Vergleich Porsche gegen Corvette Die Schöne und das Biest
13.10.2008, 10:27 UhrWas den 911 GT 2 und die Corvette Z06 vergleichbar macht, sind Zahlen. Mehr als 300 km/h schnell, weniger als vier Sekunden von Null auf hundert und jeder ein Drehmoment, das einem Lkw alle Ehre machen würde. Es sind Zweisitzer, Hecktriebler und sie sehen verwegen aus.
Spannend wird dieser Vergleich aber nicht durch die Ähnlichkeiten, sondern durch die Unterschiede. Diese Fahrzeuge stehen für entgegen gesetzte Konzepte bei dem Versuch, den perfekten Sportwagen zu bauen. Der Siebenliter-V8-Saugmotor der schönen Corvette fordert den biestigen 3,6-Liter-Doppel-Turbo des Porsche heraus, die kompromisslose Unterordnung des Komforts unter die Performance steht gehen die Absicht, Rundstreckentauglichkeit mit Reisekomfort zu versöhnen.
Beachtlicher Preisunterschied gerechtfertigt?
Und es geht um die Frage: Ist es gerechtfertigt, dass der eine Supersportwagen fast doppelt so teuer ist wie der andere, der fast genauso viel Leistung, Top-Tempo und Prestige bietet? Porsche verlangt für seinen GT2 in Deutschland 189.496 Euro. Inklusive DVD-Navigation, Leder-Komplettausstattung und polierten Alufelgen ist die Corvette Z06 dagegen fast ein Schnäppchen. Testwagenpreis: 96.430 Euro. Was beide dafür bieten, ist die reichliche Verwendung von Aluminium, Kohlefaser, Titan und was allerfeinste Rennsport-Technik heute sonst noch so verbaut.
Damit der vermögende Porsche-Kunde nicht Gefahr läuft, sein High-Tech-Bolide werde mit einem gewöhnlichen 911-Turbo verwechselt, hat der GT 2 einen gewaltigen Heckspoiler bekommen. Der bringt bei 200 km/h gut 30 Kilogramm zusätzlichen Anpressdruck auf die Hinterachse. In den seltenen Fällen, da über 300 km/h gefahren werden kann, sind es sogar 70 Kilo. Die Corvette sieht dagegen fast harmlos aus, Kenner achten auf den Schriftzug "Z06" am vorderen Kotflügel und die breitere Spur hinten.
Karbonschalen und Hosenträgergurte im Porsche
Mit 1418 Kilogramm ist das US-Coup erstaunliche 97 Kilogramm leichter als der Porsche. Das verhilft ihm zu einem Leistungsgewicht von 2,77 Kilo je PS, während der GT 2 mit 2,85 kg/PS knapp den Kürzeren zieht. Schon beim Vergleich auf der Waage lohnt es sich, etwas genauer hin zu sehen: Ein mehr als 600 Liter großes Gepäckfach unter der Heckklappe relativiert sich schnell, wenn man, wie bei der Corvette, nur 232 Kilogramm zuladen darf. Der Porsche hat außer dem spärlichen Bugfach (105 Liter) zwar noch Stauraum hinter den Sitzen, darf aber auch 310 Kilo zusätzlich einpacken.
Im Innern des Porsches geht es gnadenlos sportlich zu. Dafür sorgt schon die Möblierung. Dort, wo andere Autos die Sitze haben, trägt er zwei ultraleichte Karbonschalen, die auch mit Sechspunkt-Hosenträgergurten ausgestattet werden können. Sie sind das optionale Mittel gegen Querbeschleunigung und bieten exzellenten Halt wenn sie passen. Zu breit gebaut sollte man nicht sein, auch nicht unterdurchschnittlich groß, denn Höhen- oder Neigungsverstellung fehlen.
Die Corvette unterstreicht ihre Alltagstauglichkeit durch elektrisch verstellbare Lederpolster, kann jedoch mit der Verarbeitungsqualität und der wertigen Anmutung des Porsche-Interieurs nicht mithalten. Head-Up-Display, Bose-Audiosystem und Zwei-Zonen-Klimaanlage vervollständigen ein umfangreiches Ausstattungspaket, für das keinerlei Aufpreis verlangt wird.
Freie Bahn erwünscht
Und wie fahren sich nun die PS-Monster, die ausschließlich mit Sechsgang-Handschaltung zu haben sind? Die brachiale Kraftentfaltung des GT2 fordert einen Lenker mit solider fahrerischer Grundausbildung. Die hecklastige Gewichtsverteilung (60:40) und die für regennasse Fahrbahn nur bedingt geeignete Cup-Bereifung erlauben maximale Ausnutzung der Leistung nur bei idealen äußeren Bedingungen.
Zu ihnen gehört eine freie Strecke. Dann lässt sich der Kick erleben, bei 240 km/h in den fünften Gang zurück zu schalten und einen Schub zu entfesseln, wie er energischer kaum sein kann. Oder man genießt die Präzision der feinfühligen Lenkung, die das Bremsen in Kurven oft überflüssig macht und das Auto wie an der Schnur gezogen ums Eck dirigiert. Gleichzeitig hüte man sich vor Stop-and-Go-Verkehr. Die Kupplung, die mit der Kraft von 25 Kilopond getreten sein will, kann das linke Bein schnell zu einem Fall für die Physiotherapie machen.
Diesen überbordenden Drang nach vorn hat die Z06 nicht zu bieten. Auch sie mobilisiert mehr als 600 Newtonmeter Drehmoment, der Achtzylinder braucht dafür aber mehr als doppelt sowie Umdrehungen wie der GT2 (4800: 2200). Die ausgewogene Gewichtsverteilung garantiert Freude an schnellen Kurven, das Erlebnis hat aber nicht die Unmittelbarkeit des GT2.
Unverhoffte Wärme im Kofferraum
Beim Sprint von Null auf Hundert braucht man nicht zu schalten (ebenso wie der Porsche 3,7 Sekunden), aber der Reiz des Amerikaners liegt eher in der Gelassenheit, die Herausforderung des anderen abzuwarten. Wer gern und viel die Gänge wechselt, braucht die Kupplung nicht zu fürchten und kann sich über einen fett bollernden V8-Sound freuen.
Nicht nur der Auspuff, auch das Getriebe liegt unter dem Ladeboden der Corvette. Daher ist es nicht empfehlenswert, dort leicht verderbliche Ware zu transportieren der Teppich erwärmt sich schon mal bis über 40 Grad Celsius. In der Umweltwertung sah die Corvette bei diesem Vergleich nicht so alt aus, wie es der riesige Motor vermuten lassen würde. Für die gemeinsamen rund 600 Testkilometer brauchte die Z06 im Schnitt 13,6, der Porsche 12,3 Liter. Nur einmal, bei konstanten 100 km/h, konnte die Corvette den GT2 unterbieten: Da schnurrt der V8 knapp über Leerlaufdrehzahl und der Bordcomputer zeigt 9,9 Liter.
Fazit: Das Fahrerlebnis im GT2 ist auch von der bislang sportlichsten Corvette nicht zu knacken. Mit Leistung im Übermaß und exaktem Handling bei überschaubarem Verbrauch macht er sich zum Maß der Dinge. Wer mit ein bisschen weniger zufrieden ist, bekommt von der Z06 beeindruckende Fahrleistungen, Bequemlichkeit und Alltagsnutzen und spart obendrein noch 100.000 Euro.
Quelle: ntv.de