"Heiße Luft" Warum an den Börsen die Kurse in die Tiefe rauschen
21.01.2022, 18:41 Uhr
An den Börsen geht es abwärts.
(Foto: imago images/Xinhua)
An den Börsen weiten sich die Kursverluste aus. Besonders für Tech-Aktien geht es zum Teil steil bergab. Anleger müssen derzeit hart im Nehmen sein.
Anleger dürften derzeit eher mäßige Laune bekommen, wenn sie einen Blick in ihr Aktiendepot werfen. Denn zum Wochenschluss ging es weiter abwärts an den Börsen. Der deutsche Leitindex Dax verlor zeitweise fast drei Prozent, aus dem Handel ging er schließlich 1,9 Prozent leichter bei 15.604 Punkten. Die Wochenbilanz fällt mit einem Minus von rund 1,8 Prozent ebenfalls sehr schwach aus. Auch der MDax der mittelgroßen Börsentitel geriet in den Abwärtssog: Er schloss 2,0 Prozent tiefer auf 33.642 Zählern.
Für den US-Leitindex S&P500 ging es seit Wochenbeginn sogar um 6,5 Prozent nach unten. Ganz arg erwischt es derzeit die Tech-Werte, die eine monatelange Rallye hingelegt haben. Der Nasdaq 100 verlor vom Jahreshoch rund zehn Prozent.
Da stellt sich die Frage: Was ist da los? Die Zinswende ist los. Die Märkte stellen sich darauf ein, dass die US-Notenbank Fed angesichts der hohen Inflation bald eine Serie von Zinserhöhungen startet. Und wenn Zinsen steigen, verlieren Aktien an Attraktivität. Hinzu kommt, dass eine straffere Geldpolitik Liquidität im Markt austrocknet.
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"Die Märkte, speziell einige US-Technologieaktien sowie die gehypten Kryptowährungen, waren viel zu hoch bewertet. Nun sorgt das Ende von Corona an der Börse gepaart mit der Angst vor der Zinswende für stramme Korrekturen und Favoritenwechsel", sagt Daniel Saurenz von Feingold Research im Gespräch mit ntv.de. "Die Börse lässt vielfach heiße Luft ab, die über die letzten zwei Jahre aufgeblasen wurde."
Anleger reduzieren ihr Risiko
Viele Anleger sind dabei umzuschichten und ziehen ihr Geld aus riskanteren Anlagen ab. Dazu gehören auch Aktien. Besonders deutlich ist das aber anderswo zu sehen: Kryptowährungen verlieren derzeit besonders kräftig an Wert. Was auch daran liegen mag, dass vielen Anlegern angesichts steigender Zinsen und sinkender Liquidität das nötige Spielgeld ausgeht.
Auch Tech-Aktien bekommen den Stimmungsumschwung zu spüren. So brach die Netflix-Aktie nach Veröffentlichung von Quartalszahlen in kurzer Zeit um 20 Prozent ein und büßte damit fast alle in der Corona-Pandemie angehäuften Gewinne ein. Der Technologiesektor gilt als besonders empfindlich gegenüber steigenden Marktzinsen. Denn die Unternehmen stemmen ihre üppigen Investitionen mit einem hohen Fremdkapitalanteil.
Anleger scheinen steigende Kurse derzeit immer wieder zum Verkauf zu nutzen in ihrer Sorge vor kräftig steigenden Zinsen. Doch das ist nicht alles. "Die Kombination aus Zinswende und Omikron-Welle wird für die Börsen mehr und mehr zum Tsunami", sagt Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Vorsicht ist das Gebot der Stunde." Hinzu kommt, dass auch der Aufmarsch russischer Truppen an der ukrainischen Grenze dafür sorgt, dass Anleger ihr Risiko reduzieren. "Die Spannungen nehmen zu und Experten erwarten eine Verschärfung der Krise durch Gewalt", sagt Christian Henke vom Broker IG. "Kein Wunder, dass die Anleger dem Frankfurter Börsenparkett lieber fernbleiben."
Bundesanleihen wieder gefragt
Das zeigt sich etwa an den Bundesanleihen, die als sicherer Hafen gelten. Investoren kaufen die Titel wieder verstärkt - die Kurse steigen, während die Rendite im Gegenzug wieder in den negativen Bereich rutscht.
"Beim Dax sollten sich Anleger nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Eine Korrektur bis an 14.000 Punkte wäre nicht überraschend und könnte sogar gesund sein", sagt Saurenz. Bei vielen Tech-Aktien würden sich nach den Korrekturen von mitunter 30 bis 50 Prozent vom Rekordlevel neue Chancen ergeben. Markenqualität werde gestärkt aus der Entwicklung hervorgehen. In Sachen Zinspolitik ändere sich die Lage zwar, "Grund für Panik ist das neue Zinslevel aber noch lange nicht."
Quelle: ntv.de, mit rts/dpa