Stinkendes Gas gibt Energie Meereswurm frisst ohne Maul
17.04.2012, 08:33 Uhr
Dieser Meereswurm nutzt seine eigenen Stoffwechselprodukte.
(Foto: picture alliance / dpa)
Essen und ausscheiden - das ist menschlich und tierisch zugleich. Benötigt werden dafür Mund und Po, doch ein kleiner Meereswurm setzt sich über diese Naturgesetze hinweg und wird auch ohne satt. Energie tankt er aus dem, was innere Bakterien mit Hilfe von Gasen produzieren.
Von giftigen Gasen ernährt sich ein kleiner Meereswurm vor der Küste Elbas in Italien. Olavius algarvensis nehme Kohlenmonoxid und Schwefelwasserstoff zu sich, berichten Wissenschaftler aus Bremen und Greifswald in den "Proceedings" der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften (PNAS). Bei der Nahrungsaufnahme lasse der Wurm Bakterien für sich arbeiten, die unter seiner Haut leben. Diese nutzen die Energie aus den Gasen, um Kohlenhydrate zu produzieren.
"Sie sind dabei so effektiv, dass der Wurm im Laufe der Evolution seinen kompletten Verdauungsapparat inklusive Mund und Darm aufgegeben hat und sich nur über die Symbionten ernährt", teilt Professor Nicole Dubilier vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie mit. Kohlenmonoxid ist geruchlos, Schwefelwasserstoff riecht übel - hochgiftig sind beide für den Menschen. Auch aus Wasserstoff und organischen Nährstoffen in der Umgebung können die Bakterien des Wurms Energie gewinnen.
Keine Ausscheidung nötig
Und es gebe noch eine Nahrungsquelle für den Winzling, schreiben die Forscher vom Max-Planck-Institut und der Universität Greifswald zusammen mit Kollegen aus Freiburg, Italien und den USA: Dank der Bakterien könne er seine eigenen Stoffwechselprodukte nutzen. "Der Wurm kann deshalb nicht nur auf seinen Verdauungsapparat, sondern auch auf seine Ausscheidungsorgane verzichten", erläutert Dubilier. Das sei bisher von keinem einzigen Meerestier bekannt.
Die Expertin beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren mit dem ungewöhnlichen Wurm. Dass seine Bakterien energiereiche Schwefelverbindungen nutzen können, war schon länger bekannt. In der aktuellen Studie konnten die Wissenschaftler nun aber weitere Stoffwechselwege entschlüsseln.
Quelle: ntv.de, dpa