Wirtschaft

Eine Liga mit China und Indien Wirtschaft der Türkei erlebt Boomjahr

Die Türkei meldet für 2017 ein BIP-Plus von 7,4 Prozent - mehr als China.

Die Türkei meldet für 2017 ein BIP-Plus von 7,4 Prozent - mehr als China.

(Foto: REUTERS)

Die türkische Wirtschaft ist 2017 so stark gewachsen wie seit vier Jahren nicht mehr. Allerdings sind die Vergleichswerte auch schwach. Ankara feiert den Erfolg. Doch selbst Erdogan-Berater sehen einen Berg an Aufgaben.

Die Türkei hat für das Jahr 2017 ein Wachstum von 7,4 Prozent gemeldet. Wie die Statistikbehörde TÜIK mitteilte, verzeichnete die Wirtschaft im vierten Quartal ein Plus von 7,3 Prozent, womit das Bruttoinlandsprodukt im Gesamtjahreszeitraum um 7,4 Prozent zulegte. Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci begrüßte die Zahlen und sprach von einem "spektakulären Erfolg", mit dem die Türkei an die Spitze der G20-Staaten aufsteige.

Türkische Lira / Euro
Euro / Türkische Lira 48,78

Das Wachstum überstieg die Erwartungen von Ökonomen, die zuletzt mit 7,25 Prozent gerechnet hatten. Im dritten Quartal hatte die türkische Wirtschaft um 11,3 Prozent zugelegt, doch hatten Analysten damals geltend gemacht, dass dies auf das vergleichsweise schwache Wachstum im Vorjahreszeitraum zurückzuführen sei, als die Türkei durch eine Reihe von Anschlägen sowie den Putschversuch von Juli 2016 erschüttert worden war. Denn Im dritten Quartal 2016 hatten der Putschversuch und die politische Instabilität im Land erstmals seit dem Krisenjahr 2009 dazu geführt, dass die türkische Wirtschaft geschrumpft war - letztlich um 0,8 Prozent.

Reformen dringend nötig

Nach einem relativ schwachen Wachstum von 3,2 Prozent 2016 hatten einige Ökonomen wegen der politischen Turbulenzen einen Einbruch der Wirtschaft im vergangenen Jahr befürchtet, doch bewahrheiteten sich diese Sorgen nicht. "Mit einem Wachstum von 7,4 Prozent liegt die Türkei eindeutig an der Spitze des Wachstums in Europa und in der selben Stratosphäre wie China oder Indien", erklärte nun der Londoner Analyst Timothy Ash. China - immerhin zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt - hatte für das vergangene Jahr ein Plus von 6,9 Prozent gemeldet. Die US-Wirtschaft als weltweite Nummer war um 2,9 Prozent gewachsen.

Hatice Karahan, eine Wirtschaftsberaterin von Präsident Recep Tayyip Erdogan, bezeichnete das starke Wachstum als Folge der "gesunden Politik der Regierung". Nun sei es aber Zeit, sich auf Reformen zu konzentrieren, um die Wirtschaft weiter zu stärken, mahnte Karahan. Die Regierung ist über den rapiden Verfall der Währung, die hohe Inflation und die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in Sorge. Auch hat die Türkei ein hohes Leistungsbilanzdefizit.

Wirtschaftsexperte und Ex-Zentralbänker Ugur Gürses sagte, dass man "nicht von einem gesunden und nachhaltigen Wachstum sprechen" könne. Höhere Staatsinvestitionen und die Verbraucher hätten die Verluste aus dem Putschjahr 2016 ausgeglichen. Das seien aber nur temporäre Maßnahmen. Weiterhin fehle es an langfristigen Auslandsinvestitionen.

Kampf um den Zins

Vor der Verkündung der Wachstumszahlen fiel die türkische Lira am Morgen unter die symbolisch wichtige Grenze von vier Lira zum Dollar und näherte sich dem Wert von fünf Lira zum Euro an. Mit über zehn Prozent war die Inflation zuletzt beunruhigend hoch, weshalb Ökonomen auf eine Anhebung der Leitzinsen dringen. Dies stößt aber auf Ablehnung bei Präsident Erdogan, der stattdessen eine Senkung der Zinsen fordert. Da solche Zinserhöhungen das Wachstum vor wichtigen Wahlen 2019 abschwächen würden.

Doch die Notenbanker müssten eigentlich die Zinsen erhöhen, um die Lira zu schützen, sagte die Wirtschaftsexperte Atilla Yesilada von der Marktforschungs- und Analysefirma Global Source Partners sagte. Der Wertverlust drohe die wachsenden Schulden von Unternehmen und ausländischen Währungen zu einem chronischen Problem für die Türkei zu machen.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

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