Schwergewichte ziehen DAX nach unten
Der DAX verabschiedet sich mit Verlusten aus der Handelswoche. Der deutsche Börsenleitindex büßt zum Wochenschluss 1,7 Prozent ein, schließt mit einem Stand von 15.210 Punkten. Damit ist im DAX weiterhin kein Ausbruch aus der Handelsspanne zwischen 15.250 und 15.650 Punkten in Sicht, sie hat nun schon 16 Tage Bestand. "Auf vier Top-Wochen sind mittlerweile drei Wochen ganz ohne Ertrag gefolgt", sagt Thomas Altmann von QC Partners. Psychologisch sei dieser Seitwärtsmarkt für viele eine "Qual". Viele wüssten nicht, ob sie jetzt ihre Gewinne realisieren sollen oder lieber im Markt bleiben sollen. "Und so halten sich Käufe und Verkäufe aktuell die Waage. Das Ergebnis ist der aktuelle trendlose Markt,"; so der Vermögensverwalter.
ING-Europa-Chefvolkswirt Carsten Brzeski sieht Deutschland nach dem unerwartet starken Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vierten Quartal vor einer "technischen Rezession", also BIP-Rückgängen in zwei aufeinander folgenden Quartalen. "Obwohl die Stimmungsindikatoren in den letzten Monaten gestiegen sind, gibt es sehr deutliche Hinweise auf eine nach wie vor schwache Wirtschaft", schreibt Brzeski in einem Kommentar. Der zweite Rückgang des Ifo-Index für die aktuelle Lagebeurteilung in Folge, ein rückläufiger Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe und ein schwaches Verbrauchervertrauen bestätigten die Einschätzung, dass die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal erneut schrumpfen werde. Auch mittelfristig ist der Ökonom eher pessimistisch: "Die jüngste Verbesserung der Konjunkturdaten deutet darauf hin, dass sich die deutsche Wirtschaft und die Wirtschaft der Eurozone mitten in einer typischen zyklischen Erholung befinden - aber wir befürchten, dass wir uns tatsächlich mitten in einem strukturellen Übergang befinden".
"Der DAX hat anfangs den Angriff auf die 15.500er-Marke versucht - am Ende aber keinen guten Tag gehabt", kommentiert ntv-Börsenkorrespondent Raimund Brichta. "BASF und Linde belasten. Dazu kam ein kleinerer Absacker am Nachmittag wegen der US-Inflationsdaten", erläutert er. "Ob der DAX die Handelsspanne noch einmal nach oben verlässt, also ausbricht, oder ob der Leitindex dann doch nach unten rutscht, ist und bleibt die große Frage."
Zwei Schwergewichte kosten den DAX heute Performance: Linde und BASF. BASF-Titel verlieren mehr als sechs Prozent. Die Analysten von Baader Helvea gehen davon aus, dass sich die Investoren auf den Ausblick für 2023 und den Dividendenvorschlag für 2022 konzentrieren dürften. Der gegenüber dem Vorjahr unveränderte Dividendenvorschlag sei besser als von den Analysten erwartet, sollte aber nichtsdestotrotz als Signal gewertet werden, da er der Dividendenpolitik des Unternehmens einer stetig steigenden Dividende widerspreche. Darüber hinaus habe BASF das Rückkaufprogramm früher als geplant beendet. Die Unternehmensprognose für den Umsatz 2023 liege weit über den Konsenserwartungen, die Unternehmensprognose für das EBIT vor Sondereinflüssen nur leicht darunter.
Linde büßen knapp zwei Prozent ein. Das Unternehmen wird dem DAX entnommen, weil der Konzern mit der Hauptnotierung seiner Aktien nach New York wechselt. Das dürfte große Umschichtungen zur Folge haben, da Linde der größte DAX-Wert ist mit einem Index-Gewicht von etwa 10 Prozent. Nachfolger ist die Commerzbank mit einem erwarteten Gewicht von lediglich knapp einem Prozent. Damit dürften auch die anderen DAX-Titel von den Umschichtungen bewegt werden, legt doch ihre Gewichtung um knapp 9 Prozent zu. Spannend könnte es für die Aktien im DAX werden, die nicht so liquide sind. Aber auch in den europäischen Blue-Chip-Indizes stehen Veränderungen an: Im Euro-Stoxx-50 folgen die Aktien des Unicredit der von Linde nach, im Stoxx-50 dagegen Safran.