"Sackerl" bleibt, "Paradeiser" gehtÖsterreichisch auf dem Rückzug
Die österreichische Sprache wird nach und nach vom Hochdeutschen verdrängt. Das freut nicht jeden. Eine neue Studie hat untersucht, welche typischen Worte aus der eigenen Sprache junge Österreicher noch benutzen.
Die österreichische Sprache ist auf dem Rückzug, weil sie vom Hochdeutschen aus dem Norden verdrängt wird. Das beklagen Künstler und Sprachexperten in Österreich schon länger. Der emeritierte Wiener Germanistik-Professor Peter Wiesinger verfasste nun eine Studie zu dem Thema. Sie wollten wissen, wie junge Österreicher mit ihrer Muttersprache umgehen.
Wie sah Ihre Untersuchung aus?
Wiesinger: Ich habe einen Fragebogen-Test
mit 21-jährigen Studenten gemacht. Sie mussten Bilder beschriften. Die Ergebnisse
sind eindeutig: So schrieb ein Drittel von Ihnen statt der österreichischen "Stiege"
den norddeutschen Begriff "Treppe". Ebenfalls ein Drittel schrieb über
eine Supermarkt-Szene "Kasse", statt des aus dem Italienischen stammenden
und in Österreich gebräuchlichen "Kassa".
Woher kommen diese Veränderungen?
Die Ursachen sind die Medien
und ihr Einfluss, synchronisierte Filme und das Internet. Dazu gehören auch Bücher
und Zeitschriften. Grundsätzlich ist die Jugendsprache eher englisch und norddeutsch
geprägt. In den westlichen Bundesländern wie Tirol kommt dazu der Tourismus von
Deutschen und Holländern: Da passen sich die Einheimischen an, weil sie von den
Touristen, die Geld bringen, verstanden werden wollen.
Wieso ist die Entwicklung überhaupt ein Problem? Sprache verändert sich doch immer.
Das Norddeutsche und Mitteldeutsche wird in Deutschland allgemein
als die hochdeutsche Sprache schlechthin angesehen. Während Bayerisch, Württembergisch
oder Österreichisch als Dialekte eingestuft werden. Dabei sind diese Sprachformen
mit teilweise anderen Ausdrücken historisch gleichwertig. Und Sprache bedeutet eben
auch immer Identität.
Gibt es noch eine Rettung oder wird ganz Österreich sprachlich aus dem Norden "besetzt"?
Die Schule müsste sich für das Österreichische einsetzen. Aber
selbst Schulbücher schwenken schon um. Das Ministerium ist der Meinung, im vereinten
Europa sei das Beharren auf einer eigenen Sprache nationalistisch. Man kann Tendenzen
abbremsen und verzögern, aber nicht aufhalten. Da müsste man rechtzeitig einwirken.
Aber da sind wir Österreicher oft etwas spät dran.
Aber bei bestimmten Ausdrücken
leisten die Österreicher doch weiterhin hartnäckige Gegenwehr?
Ganz stabil ist etwa die "Marille" als klassische einheimische
Frucht. "Paradeiser" werden fast völlig verdrängt, auch weil die entsprechenden
Produkte Tomatensaft und Tomatenmark heißen. Und noch eins bleibt bestehen: "Sackerl"
ist hier selbstverständlich. Tüte sagt niemand.