Wirtschaft

Neue Kosten-Nutzen-Rechnung Trump wird zum Risiko für Konzernchefs

Im Februar verkündete Brian Krzanich mit Trump im Oval-Office vor laufenden Kameras den Bau einer - bereits seit Jahren geplanten - neuen Halbleiterfabrik in den USA. Heute distanziert sich der Intel-Chef öffentlichkeitswirksam vom Präsidenten.

Im Februar verkündete Brian Krzanich mit Trump im Oval-Office vor laufenden Kameras den Bau einer - bereits seit Jahren geplanten - neuen Halbleiterfabrik in den USA. Heute distanziert sich der Intel-Chef öffentlichkeitswirksam vom Präsidenten.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Nach Donald Trumps Wahlerfolg suchten die US-Wirtschaftsbosse dessen Nähe. Doch versuchen viele von ihnen nun, Abstand zu halten - nicht nur, weil sie um den Ruf ihres Unternehmens fürchten. Sie versprechen sich vor allem keinen Nutzen mehr vom Präsidenten.

Es war bislang ein Angebot, das kein Wirtschaftsboss ausschlagen konnte: Ein Sitz in einem der Beratergremien von US-Präsident Donald Trump bietet Zugang zum vermeintlich mächtigsten Mann der Welt und hochrangigen politischen Entscheidern in Washington und damit Einfluss auf die versprochenen wirtschaftsfreundlichen Reformen. Das verspricht möglichen Nutzen fürs Geschäft besonders für Branchen, die stark von gesetzlichen Regulierungen betroffen sind wie unter anderem die Pharma- und Finanzindustrie, oder Unternehmen, die direkt von Regierungsaufträgen etwa für Infrastruktur und Rüstung abhängig sind.

Verantwortung oder Risiken waren auf der anderen Seite nicht mit der ehrenamtlichen Beratertätigkeit verbunden. Kein Wunder also, dass sich Dutzende Chefs der größten US-Konzerne aus allen Branchen Trump zur Verfügung stellten, auch wenn sie mit seinen politischen Ansichten nicht übereinstimmten.

Doch diese simple Gleichung - hoher Nutzen, kaum Kosten oder Risiken - gilt für Amerikas Konzernchefs nicht mehr. Allein in den vergangenen Tagen traten sechs Mitlieder aus Trumps "Industrie-Forum" zurück - darunter die Chefs des Pharmariesen Merck und des Chipherstellers Intel. Andere sind schon längst weg - wie Disney-Boss Bob Iger und Tesla-Gründer Elon Musk, die mit ihren Rücktritten gegen Trumps Klimapolitik protestierten, oder der damalige Uber-Chef Travis Kalanick, der nichts mit dem umstrittenen Einreiseverbot für Muslime zu tun haben wollte.

Vor allem durch sein Versäumnis, die Gewalt von Neonazis am vergangenen Wochenende in Virginia zu verurteilen und seine Gleichsetzung von Neonazis und den Gegendemonstranten, die sich ihnen entgegenstellten, ist der Präsident zu einer derart polarisierenden Figur geworden, dass jede Verbindung mit ihm ein Risiko fürs Geschäft darstellt. Unternehmen, deren Vertreter in Trumps Beratergremium bleiben, riskieren, zum Ziel von Kampagnen von Menschenrechtsaktivisten zu werden. Die anti-rassistische Gruppe "Color of Change" kündigte bereits an, Pepsi und den Lebensmittelkonzern Campbell Soup ins Visier zu nehmen. Einige andere Unternehmen wie der Einzelhändler Wal Mart, die im Beratergremium bleiben wollen, sehen sich zumindest gezwungen, sich öffentlich von Trumps Position gegenüber der extremen Rechten zu distanzieren.

Wirkungslose Wunderwaffe

Doch die Trump-Gleichung der Konzerne hat sich nicht nur geändert, weil Verbindungen zum Präsidenten mit einem Risiko fürs Image behaftet sind. Es wird immer klarer, dass der angeblich mächtigste Mann der Welt den Unternehmen kaum Nutzen bieten kann. Als zentrale Anliegen, die sie als Berater gemeinsam mit Trump vorantreiben wollten, nannten fast alle Wirtschaftsvertreter die versprochene große Steuerreform, die Befreiung von hinderlichen Vorschriften und Bürokratie sowie das angekündigte riesige Infrastrukturprogramm. Doch längst ist fraglich, ob Trump irgendetwas davon umsetzen kann.

Nicht nur sind die Mitarbeiter des Präsidenten bis heute nicht in der Lage, etwa einen detaillierten Entwurf für eine der Reformen vorzulegen. Trumps Verhältnis zum Parlament und zur eigenen Partei ist vollständig zerrüttet. Nahezu alle republikanischen Spitzenpolitiker distanzierten sich in den vergangenen Tagen ausdrücklich von Trumps Äußerungen zu den rassistischen Ausschreitungen in Virginia. Das dürfte auch vielen Konzernlenkern die politische Isolation und Ohnmacht des Präsidenten noch einmal vor Augen geführt haben.

Selbst Trumps Wunderwaffe Twitter scheint weitgehend ihre Wirkung verloren zu haben. Kurz nach seiner Wahl schickte er noch Aktienkurse von Konzernen wie Boeing mit wütenden Kurzbotschaften in den Keller und zwang sie so zu - oftmals nur rhetorischen - Zugeständnissen. Als der Präsident sich nun per Twitter gleich zwei Mal über Merck-Chef Kenneth Frazier empörte, zeigten die Börsen - wie auch bei anderen Attacken auf Unternehmen in der jüngsten Zeit - überhaupt keine Reaktion mehr.

Laut Wirtschaftsberatern konzentrieren sich die Unternehmensbosse wieder auf andere Wege, um auf die Politik Einfluss zu nehmen. Er rate allen seinen Firmenkunden ab, an Beratergremien von Trump oder irgendwelchen Treffen von Wirtschaftsvertretern im Weißen Haus teilzunehmen sagte Jonathan Bernstein, Chef des Beratungsunternehmens Bernstein Crisis Management, der Nachrichtenagentur Dow Jones. "Es ist das Risiko einfach nicht wert." Zudem gebe es für Unternehmen doch "viele bedeutendere Wege, in Washington das zu erreichen, was sie wollen."

Quelle: ntv.de

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