenn der Transport über westliche Reedereien abgewickelt wird. Das EU-Embargo und der Preisdeckel für russisches Öl habe für eine Zweiteilung des Marktes gesorgt, die Russland helfe, stellen die Forscher fest.

Den Studienautoren zufolge muss der Schwerpunkt der künftigen Russland-Politik unbedingt auf der Durchsetzung bestehender Sanktionen liegen. Das Anfang dieses Monats zusätzlich in Kraft getretene EU-Embargo für russische Raffinerieprodukte wie Diesel und Kerosin wird als zusätzliches Instrument bereits positiv hervorgehoben, um die russischen Export- und Steuereinnahmen zu drosseln.

Um den Maßnahmen noch mehr Nachdruck zu verleihen und Härte gegenüber Russland zu demonstrieren, empfiehlt die Studie aber noch eine drastischere Maßnahme: Die Autoren unterstützen die Initiative der "Internationalen Arbeitsgruppe für russische Sanktionen", einer Art Taskforce zur Umsetzung der Maßnahmen gegen Russland, in ihrer Forderung, den russischen Rohölpreis bei 35 Dollar zu deckeln. Einen ähnlich "aggressiven" Ansatz empfehlen sie bei Ölprodukten wie Diesel und Kerosin.

Quelle: ntv.de, ddi

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