Wirtschaft

Irrsinn an der Börse Trump ist stärker als die Logik

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Trump will wieder Präsident werden.

Trump will wieder Präsident werden.

(Foto: REUTERS)

Trumps Social-Media-Projekt verbrennt Geld und verliert Nutzer. Trotzdem ist die Firma an der Börse Milliarden Dollar wert. Was ist da los?

Wie bei Donald Trump üblich, war der Beginn ein Feuerwerk: Zum Börsen-Start seines Social-Media-Netzwerkes Truth Social ging der Aktienkurs der Mantelfirma TMTG durch die Decke. Mittlerweile hat sich der Rauch zwar gelegt, der Aktienkurs ist nach miesen Geschäftszahlen kräftig gefallen. Trotzdem wird die Firma an der Börse noch immer absurd hoch bewertet. Trump entzieht sich normalen Bewertungsmaßstäben - er ist ein Meister der Selbstvermarktung und -inszenierung.

TMTG
TMTG 16,68

Losgelöst von jeglicher Realität wird Trump Media an der Börse mit 6,5 Milliarden Dollar bewertet. Das offizielle Geschäftsmodell der Firma besteht darin, die großen Technologieunternehmen wie etwa die Facebook-Mutter Meta zu bekämpfen. Die Begründung: Sie unterdrücken in ihren sozialen Netzwerken angeblich die Stimmen, die nicht ihrer "Woke-Ideologie" entsprechen. Geld verdient Truth Social damit bislang nicht - im Gegenteil. Im vergangenen Jahr fuhr das Projekt bei einem Umsatz von rund vier Millionen Dollar einen Verlust von gut 58 Millionen Dollar ein.

CNN zufolge verliert Truth Social sogar Nutzer. Der US-Nachrichtenkanal beruft sich auf Zahlen, die ihm von der Webanalyse-Firma Similarweb zur Verfügung gestellt worden sind. Demnach hatte Truth Social im Februar nur 494.000 monatlich aktive US-Nutzer auf iOS und Android zusammen. Das ist ein Bruchteil der 75 Millionen bei X (früher Twitter) und der 142 Millionen bei Facebook. Selbst Metas X-Klon Threads hatte im Februar mehr als zehnmal so viele monatlich aktive Nutzer wie Truth Social. Trumps Firma selbst veröffentlicht keine Nutzerzahlen.

Dennoch wird Truth Social mit dem 1500-fachen des Umsatzes gehandelt. Zur Einordnung: Meta wird mit dem 9,3-fachen des Umsatzes gehandelt. So gesehen wäre eine Bewertung von Truth Social von lediglich etwa 40 Millionen Dollar angemessen - wenn man ignoriert, dass Meta alleine im vergangenen Quartal einen Umsatz von knapp 135 Milliarden Dollar erzielt hat bei einem Gewinn von rund 14 Milliarden Dollar.

Pleiten hingelegt

Die Kursentwicklung ist die Wette auf einen Mann: Trump. Aller Voraussicht nach wird er Anfang November bei der US-Präsidentschaftswahl gegen Amtsinhaber Joe Biden antreten. Und es ist durchaus wahrscheinlich, dass er das Duell gewinnt und wieder ins Weiße Haus einzieht. Eine zweite Amtszeit könnte für Trump Media sehr lukrativ sein, etwa weil Truth Social dann das wichtigste Kommunikationsmittel des US-Präsidenten sein wird. Unternehmen dürften dort Werbung schalten - alleine schon deshalb, um bei Trump zu punkten oder nicht in Ungnade zu fallen.

Vor diesem Hintergrund wird geflissentlich ignoriert, dass einige von Trumps Unternehmungen in der Vergangenheit Pleite gegangen sind - darunter das Projekt, das vor Truth Social an die Börse ging, auch unter dem Tickersymbol DJT, den Initialen Trumps: Trump Hotels and Casino Resorts. Das brach 2004 spektakulär zusammen und wurde danach von der New Yorker Börse genommen.

Andere Projekte überlebten nur, weil sie entweder verkauft wurden oder Gläubiger Trump entgegenkamen und ihm einen Teil der Schulden erließen, weil sie eine Pleite mehr Geld gekostet hätte. Trump Media wies in seinem Börsenprojekt explizit auf Trump als Risiko hin: "Eine Reihe von Unternehmen, die mit Präsident Trump verbunden waren, haben Konkurs angemeldet. Es kann nicht garantiert werden, dass TMTG nicht auch pleite gehen wird."

Hinzu kommt, dass Trump in mehreren Fällen gleichzeitig strafrechtlich verfolgt wird. In einem Prozess wurde er zu einer Strafe von mehreren hundert Millionen Dollar wegen Betrugs verurteilt, weil er den Wert seiner Immobilienbeteiligungen aufgebläht hatte, um an günstigere Kredite zu kommen. Oder wie es Trump Media ausdrückte: "Donald J. Trump ist Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren, deren Umfang und Ausmaß für einen ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten und derzeitigen Kandidaten für dieses Amt beispiellos sind. Ein ungünstiger Ausgang in einem oder mehreren der laufenden Gerichtsverfahren, in die Präsident Trump verwickelt ist, könnte sich negativ auf TMTG und seine Plattform Truth Social auswirken."

"Spaß haben"

Das heißt aber auch: Das Schicksal des Aktienkurses hängt an Trump. Sollte er gegen Biden verlieren, könnte es für den Aktienkurs in die Tiefe gehen. Der 77-Jährige ist Chef des Unternehmens, Hauptaktionär und der allerwichtigste Nutzer.

Derzeit sieht es aber so aus, als ob sich die Börsenblase kräftig ausdehnen kann. "Was machen wir alle hier?", fragte sich Matt Levine, Kolumnist bei "Bloomberg" in seinem Newsletter. Die Antwort laute: "keine Fundamentalanalyse". Vielleicht sei es "Spaß haben im Internet", vielleicht "ein komplexes Spiel der Massenpsychologie". Möglicherweise seien Investitionen heute auch eine Form der Selbstdarstellung: "Wir kaufen Aktien und Kryptowährungen, mit denen wir uns identifizieren und uns besser fühlen, wenn sie steigen." Viele Menschen würden Trump-Media-Aktien einfach nur deshalb kaufen, weil das ihre Unterstützung von Trump zeige.

Ob Truth Social jemals Geld verdienen wird, dürfte einigen dieser Aktionäre also ziemlich egal sein. Derweil demonstriert Trump eindrucksvoll, dass sein Geschäftsmodell noch immer wunderbar funktioniert. Nachdem einige seiner Projekte gefloppt waren, war ihm seine Wiederauferstehung durch die populäre Reality-Show "The Apprentice“ gelungen, in der er von 2004 bis 2015 die Hauptfigur war und einen überaus erfolgreichen Geschäftsmann darstellte. Sie brachte ihm enorme Publicity und sehr viel Geld. Als die Sendung zu Ende ging, bewarb sich Trump um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner, um im Rampenlicht zu bleiben. Dann geschah das völlig Unerwartete: Er wurde nicht nur Kandidat, sondern sogar Präsident der Vereinigten Staaten.

Der Börsengang von TMTG hat Trump - auf dem Papier - sehr viel reicher gemacht. Derzeit ist sein Aktienpaket knapp 3,8 Milliarden Dollar wert. Verkaufen darf er seine Aktien allerdings noch nicht, nach dem Börsengang gilt eine sechsmonatige Sperrfrist für ihn und andere Alt-Aktionäre. Doch es ist wahrscheinlich, dass der Trump äußerst wohlgesinnte Vorstand ihm bei Bedarf eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Angesichts der laufenden Prozesse und drohender Geldstrafen könnte Trump kurzfristig sehr viel Geld brauchen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen