Steigende Zinsen Wall Street setzt weiter zurück
06.04.2022, 22:28 Uhr
Der Dow ließ weiter Federn.
(Foto: REUTERS)
An den US-Börsen hat sich die Gemengelage nicht verändert. Marktteilnehmer rechnen mit steigenden Zinsen. Allerdings nehmen die Sorgen um eine etwaige Rezession zu. Das wirkt sich wiederum auf den Ölpreis aus.
Angeführt von den Technologiewerten ist es an den US-Börsen weiter abwärts gegangen. Belastend wirkten die weiter steigenden Marktzinsen, was vor allem den als besonders zinsempfindlich geltenden Technik- und Wachstumswerten zusetzte. Ein höheres Zinsniveau unterminiert deren oft hohe Bewertungen. Das mit einiger Spannung erwartete Protokoll der US-Notenbanksitzung Mitte März sorgte zwar für etwas Volatilität, änderte an den zuvor bereits gesehenen Tendenzen bei Aktien, Dollar und Zinsen aber insgesamt wenig.
Das Protokoll enthielt kaum Überraschendes. Neben dem Signal, dass demnächst auch Zinserhöhungen um 50 statt um 25 Basispunkte anstehen könnten, ging aus ihm insbesondere hervor, dass noch keine endgültige Entscheidung über den Abbau der aufgeblähten Notenbankbilanz getroffen wurde und dass es frühestens im Mai soweit sein könne. Fed-Chef Powell hatte zuvor gesagt, die Fed könne bereits im Mai damit beginnen, und die Bilanzverkürzung könnte "einer zusätzlichen Zinserhöhung gleichkommen".
Der Dow-Jones-Index büßte 0,4 Prozent auf 34.497 Punkte ein und schloss damit über 200 Punkte über dem Tagestief. Gestützt wurde er von Gewinnen eher defensiver und relativ schwerer Aktien wie United Health, Johnson & Johnson, Walmart und Amgen. Der vreiter gefasste S&P-500 gab dagegen um 1,0 Prozent nach, die techniklastigen Nasdaq-Indizes um bis zu 2,2 Prozent.
Sendet Anleihenmarkt neue Rezessionssignale?
Die Anleiherenditen stiegen weiter und erreichten Dreijahreshochs. Am Vortag hatten sich zwei Notenbankvertreterinnen, die eher als taubenhaft gelten, klar falkenhaft geäußert. Am Berichtstag sagte Philadelphia-Fed-Präsident Patrick Harker, dass er eine Reihe von Zinserhöhungen für nötig halte. Im Zehnjahresbereich ging es um 6 Basispunkte auf 2,61 Prozent nach oben, im Zweijahresbereich dagegen um 3 Basispunkte zurück auf 2,49 Prozent. Damit entfernte sich die Zinskurve über diesen Bereich weiter von der jüngst noch gesehenen Inversität entfernt, die als Vorbote einer Rezession gilt.
"Jedem ist ziemlich klar, dass die Fed einen rapiden Straffungszyklus in Gang setzen wird", sagte Samy Chaar, Ökonom bei Lombard Odier, bereits vor dem Protokoll. .Es ist zwar möglich, dass sie eine weiche Landung hinbekommen, es wäre aber ein ziemliches Wunder", fuhr er fort mit Blick darauf, dass die Notenbanker die Inflation unter Kontrolle bringen müssen ohne zugleich die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen.
Daneben drückte die Eskalation im Ukraine-Krieg mit den offensichtlich russischen Gräueltaten auf die Stimmung, zumal deswegen bereits weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht wurden. Die USA wollen unter anderem "jegliche neue Investition" in Russland verbieten, die EU will die Kohleimporte stoppen.
Ölpreise sinken auf Dreiwochentief
Unter den steigenden Zinsen litten am Aktienmarkt unter anderem Immobilienaktien. Pultegroup verloren 2,7, Lennar 4,3 oder D.R. Horton 4,0 Prozent. Rivian Automotive büßte 5 Prozent ein. Der Elektroautomobilhersteller hat bei Produktion und Auslieferungen die selbst gesteckten Ziele zwar erreicht, im Handel hieß es aber, die Markterwartungen an die Auslieferungen für 2022 lägen teils deutlich höher als die Rivian-Prognose.
Jetblue Airways verloren weitere 8,7 Prozent. Raymond James hat die Aktie abgestuft. Die Fluggesellschaft hat ein Gebot für die Billigfluglinie Spirit Airlines abgegeben und fordert damit den Konkurrenten Frontier Airlines heraus. Am Vortag hatten Spirit mit diesen Gerüchten um über 20 Prozent zugelegt. Nun büßten sie 2,4 Prozent ein. Tilray Brands gewannen 2,9 Prozent. Das auf Cannabis spezialisierte Pharmaunternehmen schrieb im zurückliegenden Quartal wieder schwarze Zahlen und übertraf damit die Konsenserwartung. Advent Technologies reagierten mit einer Kursexplosion um über 75 Prozent auf die Nachricht einer Technologie-, Umsatz und Entwicklungspartnerschaft mit Hyundai.
Die Ölpreise fielen deutlich, zuletzt um knapp 5 Prozent auf Dreiwochentiefs. Nach überraschend gestiegenen US-Ölvorräten eines US-Branchenverbands waren auch die offiziellen US-Ölvorräte in der zurückliegenden Woche gestiegen. Hinzu kam, dass in den USA die tägliche Ölförderung gestiegen ist, auf das höchste Niveau seit Ausbruch der Pandemie. Außerdem drückte auf die Ölpreise, dass die Internationale Energieagentur per Tweet mitteilte, dass die Industrieländer 120 Millionen Barrel an Notreserven freigeben, darunter auch die von den USA angekündigten 60 Millionen Barrel. Dazu gesellten sich die allgemeinen Stagflationsängste als Belastungsfaktor.
Quelle: ntv.de, jwu/DJ