Kein Anspruch auf InsolvenzmasseWirecard-Aktionäre gehen wohl leer aus

15,4 Milliarden Euro Schaden entstehen mit der Pleite von Wirecard vor fünf Jahren. Wer in das Unternehmen investiert hat, bemüht sich, sein Geld zurückzubekommen. Doch der Kampf ist aussichtslos. Der BGH entscheidet, dass Aktionäre hinten in der Rangfolge der sehr geringen Insolvenzmasse stehen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Klage von Wirecard-Aktionären auf Auszahlungen aus der Insolvenzmasse abgewiesen. Damit bleibt es bei der üblichen Verteilung der Gelder aus der Verwertung der Überreste insolventer Unternehmen, bei der Aktionäre an letzter Stelle stehen. Mit seiner Entscheidung hob der für das Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat des BGH ein anderslautendes Urteil des Oberlandesgerichts München auf.
Wirecard war an der Börse jahrelang auf einer Erfolgswelle geschwommen. Doch im Juni 2020 brach die Firma aus Aschheim bei München als erster Dax-Konzern zusammen, nachdem sich 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf Treuhandkonten in Asien lagen, als nicht existent entpuppten. Tausende Geschädigte verloren durch die Pleite Geld: neben den Gläubigern, die dem Unternehmen Kapital geliehen oder Dienstleistungen erbracht hatten, auch 50.000 Aktionäre, die Schadenersatz anmeldeten. So kamen Forderungen von insgesamt 15,4 Milliarden Euro zusammen, denen aber nur eine Insolvenzmasse von bisher 650 Millionen Euro gegenübersteht.
Der Rechtsstreit ging nun darum, wie das Geld verteilt werden soll. Die Insolvenzordnung sieht vor, dass die Gläubiger, also Kreditgeber, Dienstleister und Angestellte, vorrangig aus der Insolvenzmasse bedient werden. Aktionäre erhalten nur das, was darüber hinaus übrig bleibt - bei Wirecard aller Voraussicht nach nichts.
Der Fondsanbieter Union Investment, der in dem Pilotverfahren als Kläger auftrat, hatte argumentiert, die Wirecard-Aktionäre seien vom Vorstand bewusst betrogen worden und hätten deshalb Schadenersatzansprüche, die gleichrangig seien mit den Forderungen der Gläubiger. Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffe und die Gläubiger hatten auf die Insolvenzordnung verwiesen und die Ansprüche der Aktionäre bestritten.
Über die Pleite von Wirecard und ihre Folgen wird in dieser Woche noch an weiteren Gerichten verhandelt. Am Landgericht München wurde am Mittwoch der Strafprozess gegen den langjährigen Vorstandschef Markus Braun fortgesetzt. Am Freitag kämpfen vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht Aktionäre um die Chance, über ein Kapitalanleger-Musterverfahren einen Teil des verlorenen Geldes zurückzubekommen. Die Wirtschaftsprüfer von EY, auf deren Zahlungskraft die Anleger vor allem gesetzt hatten, hat das Gericht in diesem Prozess aber bereits aus der Schusslinie genommen.