Frage & Antwort

Ungehobener Schatz im Ozean Wie viel Gold ist im Meerwasser gelöst?

Schon seit Längerem werden enorme Goldvorräte im Meer vermutet.

Schon seit Längerem werden enorme Goldvorräte im Meer vermutet.

(Foto: imago images/ingimage)

Die Weltmeere sind gigantische Wassermassen. In ihnen ist viel Salz gelöst, aber auch andere Mineralien - darunter Gold. Schon lange gibt es Überlegungen, das Edelmetall aus dem Wasser zu gewinnen. Aber wie viel Gold gibt es tatsächlich in den Ozeanen?

Irgendwann kam jemand auf die Idee, dass im Meerwasser mehr als nur Salz gelöst sein muss. Ende des 19. Jahrhunderts bestätigte sich schließlich, dass auch Goldatome im Wasser des Meeres schwimmen. Wie viele genau, war lange unbekannt. Dennoch machten sich Menschen bereits früh Hoffnungen auf sagenhafte Reichtümer, die aus dem Meerwasser geborgen werden könnten.

Den vermeintlichen Goldschatz im Meer wollte der deutsche Chemiker und Nobelpreisträger Fritz Haber bereits in den 1920er Jahren heben. Mit dem Erlös sollten Deutschlands Schulden aus dem Ersten Weltkrieg beglichen werden. Doch daraus wurde nichts. Denn Haber war von einem falschen Goldgehalt ausgegangen. Erst 1990 gelang es den Forschern K. Kenison Falkner und J.M. Edmond, die Konzentration des Edelmetalls im Meerwasser genau zu bestimmen. Was auch eine bessere Schätzung des gesamten Vorkommens ermöglichte. Wie viel Gold ist also im Meerwasser gelöst?

Ganz genau weiß das zwar niemand. Aber Sylvia Sander, Professorin für Marine Mineralische Rohstoffe am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, hält die Studie von 1990 für eine gute Berechnungsgrundlage. Allerdings brachte diese eine deutlich geringere Goldkonzentration ans Licht, als zuvor erhofft worden war. "Die Konzentration der meisten Metalle im Ozean ist extremst gering, aber besonders die von Gold", sagt Sander zu ntv.de. Im Schnitt seien es nur zehn Pikogramm - also Billionstel Gramm - Gold pro Kilogramm Seewasser. "Das ist dreimal nichts."

"10 bis 20 Tausend Tonnen"

Aber die Menge allen Wassers in den Weltmeeren ist gewaltig. Sie wird auf insgesamt 1,3 Trillionen Tonnen geschätzt. Damit kommt in Summe - trotz verschwindend geringer Konzentration - immer noch ganz schön was an Gold zusammen. "Es könnten insgesamt 10 bis 20 Tausend Tonnen im Meerwasser gelöst sein", sagt Sander. Zum Vergleich: Seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte wurden weltweit bereits etwa 200 Tausend Tonnen Gold gefördert.

Im Meer schwimmt also Gold im Wert von - wenn man vom aktuellen Marktwert ausgeht - mehr als 600 Milliarden Euro. Was zu der Frage führt: Kann man diese Reichtümer nicht heben? Sander winkt ab. "Es würde so viel Energie und Aufwand kosten, das Gold aus dem Meerwasser zu gewinnen, dass es völlig unwirtschaftlich wäre." Dasselbe gelte für Platin, das - zwar ebenfalls sehr wertvoll - in ähnlich geringen Konzentrationen im Meerwasser zu finden sei. "Es wird vermutlich nie möglich sein, diese Rohstoffe sinnvoll aus dem Meerwasser zu fördern", so die Expertin.

An den enormen Kosten zu Gewinnung des Meergoldes scheiterte in den 1920er Jahren auch Nobelpreisträger Fritz Haber. Sein Vorhaben wurde nach mehreren Erprobungsfahrten über den Atlantik aufgegeben. Deutschland blieb auf seinen Kriegsschulden sitzen.

Helfen neue Technologien?

Dennoch habe es in jüngster Vergangenheit interessante Ansätze gegeben, in Wasser gelöstes Gold zu extrahieren, sagt Sander. Etwa die Idee von Schweizer Chemikern, mittels eines molekularen Schwamms Goldionen aus dem Wasser zu filtern und zu kleinen Nuggets zu formen. Das Gute: Die Herstellung des Materials für den Schwamm ist relativ günstig. Allerdings funktioniert das Verfahren vor allem bei geringen Wassermengen - je größer sie werden, desto länger dauert es. "Man könnte es dort anwenden, wo aus natürlichen Gründen die Konzentration an Gold deutlich höher ist, wie etwa in bestimmten Flüssen oder dort, wo Gold durch den Menschen in Gewässer eingeleitet wird", so Sander.

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Flüsse sind übrigens die zweite wichtige natürliche Quelle für das Gold in den Ozeanen - neben hydrothermalen Quellen auf dem Meeresboden, sogenannten Schwarzen Rauchern. In deren Umgebung ist die Goldkonzentration im Meer besonders hoch.

Übrigens: Gold ist nicht der einzige im Meer gelöste Rohstoff, der die Fantasie der Menschen beflügelt. So werden etwa vier Milliarden Tonnen Uran im Seewasser vermutet, also deutlich mehr als beim Gold. Berechnungen zufolge könnte damit der Energiebedarf der Menschheit für die nächsten 10.000 Jahre gedeckt werden. Mehrere Forschergruppen weltweit haben in den vergangenen Jahren neuartige Materialien erprobt, um das Uran aus dem Meerwasser zu filtern. Die Ausbeute ist bisher zwar gering. Dennoch sehen manche ein wirtschaftliches Potenzial im Meeres-Uran.

(Dieser Artikel wurde am Samstag, 12. November 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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