Die Migrantinnen-PerspektiveHosgörü meint Wohlwollen
Toleranz kann nur entwickeln, wer sich unvoreingenommen und interessiert auf das vermeintlich Andersartige einlässt, sagt Hayriye Yerlikaya bei n-tv.de Das türkische Wort für Toleranz bedeutet übersetzt "wohlwollende Betrachtung". Das ist es, was Toleranz aus migrationspolitischer Sicht ausmacht.
Toleranz ist die Weitherzigkeit gegenüber anderen Lebens- und Denkweisen. Tolerant zu sein, bedeutet mehr als das schlichte Gewährenlassen des Andersartigen. Es gehört zu seiner Annahme dazu, dass dem als andersartig Identifizierten mit wohlwollendem Interesse und Akzeptanz begegnet wird.
Im Kontext der Migration kommt der Toleranz eine weitere Bedeutung zu: Aus migrationspolitischem Blickwinkel steht Toleranz für die wechselseitige Offenheit gegenüber andersartigen Lebens- und Denkformen, ohne die Andersartigkeit als Abgrenzungsmerkmal von "zugehörig" und "nicht zugehörig" zu verwenden. Toleranz bedeutet Unvoreingenommenheit und Offenheit gegenüber dem bisher Unbekannten. Nur wer sich ohne vorheriges Urteil auf Neues einlässt und sich dem Andersartigen nicht verschließt, kann Toleranz entwickeln.
Das türkische Wort für Toleranz heißt "hosgörü" und bedeutet übersetzt "wohlwollende Betrachtung". Eine wohlwollende Betrachtung des Andersartigen ist es auch, was Toleranz ausmacht. Im Rahmen gesellschaftlicher Prozesse wie der Migration unterliegen Kulturen und Wertvorstellungen einem ständigen Wandel. Toleranz bedeutet in einer pluralistischen Gesellschaft auch, die Kenntnis des Anderen als Bereicherung aufzufassen und empfänglich dafür zu sein, durch die Vermischung unterschiedlicher Denk- und Lebensformen etwas Neues entstehen zu lassen. So gelebt, kann Toleranz einen echten gesellschaftlichen Fortschritt bewirken.