Auto

Audi quattro concept Geschichte galant und rasant

Eine Reminiszenz an den Ur-Quattro ist die Gestalt des Showcars. Eine mögliche Serienproduktion ist aber noch ungewiss.

Eine Reminiszenz an den Ur-Quattro ist die Gestalt des Showcars. Eine mögliche Serienproduktion ist aber noch ungewiss.

Auf dem Autosalon in Paris war der Audi Quattro Concept einer der Stars. Jetzt gibt es einen fahrbereiten Prototypen. n-tv.de ware auf Probefahrt in einem sündhaft teuren Einzelstück.

Die Angebetete genießt das Werben, aber "ja" zu sagen, ziert sie sich noch: Die Quattro GmbH, Audis Speziallabor für alles Schöne und Schnelle, mag noch nicht bestätigen, dass aus der Studie Quattro Concept ein Serienfahrzeug wird. Alles andere aber wäre ein Fehler.

Der 4,28 Meter kurze Zweitürer sieht nicht nur hinreißend aus, er spannt auch gekonnt den Bogen über 30 Jahre Quattro-Geschichte, die dieses Jahr zu begehen sind. Leute wie Stephan Reil feiern Geburtstage eben etwas anders. Statt sich mit Sekt und Knabbereien in den Partykeller zu verabschieden, brüteten der Chefentwickler der Quattro GmbH sowie eine Handvoll Ingenieure und Designer an den Reißbrettern, wie man wohl den Mythos des Ur-Quattro in die heutige Zeit übersetzen könnte.

Autogramm von Walter Röhrl

Das Audi-Teilelager bot genügend Spielmaterial: Die Basis des RS 5, mal eben um 150 Millimeter verkürzt, dazu der aufgeladene Fünfzylinder des TT-RS kombiniert mit dem manuellen Getriebe des S5 waren schnell gefunden, aber damit fing die Arbeit erst richtig an. Styling-Zitate des Sport Quattro von 1984 sollten das Gefährt authentisch machen – was nach Ansicht zweier über jeden Zweifel erhabener Experten auch gelungen ist: Walter Röhrl und Christian Geistdörfer, das Rallye- und Weltmeister-Dreamteam der frühen 80er Jahre, haben dem Quattro Concept per Signatur auf dem Türschweller den Ritterschlag erteilt.

"7:30 muss sein": Chefentwickler Stephan Reil setzt sich mit dem Audi Quattro Concept hohe Ziele.

"7:30 muss sein": Chefentwickler Stephan Reil setzt sich mit dem Audi Quattro Concept hohe Ziele.

Gefahren sind die Rallye-Renter ihn noch nicht, aber Stephan Reil hat genaue Vorstellungen davon, was ein etwaiges Serienauto können soll: "Eine Zeit um 7:30 auf der Nordschleife, das ist die Zielgröße", sagt er, "vielleicht siebenfünfunddreißig, aber die sieben muss stehen". Zum Vergleich: Als die Formel 1 ihre Präsenz auf dem alten Eifelkurs beendete, waren dies übliche Rundenzeiten.

Kühle Eleganz

Der mächtige schwarze Grill gähnt wie ein zahnloser Haifischschlund, er wird von schmalen Glasschlitzen begrenzt, hinter denen die LED-Scheinwerfer auf ihren Einsatz warten. Um das Thema Leichtbau auch für den flüchtigen Betrachter klar zu definieren, sind die Audi-Ringe auf den Hauben vorn und hinten in Karbon ausgeführt. Die so genannte Tornado-Linie an der Seite ist so prägnant ausmodelliert, dass sie einen weiten Schatten nach unten wirft. Ausgestellte Kotflügel, ein einzelner Luftschlitz auf der Beifahrerseite der Fronthaube, der Winkel der C-Säule und die millimetergenau darunter eingepasste Tankklappe – alles Reminiszenzen an das Rennauto von 1984.

Der Prototyp ist (noch) kein Fall für die Polizei.

Der Prototyp ist (noch) kein Fall für die Polizei.

Drinnen herrscht die kühle Eleganz einer Fitness-Lounge. Asketische Karbonschalen sind mit feinem italienischen Leder bezogen. Damit die gegerbte Tierhaut des Unikats auch künftig auf Messen vorzeigbar bleibt, wird grundsätzlich mit Schonbezug gefahren. Ebenfalls in Leder gehüllt und so minimalistisch wie eine Schleiflack-Kommode ist das Armaturenbrett. Wo andernorts ein reichliches Angebot an Schaltern, Knöpfen, Reglern und Tasten technische Kompetenz vorgaukelt, regiert beim Audi die Schlichtheit. Nur die Monitormulde, in der von den Fahrdaten bis zum persönlichen Adressbuch vielfältige Informationen visualisiert werden können, umgeben wenige Tasten, die von Lenkrad aus mit den Fingerspritzen erreicht werden können.

Motor aus dem TT RS

Gespreizt und wie in Elle und Speiche geteilt ist der Schalthebel, ein Detail, dass spielerisch das Thema der Gewichtsreduktion symbolisiert. Dank der vielen Leichtbaumaterialien und dem Verzicht auf so überflüssige Ausstattungsmerkmale wie Rückbank reicht der Zeigerausschlag der Waage nur bis 1300 Kilogramm - "exakt so viel wie der Sport-Quattro", ruft Stephan Reil in Erinnerung. Das Getriebe schaltet weich und präzise, der Knauf könnte aber des sportlichen Eindrucks wegen ruhig noch etwas kürzer sein und knackiger einrasten.

Doch angesichts der geplanten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 300 km/h dürfte dieser Audi einer werden.

Doch angesichts der geplanten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 300 km/h dürfte dieser Audi einer werden.

Der Sparsamkeit glattes Gegenteil wurde bei der Motorbearbeitung zelebriert. Ein üppiger Leistungszuwachs von 68 PS kennzeichnet den ehemaligen TT-RS-Motor, wo nunmehr in 2,5 Litern Hubraum 408 PS zubereitet werden. Um dem historischen Aufbau nahe zu kommen, erfolgte der Einbau nicht quer zur Fahrtrichtung wie beim Ausgangsmodell, sondern längs wie beim Rallye-Vorbild. Auch rohe Gewalt musste das Aggregat hinnehmen, um nicht zum Störfall für die harmonisch-dynamischen Linien der Außenhaut zu werden: Dem Lüftergehäuse wurde im vorderen Teil ein Stück abgesägt und es von Hand wieder zugeschweißt, damit es unter der Haube Platz hat. "Für die Luftzufuhr ist das natürlich nicht ideal", gibt Reil zu.

Motor ragt über die Vorderachse

Geschadet hat es aber offenbar auch nicht, denn hungrig hängt der auf 20-Zoll-Felgen rollende Konzeptauto am Gas, faucht energisch auf, wenn der rechte Fuß sich ein paar Grad Richtung Bodenblech neigt. Ein fetter Motorsound, rotzig und kraftvoll, untermalt das Geschehen, wenn der Turbolader drückt und der Allradantrieb schiebt. Selbst im Leerlauf klingt der Motor wie eine permanente Drohgebärde. Da die glatten Oberflächen der Innnenraum-Möblierung kaum Schall schlucken, finden Verbrennungs- und Auspuffgeräusch in der Kabine einen kathedralenhaften Widerhall. Ein dynamisches Fahrerlebnis wird erst mit einer angemessenen Akustik so richtig überzeugend, deshalb ist die Verstärkung des Geräuschs durchaus willkommen. Draußen, neben dem Auto, hört sich der laufende Motor vergleichsweise zahm an.

Ebenso leichtfüßig wie geschmeidig wieselt der Quattro Concept das gewundene Asphaltband des Decker Canyons hinauf. Was ein handgeschraubtes Einzelstück vom tausendfach getesteten und ausgewogenen Serienauto unterscheidet, wir hier offenbar. Enge Kurven verkraftet es noch nicht, bei zuviel Lenkeinschlag radiert das Gummi an den Lüftungsleitungen. Was aber auffällt, und das darf beim Serienauto gern so bleiben, ist die elfenhafte Leichtigkeit, mit der das Lenkrad seine Richtungsbefehle messerscharf auf die Räder überträgt. Schließlich ragt der Motor weit über die Vorderachse hinaus, was für die Verteilung der der Lasten auf Vorder- und Hinterräder alles andere als ideal ist.

Ein paar Meilen im geschützten Biotop eines freigeräumten Highways sind für nachhaltige Fahreindrücke arg wenig. Aber es lässt sich ahnen, was in diesem Fahrzeug steckt, würde es konsequent zu Ende entwickelt und optimiert. Es würde Technik-Enthusiasten und desginverliebte Schöngeister gleichermaßen.begeistern, eine rezeptfreie Droge gegen Elektro-Depression. Auf Apothekenpreise kann man sich schon mal einstellen, denn ein Massenmedikament wird es sicher nicht. Von mindestens 150.000 Euro ist die Rede.

Quelle: ntv.de

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