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BMW mit Allrad in der Luxusklasse Ein Siebener als Klettermaxe

Kletterkünstler: BMW zieht in der Luxusklasse mit einem Allradantrieb nach.

Kletterkünstler: BMW zieht in der Luxusklasse mit einem Allradantrieb nach.

(Foto: BMW)

Der Fahrer des dunklen 7ers bremst da, wo man eigentlich nicht anhalten sollte. Die Rampe erhebt sich mit einem Anstieg von 20 Prozent, obendrein ist der Belag nass und unter der linken Fahrzeugseite ganz besonders rutschig. Ein Mann oben am Ende der Auffahrt rudert heftig mit den Armen: "Los jetzt!"

Bei abgeschalteten Fahrstabilitäts-Systemen erfordert der Hecktriebler auf der Nassfläche den ganzen Einsatz des Fahrers

Bei abgeschalteten Fahrstabilitäts-Systemen erfordert der Hecktriebler auf der Nassfläche den ganzen Einsatz des Fahrers

(Foto: BMW)

Der Motor heult auf, einzelne Räder drehen kurz durch, es rattert ein wenig, och im Nu rollen sie kontrolliert bergan. Die schwere Limousine beschleunigt, zieht schnurgerade den Berg hinauf, das Vergleichsfahrzeug wenige Meter daneben bleibt zurück. So hatte Christian Billig, der das Signal zum Losfahren gab, sich das vorgestellt. Er und seine Kollegen von der Fahrwerksentwicklung wollen überzeugend demonstrieren, was der neue Allradantrieb kann. Vor allem auf einer Fläche, die ungefähr so rutschig ist, wie das Eis eines zugefrorenen Sees.

So glatt wie ein zugefrorener See

"Reibwert" ist der Begriff, der Oberflächen für Testfahrten vergleichbar macht. Natürlich gefrorenes Eis eines Gewässers hat gewöhnlich einen Reibwert von 0,15 bis 0,2 – ein Wert, der schon für Fußgänger ein gewisses Verletzungsrisiko birgt. 0,15 haben auch die bewässerten Glasbausteine, die am Steigungshügel des Testgeländes verbaut sind. Der 750i in Langversion, der mit je einem Vorder- und einem Hinterrad auf Glas und mit den anderen beiden auf trockenem Beton steht, verteilt in Sekundenbruchteilen so raffiniert seine Motorkraft zwischen Vorder- und Hinterachse, dass genügend Grip entsteht, um den rund zwei Tonnen schweren Wagen den Hang hochzuschieben.

Für die Motorjournalisten, die erstmals den künftigen xDrive-Siebener bewegen dürfen, haben sich die BMW-Experten noch weitere Kunstückchen ausgedacht. Ein aus wenigen Geraden und vielen engen Kurven bestehender Handling-Kurs wird gezielt unter Wasser gesetzt und mit verschiedenen Geschwindigkeiten durchfahren. Vergleichsauto ist ein 7er in herkömmlicher Heckantriebs-Bauweise. Der verfügt bekanntlich auch schon über ein ganzes Bündel elektronischer Fahrhilfen, die es dem Menschen am Lenkrad erleichtern sollen, das Fünfmeter-Schiff auch bei widrigen Bedingungen im Zaum zu halten.

Zwanzig Prozent Steigung und geringer Reibwert fordern den Allradantrieb heraus.

Zwanzig Prozent Steigung und geringer Reibwert fordern den Allradantrieb heraus.

(Foto: BMW)

Wo die Grenzen dieser Technologien gezogen sind, lässt sich unter den Laborbedingungen des Testgeländes in Miramas leicht erfahren. Eine Idee mehr Gas, und das Heck bricht aus. Erfahrene Piloten fangen es durch Gegenlenken wieder ein. Oder der Wagen untersteuert stark, das heißt, er schiebt über die Vorderachse zum Kurvenaußenrand und folgt nicht dem Lenkeinschlag. Entsteht durch eine trocken gebliebene Stelle auf dem Asphalt wieder etwas Grip an der Vorderachse, folgt die Limousine mit einem kräftigen Ruck in Richtung Lenkradstellung.

Erstaunlich leichtfüßig und handlich

Nicht so die Allradversion. Wo im Normalfall 60 Prozent des Antriebsmoments an die Hinterachse und 40 Prozent nach vorne geleitet werden, rollt der Wagen mit elektronischer Kraftverteilung geschmeidig und auf dem gewünschten Weg durch die Kehre. Selbst mit abgeschalteter Traktions- und Schleuderkontrolle ESP ist die Vorstellung noch deutlich stabiler als beim Fahrzeug mit Heckantrieb. Obwohl mangels Bauraum der Allrad-Siebener nicht gleichzeitig mit der in anderen Modellen als Sonderausstattung verfügbaren Aktiv-Lenkung angeboten werden kann, fühlt er sich der Kurvenstrecke erstaunlich leichtfüßig und handlich an.

Für BMW wird es höchste Zeit, ein Fahrzeug ihrer Top-Baureihe mit Allradantrieb anzubieten. Nicht nur Audi, die ihre drehmomentstarken Diesel- und Benzinmodelle des A8 ausschließlich mit Quattro-Antrieb ausstatten, sondern auch Mercedes hat seit gut einem Jahr einen S 500 4-Matic im Programm. Der Exot unter den Luxuslinern, der japanische Lexus LS 600 h, hat ebenfalls Allradantrieb. Bei BMW werden zunächst die 750er-Modelle mit normalem und langem Radstand als "xDrive"-Variante auf den Markt kommen, bei entsprechender Nachfrage ist auch ein 740er möglich. Vor allem für den US-Markt, aber auch für Skandinavien und die Alpenländer, sagt ein BMW-Sprecher, sei die Allradversion unverzichtbar.

Außer dem 7er mit xDrive, der ab 96.800 Euro in den Handel kommt, plant BMW zum Herbst noch weitere Neuerungen für die Modellreihe. Beispielsweise wird das Modell 740d mit einem doppelt aufgeladenen Reihensechszylinder zu haben sein, der 306 PS leistet. Der BMW 740d beschleunigt in 6,3 Sekunden von Null auf 100 km/h, seine Höchstgeschwindigkeit wird elektronisch auf 250 km/h begrenzt. Der nach EU-Norm ermittelte Verbrauch soll nicht mehr als 6,9 Litern je 100 Kilometer betragen.

Es geht nicht ohne Zwölfzylinder

Die neue Antriebseinheit erreicht ein maximales Drehmoment von 600 Newtonmetern, das zwischen 1 500 und 2 500 Umdrehungen anliegt. Das ist der gleiche Wert, den der ebenfalls im Herbst auf den Markt kommende Zwölfzylinder-Benziner im 760i aufweist. Allerdings braucht der Otto-Direkteinspritzer dafür fast 4000 Umdrehungen. Die Zahlen sprechen also für den auch im Verbrauch ungefähr nur halb so durstigen Diesel. BMW kann und will aus Imagegründen aber nicht auf einen Zwölfzylinder verzichten. Märkte wie China, Russland und der arabische Raum erfordern diese Präsenz im Top-Segment.

Schließlich soll ab September den Bedürfnissen einer Kundschaft besser entsprochen werden, die dynamische Fahrmöglichkeiten auch in einer entsprechenden Optik dokumentieren will. Das M Sportpaket wird erstmal in der 7er-Reihe angeboten und setzt im Exterieur und Interieur der Limousine markante Akzente. Es umfasst ein Aerodynamikpaket sowie zusätzliche Chromzierelemente für die spezifisch gestalteten Front- und Heckschürzen sowie beleuchtete M Einstiegsleisten. In Kombination mit dem M Sportpaket ist eine exklusive Lackierung in der Variante Carbonschwarz metallic erhältlich. Abgerundet wird das dynamische Erscheinungsbild durch 19 Zoll große M Leichtmetallräder optional sind auch 20 Zoll große M Leichtmetallräder im Doppelspeichendesign.

Quelle: ntv.de

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