Volvo V40 Cross Country Junger Schwede mit alten Tugenden
15.10.2013, 15:23 Uhr
Asphalt ist nicht unbedingt nötig, doch der Cross Country ist kein Geländewagen.
(Foto: Axel F. Busse)
Wenn es um "Premium" geht, sieht sich Volvo auf Augenhöhe mit Audi, BMW und Mercedes. Da macht die Schrägheck-Limousine V40 keine Ausnahme. Ob das Selbstbewusstsein des schwedischen Herstellers berechtigt ist, zeigt der n-tv.de Praxistest.
Die Übernahme durch den chinesischen Geely-Konzern hat für Volvo noch keinen durchschlagenden Erfolg gebracht. Das Jahresziel von 480.000 verkauften Fahrzeugen weltweit steht in Frage, in Deutschland gingen die Neuzulassungen im Vergleich zu den ersten neun Monaten des Vorjahres um rund ein Fünftel zurück. Für eine relativ kleine Marke leistet sich Volvo ein umfangreiches Produkt-Portfolio, vom Cabrio über Limousinen und Kombis bis hin zu zwei SUVs ist alles dabei. Als Ersatz für die Modelle C30 und S40 kam der V40 auf den Markt, der seit wenigen Monaten als Cross-Country-Version verfügbar ist. Als Testwagen stand die Variante D 2 Momentum mit einem 1,6 Liter großen Dieselmotor und Frontantrieb zur Verfügung.
Volvo mag in Deutschland nicht so viele Kunden haben wie die einheimischen Premium-Hersteller, dafür aber hat die Marke ein Image, das auf drei ehernen Säulen steht: Sicherheit, Sicherheit und noch mal Sicherheit. Damit und mit einem hohen Qualitätsanspruch in Design und Verarbeitung begründet Volvo seine Preise, die etwas oberhalb dessen liegen, was für vergleichbare Fahrzeuge zu zahlen ist. Eine Differenz von mehr als 14.000 Euro zwischen dem Preis der Basisversion und dem des Testwagens spricht für sich.
Die Gegner kommen aus Deutschland
Der Name Cross Country klingt ein wenig nach Geländewagen, doch obwohl es ihn auch mit Allradantrieb gibt, steht hier mehr die rustikale Optik als die Fähigkeit, durch unwegsames Gelände zu kraxeln, im Vordergrund. Etwas mehr Bodenfreiheit (+12 mm), dunkle Stoßfänger und die Dachreling prägen das Erscheinungsbild, eine Heckschürze mit Unterfahrschutz und Felgen bis zu 19 Zoll Größe runden es ab. Mit 4,37 Meter Fahrzeuglänge und 1,47 Metern Höhe reiht sich der V40 unauffällig in das Segment der sportlichen Kompakten ein. Seine definierten Gegner sind die A-Klasse und der 1er BMW.
Das Cockpit wirkt aufgeräumt und klar strukturiert. Nordische Klarheit herrscht auch auf der Mittelkonsole, wo das Tastenfeld optisch von vier großen Drehreglern eingefasst wird. Nach kurzer Eingewöhnungsphase ist die Bedienlogik verinnerlicht und leicht zu beherrschen. Ein Vorbild an Klarheit und Übersichtlichkeit ist der TFT-Monitor, der vor dem Fahrer die klassischen Rundinstrumente ersetzt und obendrein in Anordnung und Farbstimmung programmierbar ist. In der Standardeinstellung ist beispielsweise der überwiegende Teil des Rundtachos abgedunkelt, während der anliegende Tempobereich hell und dadurch hervorgehoben ist. Im Zentrum der runden Skala werden je nach Bedarf Informationen über die Aktivitäten der Assistenzsysteme oder andere sicherheitsrelevante Informationen eingespielt.
Das Raumgefühl und die Bewegungsfreiheit vorn sind gut, von den Plätzen auf der Rückbank kann man das leider nicht behaupten. Dort fehlt es an Beinfreiheit, was bei einem Radstand von 2,65 Metern doch etwas überrascht. Von außen zwar recht ansehnlich, erweist sich die Karosserie von innen als nicht sehr übersichtlich. Das liegt vor allem an den nach hinten schmaler werdenden Seitenscheiben und der flachen Heckscheibe. Zwar sind die Kopfstützen der hinteren Sitze abklappbar, einen nennenswerten Zugewinn an Rück-Sicht bringt das aber auch nicht. Besser man bestellt gleich die Rückfahrkamera und das automatische Einparksystem für zusammen 1100 Euro. Zugang zum Gepäckfach gibt es oberhalb der Ladekante von 78 Zentimetern. 335 Liter Volumen bietet dar Kofferraum, legt man die Rücksitze um, entstehen 1032 Liter bei einer Tiefe von maximal 1,5 Metern.
Stoppen, wenn der Fahrer träumt
Die serienmäßigen Sicherheitseinrichtungen umfassen Kopf-, Schulter- und Seitenairbags, das von Volvo entwickelte Schleudertrauma-Schutzsystem sowie die City-Safety-Anlage, die lasergestützt Hindernisse erkennt und das Fahrzeug bis 50 km/h selbständig zum Stehen bringen kann. Dem gehen optische und akustische Warnungen an den Fahrer voraus, greift er n icht ein, tut dies die automatische Bremse. Die elektronischen Augen erkennen Radfahrer und Fußgänger, letztere werden im Falle einer Kollision von einem Außenairbag aufgefangen. Es wird also viel getan in Sachen Sicherheit, weshalb man zwei Fakten wohl als kleine Ausrutscher werten muss: Um den Beifahrerairbag abschaltbar zu bekommen, müssen 80 Euro extra gelöhnt werden, die Kindersicherung in den hinteren Türen lässt Volvo sich mit 90 Euro vergüten. Der Testwagen war mit dem Fahrerassistenzsystem Pro (+1980 Euro) ausgestattet, zu dem außer Spurwechsel- und Querverkehr-Warnung auch eine Verkehrszeichenerkennung gehört. Das ist sinnvoll und hilfreich, entbindet aber nicht von der Pflicht, die Schilder selbst aufmerksam im Auge zu behalten. Hier und da lag das System mit seinen Angaben nämlich falsch.
Federungs- und Geräuschkomfort erwiesen sich als premium-tauglich. Die Sitze sind bequem und langstreckenkonform. Allerdings liegt das Verstellrad für die Lehnen-Neigung der Vordersitze an einer schwer zugänglichen Stelle. Mit der servo-unterstützten Zahnstangenlenkung war der Kompakt-Volvo anstrengungslos und ausreichend präzise zu dirigieren.
Der V40 mit dem kleinen Diesel und der Sechsgang-Automatik wiegt leer 1538 Kilogramm. Da könnte man auf die Idee kommen, dass 115 PS vielleicht etwas knapp bemessen wären. Beim Fahren bestätigte sich diese Befürchtung nicht. Dank 270 Newtonmeter Drehmoment kam der V40 zügig in Schwung, wobei der Motor sich lediglich im Drehzahlbereich um 2500 Touren von einer etwas knurrigen Seite zeigte. Ansonsten erledigte er die an ihn gestellten Anforderungen souverän und unauffällig, auch die vorgesehene Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h nötigte ihm keine hörbare Anstrengung ab. Sichtbar war die Anstrengung hinterher: Ohne dass allzu heftig aufs Gas gestiegen worden wäre oder dass es zu wenig Überlandfahrt gegeben hätte, lief der Testverbrauch klar am EU-Normziel vorbei. 5,7 Liter zeigte der Bordcomputer am Ende, 4,1 Liter hätten es laut Hersteller sein sollen.
Fazit: Dem Ruf, ein besonders hohes Sicherheitsniveau zu bieten, wird auch dieser Volvo gerecht. Die Insassen profitieren von diesem Konzept ebenso wie zum Beispiel Fußgänger. Gute Verarbeitung und angenehme Fahreigenschaften sprechen für den V40. Beschränkte Übersichtlichkeit und wenig Platz im Fond sind die Pillen, die man schlucken muss, will man "Premium" sein und sich nicht bei den deutschen Herstellern bedienen.
DATENBLATT | Volvo V40 Cross Country D2 |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,37 / 1,80 / 1,47 m |
Radstand | 2,65 m |
Leergewicht (DIN) | 1538 kg |
Sitzplätze | 5 |
max. Zuladung | 412 kg |
Ladevolumen normal / maximal - Rückbank raus und mittlere Sitze raus | 335 l / 1032 l |
Anhängelast gebremst/ungebremst | 1300 / 700 Kilogramm |
Motor | 4-Zylinder Turbo-Dieselmotor mit 1560 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Gang Automatikgetriebe |
Leistung | 84 kW/115 PS bei 3600 U/min |
Kraftstoffart | Diesel |
Antrieb | Vorderradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 190 km/h |
max. Drehmoment | 270 Nm bei 1750 - 2500 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 12,1 Sek |
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert) | 4,5 / 3,9 / 4,1 l |
Testverbrauch | 5,7 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 108 g/km |
Effizienzklasse | A + |
Grundpreis | 29.380 Euro |
Preis des Testwagens | 43.655 Euro |
Quelle: ntv.de