Mit 310 km/h zur Unfallstelle Polizei im Sportwagen
10.02.2009, 11:00 UhrImmer häufiger wird lupenreinen Sportwagen die Ehre zuteil, offizielle Amtsträger eines Landes bei der Ausübung ihres Dienstes zu unterstützen. Vor kurzem hat Lamborghini das neueste Modell eines Gallardo Coups an die italienische Polizei übergeben.
Dass Dienstwagen von Staatsoberhäuptern oder Regierungschefs von den Spitzenprodukten der jeweiligen Pkw-Produktion eines Landes dargestellt werden, gilt als normal. Immer häufiger jedoch wird lupenreinen Sportwagen die Ehre zuteil, offizielle Amtsträger eines Landes bei der Ausübung ihres Dienstes zu unterstützen. Vor kurzem hat Lamborghini das neueste Modell eines Gallardo Coups an die italienische Polizei übergeben.

Die vier italienischen Polizisten gehören zu den Privilegierten, ...
E 45, Adria-Autobahn, irgendwo zwischen Bologna und Rimini: Keinen Meter geht es mehr vorwärts. Beide Spuren sind dicht, Schlangen frustrierter Autofahrer, gelegentliches Hupen, das bekannte Bild. Da schießt mit Höllentempo und auf dem Standstreifen ein Sportwagen vorbei. Ein Lebensmüder, ein Vekehrsrowdy übelster Sorte? Keines von beiden. Der Mann heißt Marco Biagetti, ist Polizist und auf dem Weg zu der Unfallstelle, die den Stau verursacht hat. "310" sagt er mit verstohlenem Blick, als er nach der höchsten Geschwindigkeit gefragt wird, die er je im Einsatz gefahren ist.
Mit einem normalen Polizeiauto geht das natürlich nicht, aber Marco Biagetti und seine Kollegen fahren ja auch keinen normalen Streifenwagen. Sie gehören zu den Privilegierten, die einen Lamborghini zum Dienstwagen haben. Einen Gallardo, um genau zu sein. Zehn Zylinder, Allradantrieb, mehr als 500 PS und - Blaulicht auf dem Dach. Drei Polizia-Gallardos gibt es in Italien, außer dem neuen LP 560 noch zwei vom Vorgänger-Modell.
Paradies für PS-Protze
"Die Zahl der Tempoverstöße ist spürbar zurückgegangen, seit wir das Fahrzeug im Einsatz haben", sagt Spettore Superiore Roberto Lezzi, dessen Dienstgrad sich etwa mit Oberinspektor übersetzen lässt. Mit einem Beamten la Derrick hat Lezzi aber so gar nichts gemein. Mit seinen kniehohen Siefeln, den pluderig darüber gewölbten Hosen mit roter Seitennaht und der Dienstwaffe, die statt im Holster in rechten Stiefelschaft steckt, erinnert er eher an einen modernen Vertreter der Kavallerie. "Pferdchen" hätte er jedenfalls genug dafür ..
Die Autobahn zwischen Bologna und der Adria ist verführerisch - vor allem für die Besitzer schneller Autos. Rund 150 Kilometer schnurgerade, teils dreispurig, ein Paradies für PS-Protze. Warum er denn nicht früher angehalten habe, will Lezzi von dem Porsche-Fahrer wissen, den er nach halbstündiger Verfolgungsfahrt gestellt hat. Er hätte doch die Polizeilackierung und das Einsatzsignal erkennen müssen. "Ich habe nicht geglaubt, dass Ihr mich kriegt", soll er gesagt haben. In einer 80er-Zone war er mit 150 unterwegs.
Italien, Lamborghini, Polizei - manch könnte eine Macho-Spielwiese vermuten, doch so einfach ist das nicht: Commissario Capo Maria Nicoletta hat hier die Hosen an, auch beim Pressetermin auf dem Parkplatz in der Nähe von Pesaro. Die bildhübsche Polizistin würde man eher auf einem Pirelli-Kalender vermuten, als in einem Streifenwagen. Sie fährt ebenso wie ihre männlichen Kollegen die Einsätze mit, hält auch mal die Kelle aus dem Seitenfenster, wenn es sein muss.
Auch als Werbeträger unterwegs
Genauso wie das Fahrzeug sind auch die Beamten in den normalen Dienstprozess eingebunden. Sie stellen weder eine Sondereinheit der Polizia Stradale dar, noch werden sie nur für bestimmte Aufgaben eingesetzt. Aber von den meisten, sagt Agente Secto Biagetti, wird schon als eine "Auszeichnung" empfunden, gerade mit diesem Wagen auf Streife fahren zu dürfen. Die ganze Familie sei stolz auf sie, sagt Maria Nicoletta
Der Lamborghini hat außer der typischen Polizeilackierung auch eine Rundumleuchte, die speziell für das Fahrzeug entwickelt wurde. Sehr flach, sehr klein und sehr windschnittig. Im Innern gibt es außer einer Videokamera für die Aufzeichnung von Verkehrsverstößen auch einen Drucker sowie einen Defillibrator, mit dem bei Unfallopfern der Herzrhythmus normalisiert werden kann. Der Gallardo wird mitunter auch für den schnellen Transport von Spenderorganen eingesetzt, wenn zum Beispiel Hubschrauber nicht verfügbar sind oder nicht starten können.
Dass der Wagen auch als Werbeträger für den Hersteller unterwegs ist, wird in Kauf genommen. Auch in Deutschland ist die Idee schon einmal ausprobiert worden. Der einmillionste Porsche, der vom Band lief, erschien in der Öffentlichkeit als Streifenwagen der baden-württenbergischen Autobahnpolizei. Der Sohn der Firmengründers, Ferry Porsche übergab ihn im Juli 1996 selbst an die Behörde.
Effektive Waffe
Auch englische Polizisten sind seit einigen Jahren mit Sportwagen unterwegs. Die Polizei von South Yorkshire in England kann jetzt einen Mitsubishi Lancer Evolution X für die Verbrecherjagd einsetzen. Der Evolution X komplettiert eine Mitsubishi-Flotte der Polizei, die bereits über Modelle Lancer Evolution VIII und IX verfügt
Die britischen Beamten wissen das 295 PS starke Allradfahrzeug wohl zu schätzen: "Exzellente Fahreigenschaften, verbunden mit der ureigenen Dynamik des Mitsubishi machen ihn zu einer effektiven Waffe bei der Verbrechensbekämpfung", erläutert der Chef der Straßen-Überwachungseinheit South Yorkshire, Inspektor Slack. Der Wagen hat ein automatisches Kennzeichen-Erkennungssystem, was den Beamten die Identifizierung von beobachteten Autos während der Fahrt erlaubt.
Hin und wieder treffen die italienischen Polizisten auch auf Verkehrssünder, die die Tatsache, von einem Lamborghini angehalten zu werden, nicht ganz ernst nehmen. Mancher wähnt sich in einer TV-Sendung la "Versteckte Kamera". Wenn es zur Kasse geht, kommen aber alle wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Besatzung des Gallardo hat im Fernsehen andere Vorlieben. Manchmal gucken sie gemeinsam die italienische Ausgabe einer deutschen Serie: "Alarm für Cobra 11".
Quelle: ntv.de