Nach monatelangem Drängen Trumps US-Notenbank senkt erstmals in diesem Jahr die Zinsen
17.09.2025, 20:00 Uhr Artikel anhören
Von den zwölf stimmberechtigten Mitgliedern votierten elf für eine Senkung um einen Zinsschritt, also 0,25 Prozentpunkte.
(Foto: Tom Williams/CQ Roll Call via AP Images)
Seit seinem Amtsantritt wirkt Donald Trump auf Jerome Powell und die Fed-Gouverneure ein, die Zinsen zu senken. Jetzt wird es Realität: Die US-Notenbank setzt den Leitzins um 25 Basispunkte herab. Die Konjunkturprognose wird zugleich angehoben. An der Börse sorgt das für Euphorie.
Erstmals seit rund einem Dreivierteljahr hat die US-Notenbank den Leitzins gesenkt. Dieser liege nun in der Spanne von 4,0 bis 4,25 Prozent, teilte die Federal Reserve (Fed) in Washington mit. Viele Analysten hatten sich bereits darauf eingestellt, nachdem der Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten deutlich geschwächelt hatte. US-Präsident Donald Trump hatte zudem vehement einen niedrigeren Zins verlangt - dies dürfte aber bei der jetzigen Entscheidung nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben.
Mit der Zinssenkung versucht der Zentralbankrat der Fed eine Kompromisslösung für die erhöhten Risiken auf dem Arbeitsmarkt bei zugleich steigender Inflation zu finden. Niedrigere Zinsen machen Kredite für Firmen und Verbraucher tendenziell billiger. Mehr Geld im Umlauf kann wiederum die Wirtschaft ankurbeln und dadurch Arbeitsplätze schaffen.
Eine Zinssenkung verringert zugleich die Attraktivität des US-Dollars - der Euro wird dadurch aufgewertet. Europäische Touristen dürften bei einer Reise in die USA also profitieren. Bereits vor dem eigentlichen Zinsentscheid war die Gemeinschaftswährung der Europäischen Union auf um die 1,18 US-Dollar gestiegen. Wer also üblicherweise in Euro zahlt, bekommt beim Umtausch in Dollar zurzeit mehr für sein Geld.
Die Zinssenkung hilft zudem den US-Aktienmärkten auf die Beine: Der Dow-Jones-Index der Standardwerte weitet seine Gewinne auf ein Prozent aus und steht nun bei 46.203 Punkten. Der Index der Technologiebörse Nasdaq grenzt seine Verluste ein und notiert nur noch 0,2 Prozent tiefer. Die "Anti-Inflationswährung" Gold dreht ins Plus und wird 0,2 Prozent höher bei 3692 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) gehandelt. An den Anleihemärkten sinken die Renditen. Die zehnjährigen US-Treasuries werden mit 4,003 Prozent nach zuvor 4,047 Prozent verzinst.
Konjunkturprognose erhöht
In diesem Jahr rechnet die Fed nun doch mit einem höheren Wirtschaftswachstum als zuletzt. Für dieses Jahr geht die Zentralbank mittlerweile von einem Plus von 1,6 Prozent aus, wie sie mitteilte. Bei der vorigen Prognose im Juni hatte die Fed ihre Konjunkturerwartung noch nach unten auf 1,4 Prozent korrigiert. Bei der Inflationsrate rechnet die Fed weiter mit 3,0 Prozent.
Die Arbeitsmarktzahlen in den Vereinigten Staaten waren zuletzt hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zudem wurde das Beschäftigungswachstum in den zwölf Monaten bis März 2025 um insgesamt 911.000 Jobs nach unten korrigiert - eine ungewöhnlich große Revision.
Das bedeutet, es wurden deutlich weniger Stellen in den USA geschaffen als erwartet, und ist ein Zeichen dafür, dass die Wirtschaft nicht so schnell wächst wie gedacht. Kfw-Volkswirt Dirk Schumacher kommentierte, die Neubeschäftigung habe sich derart verlangsamt, dass Inflationsrisiken im Zusammenhang mit den US-Zöllen in den Hintergrund getreten seien.
Von den zwölf stimmberechtigten Mitgliedern votierten elf für eine Senkung um einen Zinsschritt, also 0,25 Prozentpunkte. Nur der Trump-Vertraute Stephen Miran, der erst zu Beginn der Woche als Übergangslösung im Fed-Vorstand bestätigt wurde, hatte sich für eine größere Senkung ausgesprochen - ganz nach Trumps Wunsch.
Skeptiker wie die demokratische Senatorin Elizabeth Warren bezweifeln Mirans Unabhängigkeit und werfen ihm vor, "Trumps Marionette" zu sein: "Niemand - weder die amerikanische Öffentlichkeit noch Investoren hierzulande, noch die weltweiten Finanzmärkte - werden ihm als unabhängiger Stimme vertrauen", sagte sie. Miran versprach dagegen, die Unabhängigkeit der Notenbank "bewahren" zu wollen.
Wie unabhängig ist die Fed?
Zwar dürfte der vehemente Druck aus dem Weißen Haus Experten zufolge beim jetzigen Entscheid eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Trotzdem "wird der Druck aus dem Weißen Haus nicht nachlassen", ist sich KfW-Chefvolkswirt Dirk Schumacher sicher. Es bleibt die Frage, wie unabhängig die Fed künftig agieren wird, solange Trump Präsident ist.
Der Republikaner hatte immer wieder auf Zinssenkungen gepocht - vergeblich, weswegen er Fed-Chef Powell mehrfach als "Dummkopf" beschimpfte. Der Präsident will mit einem niedrigeren Zins die Wirtschaft ankurbeln und Amerikanern den Immobilienkauf zu erleichtern. Auch würde sich die Zinslast auf die Staatsschulden verringern. Der Zentralbankrat hingegen wollte angesichts der gestiegenen Inflation vorsichtig agieren.
Trump versucht verstärkt, über Personaldebatten den geldpolitischen Kurs der Fed zu beeinflussen. Zuletzt brachte er die Entlassung der Fed-Gouverneurin Lisa Cook auf den Weg und begründete dies mit angeblichen Unregelmäßigkeiten bei privaten Immobilienkrediten. Die Vorständin wehrt sich juristisch dagegen - mit Erfolg: Vor einem US-Berufungsgericht kassierte der Präsident zuletzt eine Niederlage.
Quelle: ntv.de, mpa/dpa/rts