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Probefahrt im neuen Audi A4 Ein Benziner macht auf Diesel

Bekanntes Gesicht mit kleinen Nuancen: Ab Ende Januar wird der überarbeitete A4 in allen Karosserievarianten bei den Händlern stehen.

Bekanntes Gesicht mit kleinen Nuancen: Ab Ende Januar wird der überarbeitete A4 in allen Karosserievarianten bei den Händlern stehen.

(Foto: n-tv.de/Busse)

Die Rivalität zwischen Audi und BMW ist nicht nur eine Konkurrenz zwischen zwei Autoherstellern. Es ist auch ein Kulturkampf. Warum, das veranschaulicht der neue Audi A4.

Aus Münchner Sicht sind die Ingolstädter die Emporkömmlinge, die Neureichen, die Aufschneider. Unter Audianern werden die Bayerischen Motorenwerker gern als satt und saturiert, behäbig und innovationsschwach gesehen. Ob davon etwas tatsächlich zutrifft, ist auch unter Autokunden nicht eindeutig entschieden. Bei den Verkäufen ihrer Modelle der unteren Mittelklasse liegen beide Marken dieses Jahr in Deutschland fast gleich auf – mit einem leichten Vorteil zugunsten von BMW.

Beim neuen A4 kann der Kunde zwischen 23 Motor- und Getriebekombinationen wählen.

Beim neuen A4 kann der Kunde zwischen 23 Motor- und Getriebekombinationen wählen.

(Foto: n-tv.de/Busse)

Das Unternehmen hat jüngst den neuen 3er vorgestellt. Dass jetzt postwendend der neue A 4 präsentiert wird, ist deshalb keine Überraschung. Mercedes hatte als dritter im Premium-Bunde bereits im Frühjahr seine C-Klasse runderneuert, weshalb die Vier-Ringe-Marke nun dringend nachziehen musste. Und das mit Kraft: Alle Karosserie- und Motorvarianten sind direkt mit dem Verkaufsstart Ende Januar verfügbar. Einzige Ausnahme ist der 120 PS starke Einsteigermotor, der im Sommer folgen wird. Wie viel Neues in dem Audi wirklich steckt, ist auf Anhieb gar nicht so recht zu sehen. Nur die oberen Ecken des Kühlergrills sind leicht verändert, die Scheinwerfergläser stärker zugespitzt und die Motorhaube lässt eine leichte Wölbung erkennen.

Weltläufig oder erdverwachsen?

Audi inszeniert sich selbst gern als führend in der Allrad-Technik. Erstaunlich am A 4-Absatz in Deutschland ist, dass dies bei den Zulassungen der unteren Mittelklasse nicht abzulesen ist. In den vergangenen elf Monaten waren von den Neuzulassungen der Baureihe A4/S4 hierzulande nur 16,3 Prozent mit 4x4-Antrieb ausgestattet. Eine Klasse höher – etwa beim A6 – lag der Anteil deutlich über 50 Prozent. Der höhere Vierzylinder-Anteil in der A4 Baureihe und die preissensiblere Kundschaft sind hierfür verantwortlich.

Für die Sportler-Fraktion: Viel Fahrspaß und kernigen Sound bietet der S4, der jedoch nicht unter 54.900 Euro zu haben ist.

Für die Sportler-Fraktion: Viel Fahrspaß und kernigen Sound bietet der S4, der jedoch nicht unter 54.900 Euro zu haben ist.

(Foto: n-tv.de/Busse)

Der Kulturkampf der Marken wird von einem kleinen Schalter im Cockpit versinnbildlicht. "Drive-Select" steht da im A4 drauf, was sich einigermaßen zutreffend mit "Fahrt-Wähler" übersetzen lässt. Anglizismen werden vom Marketing bevorzugt dann eingesetzt, wenn es darum geht, Modernität und Weltläufigkeit zu dokumentieren. Die Muttersprache des gemeinen Bayern ist – auch wenn manche Menschen zuweilen Probleme haben, dies zu erkennen - Deutsch. Bodenständig und erdverwachsen ist deshalb die Namensgebung der vergleichbaren Taste im 3er-BMW: Dort heißt sie "Fahrerlebnisschalter". Beide dienen dazu, die Charakteristika des Zusammenspiels von Motor, Getriebe und Fahrwerk so zu verändern, dass es je nach Bedürfnislage des oder der Insassen lässig-komfortabel oder sportlich-dynamisch zugeht.

Der Urahn des A 4, der Audi 80 mit vier Türen und einem Benzinmotor, wäre nach heutiger Verteilung der Karosserie- und Antriebsvarianten ein Exot. Längst werden hierzulande vom A 4 mehr Avants, also Kombis, verkauft (rund zwei Drittel) und knapp 80 Prozent der Kunden entscheiden sich in Deutschland für einen Dieselmotor. Weltweit gesehen schlägt das Pendel leicht zugunsten der Limousine aus, was vor allem an den wenig diesel- und kombifreundlichen Märkten USA und China liegt. Das Sortiment der "nomalen" A4 und Avant-Modelle ergänzen wie gehabt die sportlichen Ausführungen S4 und S4 Avant sowie die an Beplankung und höheren Fahrwerk erkennbare Allroad-Variante.

Antritt wie ein Turbodiesel

Allzweckwaffe bleibt der Zweiliter-Turbodiesel, der bis auf drei Leistungsstufen aufmunitioniert wird. Wahlweise wird er mit 120, 143 und 177 PS angeboten. Der Verbrauch nach EU-Norm differiert zwischen 4,5 und 5,1 Liter je 100 km, wobei der letzte Wert die Ausführung mit Allradantrieb beschreibt. Wirklich bemerkenswert ist bei dem Modellwechsel aber diesmal ein Benziner: Der neue entwickelte 1,8 Liter-TFSI-Motor scheint die Vorzüge von Otto- und Dieselmotor auf ideale Weise zu verbinden. Für einen Aufpreis von 600 Euro gegenüber dem Vorgängermodell dieses Motors sind jetzt Diesel-ähnliche Leistungskennzahlen zu haben, die mit der Kultiviertheit und Laufruhe eines Benzinern verbunden sind. Schon ab 1400 Umdrehungen, also wenn die erste Berührung des Gashebels den Motor aus der Leerlaufbereitschaft weckt, werden volle 320 Newtonmeter Drehmoment entwickelt. Mit einer Nenndrehzahl von 3800 Umdrehungen ist die Kurbelwelle mit weniger Tempo als beim Zweiliter-Diesel unterwegs (4200 U/min) und dennoch werden 170 PS freigesetzt.

Die robust beplankte Allroad-Version gibt es als Diesel ab 177 PS und 39.850 Euro.

Die robust beplankte Allroad-Version gibt es als Diesel ab 177 PS und 39.850 Euro.

(Foto: n-tv.de/Busse)

Das bedeutet in der Praxis einen kräftigen Antritt, einen langen Atem, niedrige Geräuschkulisse und überschaubaren Spritkonsum. Besonders stolz ist man beim Hersteller auf die Tatsache, dass der Motor trotz Leistungssteigerung um 10 PS insgesamt 18 Prozent weniger Treibstoff verbraucht. Auf dem Prüfstand wurden 5,7 Liter Super ermittelt, was in Relation zum Leergewicht von 1505 Kilogramm und einer Spitzengeschwindigkeit von 230 km/h ein sehr respektabler Wert ist. Der Wagen ist mit manuellem Sechsgang- oder stufenlosem Multitronic-Getriebe und ab 30.900 Euro zu haben.

Auch die Lenkung spart Sprit

Wer lieber zügiger unterwegs und den dafür notwendigen Zuschlag zu entrichten bereit ist, kann zum S4 greifen, der vom Spaßfaktor her wie erwartet alle anderen Modelle in den Schatten stellt. Der drei Liter große Sechszylinder erhält seine Gemischaufbereitung ebenfalls per Turbolader und Direkteinspritzung, wobei am Ende 333 PS heraus kommen. Die Vorzüge der elektro-mechanischen Lenkung testet man am besten auf Straßen aus, wie sie in Harz oder Eifel anzutreffen sind. Sie lässt an Rückmeldung von der Straße und Präzision nichts zu wünschen übrig, arbeitetet aber effizienter als die früher verwendeten hydraulischen Systeme, weil sie im Geradeauslauf keine Energie kostet. Mit 0,3 Litern Ersparnis hat Audi die Auswirkung auf den Durchschnittsverbrauch berechnet. In der Endabrechnung kommt das Topmodell auf 8,1 Liter je 100 Kilometer und kostet mindestens 54.900 Euro in der Anschaffung.

Aufgeräumt und funktional: Das Audi-Interieur dient wegen seiner Perfektion vielen Herstellern als Vorbild.

Aufgeräumt und funktional: Das Audi-Interieur dient wegen seiner Perfektion vielen Herstellern als Vorbild.

(Foto: Audi)

Dass alle 23 angebotenen Motor- und Getriebekombinationen über ein Start-Stopp-System verfügen, das mit etwa 0,2 Litern den Durchschnittsverbrauch verbessert, versteht sich inzwischen von selbst. Chromapplikationen, eine vergrößerte Auswahl an (nicht eben preiswerten) Innendekors, in Nuancen verbesserter Bedienkomfort und zusätzliche Assistenzsysteme ergänzen das Angebot. Die seinerzeit von Mercedes eingeführte Kaffeetasse als Display-Symbol für die Pausenempfehlung findet sich nunmehr auch im Audi wieder. Wer will, kann seinen A4 zum rollenden Internet-Hotspot aufrüsten. Bis zu acht Endgeräte lassen sich dann zum Web-Surfen während der Fahrt nutzen.

Quelle: ntv.de

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