Klasse und Charme an der Steckdose Panamera S E-Hybrid macht Fahrer sanft
23.11.2013, 21:16 Uhr
Als erstes Modell in seinem Segment fährt der Panamera dank Plug-in-Hybridtechnik mit voll aufgeladener Batterie 18 bis 36 Kilometer lokal emissionsfrei.
Eine moderne Luxus-Limousine an der Steckdose tanken? Die Zuffenhausener Sportwagenfirma sieht sich seit dem Lohner-Porsche von 1899 als Hybrid-Pionier. Und tatsächlich zeigt der Panamera S E-Hybrid von heute ein neues Porsche-Gefühl, wie der n-tv.de-Praxistest zeigte.
Der Panamera S E-Hybrid ist der erste Porsche, der eine nennenswerte Entfernung vollkommen abgasfrei, nahezu geräuschlos zurücklegen und obendrein an der Steckdose wieder aufgeladen werden kann. Aber ist er auch ein Umweltengel, der sportliches Fahren mit Schonung der Ressourcen verknüpft oder gar ein Sparmeister, der mit geringem Verbrauch für hohe Anschaffungskosten entschädigt?
Schon die konventionell angetriebenen Versionen der coupéhaft gestalteten Limousine haben die in sie gesetzten Erwartungen deutlich übertroffen. Selbst in Deutschland, was nach den USA und China nur noch der drittgrößte Absatzmarkt für Porsche ist, liegen die Zulassungszahlen weit vor denen des VW-Phaeton und nah bei denen des Audi A8. Er hat sich also zwischen den Premium-Limousinen etabliert. Zwölf verschiedene Modellvarianten werden inzwischen vom Panamera angeboten, die technisch anspruchsvollste ist der Plug-In-Hybrid.
Der Panamera-Hybrid profitiert von den Bestimmungen des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ). Die entscheidende Kenngröße ist dort der Spritverbrauch je 100 Kilometer Strecke. Die Messmethode stammt aus einer Zeit, da sich niemand vorstellen konnte, dass ein Porsche 36 Kilometer mit null Verbrauch zurücklegen kann. Die per Batterie gefahrenen Kilometer fließen aber in die Gesamtrechnung mit ein und so kommt ein Prospektwert von 3,1 Liter/100 km zustande.
Animierte Grafiken als Spar-Helfer
Auf dem Prüfstand verhalten sich Automobile bekanntlich anders als im Alltag. Das gilt für den Panamera-Hybrid. Aber auch der Fahrer verhält sich anders. Der Reiz, mit geringstmöglichem Energieeinsatz viele Kilometer zurückzulegen, ist größer, als der rasant ums Eck zu jagen. Porschefahren ist nicht mehr Porschefahren, wenn man diese rollende Business-Lounge von der Steckdose genommen hat. Deshalb hält sich dieser Test auch nicht mit Komfortniveau oder Verarbeitungsqualität auf, die bei dem Zuffenhausener Produkt bekannte Größen sind, sondern will entdecken, wie sich der Strom-Panamera auf dem Weg zum Bäcker oder beim Ausflug am Wochenende bewährt.
Der Drehzahlmesser als zentrales Rundinstrument ist ein vertrautes Porsche-Merkmal, ringsum sind aber neue Informationsquellen installiert. Der Zeiger, der nach Aktivieren der Zündung auf "Ready" steht, gibt Auskunft über den momentanen Einsatz von Energie und das Maß ihrer Rückgewinnung. Eine animierte Grafik rechts neben dem Drehzahlmesser zeigt elektrische Reichweite oder den jeweiligen Energiefluss, zum Beispiel von den Rädern zur Batterie ("Rekuperation") oder vom Verbrennungsmotor zu Rädern und Akku ("Charge"). Schnell lernt man, dass sanftes Bremsen mehr einbringt, als kurz und heftig aufs Pedal zu treten, denn dann wird die kinetische Energie überwiegend in Strom umgesetzt statt in Wärme wie bei der Vollbremsung.
Die Batterieanzeige meldet volle Ladung, doch die errechnete Reichweite gibt das Display nur mit 20 Kilometern an. Für den Weg zur Post, zum Getränkemarkt und zum Gartengrundstück reicht das. Dort schnell das Verlängerungskabel ausgerollt und ran an die Steckdose. Für die Verbindung sorgt ein mitgeliefertes Ladeset, das inklusive Kabel rund vier Kilo wiegt und in einer 40 x 50 Zentimeter großen Tasche im Kofferraum aufbewahrt wird. Der ist, das gehört zu den verlangten Kompromissen, rund 110 Liter kleiner als der des Vergleichsmodells Panamera S.
100 Kilometer für 4 Euro - theoretisch
Die 220-Volt-Spannung füllt nur langsam die Batterie. Für den Rückweg sind binnen einer Lade-Stunde lediglich sechs zusätzliche Kilometer Reichweite gewonnen. Immerhin sind es Kilometer zum Vorzugspreis. Auf der Basis des von Porsche genannten Stromverbrauchs und einem angenommenen Preis von 25 Cent/kWh würde jeder Kilometer etwa vier Cent kosten. Bei Zugrundelegung des ermittelten Testverbrauchs von 8,7 Litern Super je 100 Kilometer und einem Durchschnittspreis von 1,50 Euro/Liter sind es immerhin 13 Cent für die Norm-Distanz.
Als weitere Motivation zum Sparen ist wohl die Anzeige der "Zero-Emission"-Zeit anzusehen, die man auf dem Navigationsmonitor abrufen kann. In Gestalt von grünen Balken wird die Dauer des abgasfreien Betriebs visualisiert. In der Praxis kann die "grüne" Zeit während einer längeren Fahrt durchaus ein Drittel bis zur Hälfte der Gesamtdauer ausmachen – Balsam für das Umweltgewissen. Doch die Sache hat einen Schönheitsfehler: Immer wenn der Verbrennungsmotor ruht, wächst der grüne Balken - auch im Stand. Voraussetzung ist lediglich, dass das Fahrzeug betriebsbereit ("Ready") ist.
Die Abstimmung zwischen den Antriebsarten hat Porsche inzwischen optimiert. Nur ganz unterschwellig ist manchmal ein zartes Ruckeln zu spüren, wenn die Steuerungselektronik nicht ganz sicher zu sein scheint, ob nun Elektro- oder Verbrennungsmotor das Sagen haben sollen. In der Übergangsphase vom Bremsen zum Stillstand ist zuweilen ein leichtes Nachschwingen der Karosserie zu spüren. Diese marginalen Abweichungen vom Gewohnten sind alles, was das Fahrerlebnis vom "normalen" Panamera unterscheidet.
Bewusstes Fahren statt Bleifuß
Anders fahren heißt nicht nur vorausschauend, sondern auch bewusst fahren. Muss die Klimaanlage wirklich laufen? Ein sanfter Luftstrom vom Schiebedach tut’s auch. Aber ab 80 km/h bitte schließen, denn ab diesem Tempo erfordert der Luftwiderstand den größten Energieeinsatz zur Fortbewegung. Höre ich überhaupt zu, was da im Radio dudelt? Stromsparen wird zum Sport, denn Sparsamkeit bringt elektrische Reichweite. Auch der Rollwiderstand ließe sich optimieren, aber möchte man sich wirklich einen Porsche mit 185er statt mit 245er-Reifen vorstellen? Abgesehen davon gäbe es sicher Probleme, einen Zweitonner dieses Dynamikpotenzials mit schmalen Pneus auf der Straße zu halten.
Der Ausflug auf die Autobahn ist ambivalent. Schön, wenn die Tachonadel die "200" passiert, der Sechszylinder den Langstrecken-Sportler mit deftigem Sound nach vorne treibt und der Vorausfahrende respektvoll die linke Spur räumt. Schöner, wenn bei 130 km/h die Drehzahl auf null sinkt, der Luxusdampfer zum Segelschiff wird und der grüne Balken zu wachsen beginnt. Am schönsten, wenn man nach Passieren des nächsten Ortsschilds mit leisem Summen staunende Passanten erfreut.
Viel zu staunen werden die deutschen Fußgänger künftig wohl nicht haben. Der E-Hybrid wird hierzulande aller Voraussicht nach eine Randerscheinung bleiben, so wie es auch die Hybride von Mercedes, Audi, BMW oder Volkswagen sind. Kräftige, saubere Diesel sind hierzulande begehrter. Interne Konkurrenz kommt hinzu: Ein Panamera S ist schneller, leichter, hat mehr Kofferraum und kostet rund 9000 Euro weniger.
Fazit: Nicht nur bekannte Klasse, auch unerwarteter Charme wohnt dem E-Hybrid inne: Auf der Kurzstrecke fährt er umweltverträglicher als mancher Kleinwagen. Nennenswerter Erfolg dürfte ihm jedoch nur außerhalb Europas beschieden sein, wo man keine Selbstzünder mag oder die Emissions-Vorschriften strenger sind. Das Plug-In-Konzept ist schlüssig und zukunftsweisend, doch an den Schwächen der aktuell verfügbaren Stromspeicher-Technik kann selbst die im Hause Porsche versammelte Entwicklungs-Kompetenz nichts ändern.
DATENBLATT | Porsche Panamera S E-Hybrid |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 5,02 / 1,93 / 1,42 m |
Leergewicht (DIN) | 2095 kg |
Sitzplätze | 4 |
Ladevolumen | 335 / 1153 Liter |
Motor | V6 mit 2995 ccm Hubraum und Kompressoraufladung |
Getriebe | 8-Gang automatisch |
Leistung | 245 kW/333 PS |
Leistung E-Motor | 70 kW/ 95 PS |
Kraftstoffart | Super plus |
Antrieb | Heckantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 270 km/h |
max. Drehmoment | 440 Nm bei 5500 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 5,5 Sek |
Stromverbrauch | 16,2 kWh / 100 km |
Testverbrauch | 8,7 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 71 g/km |
Tankinhalt | 80 Liter |
Grundpreis | 110.409,00 Euro |
Preis des Testwagens | 148.459,21 Euro |
Quelle: ntv.de