Yamahas neue Vmax Ritt auf dem Donnerkeil
30.08.2010, 06:00 Uhr
Da geht was: Mit der neuen Vmax hat Yamaha ein echtes Kraftpaket auf die Räder gestellt.
(Foto: Markus Mechnich)
Geballte Kraft verspricht die Vmax von Yamaha. 200 Pferdestärken gebannt in einem 1,6-Liter-Motor, das lässt schon erahnen, wozu dieses Motorrad in der Lage ist. Wir hatten Gelegenheit zu einer Ausfahrt mit dem Ahnen des Kultbikes. Und sie hat uns ordentlich ins Schwitzen gebracht.
Als Akira Araki Anfang der achtziger Jahre aus den USA zurück kam, brachte er ein einschneidendes Erlebnis mit. Die sogenannten Bridge Races, bei dem zwei Motorräder zum Duell über eine viertel Meile antreten, inspirierten den Ingenieur zum Bau eines damals für die Marke Yamaha völlig neuartigen Motorradtyps. Großvolumig, mit viel Drehmoment und Hubraum sollte er sein. Eben so, dass man damit ein solches Bridge Race gewinnen könne. 1984 wurde als Ergebnis die VMax in Las Vegas vorgestellt.
Der Name ist bis heute Programm, denn die Vmax ist vor allem für eines gebaut: Beschleunigung. Vor zwei Jahren präsentierte Yamaha einen Nachfolger dieser ersten Vmax, die bis 2001 gebaut wurde. Reichten damals noch 1,2 Liter Hubraum und 140 PS, um die Fachwelt zu beeindrucken, so muss Yamaha heutzutage schon eine Schippe drauf legen. Denn mittlerweile ist die freiwillige Leistungsbeschränkung der Motorradindustrie Geschichte und Boliden mit 180 PS keine Seltenheit mehr.
Provozierendes Äußeres
200 Pferde, das ist ein Wort, das ist eine Zahl mit der man als Journalist arbeiten kann, die im Gedächtnis bleibt und neugierig macht. Deshalb war der Wille dieses Muscle-Bike auch mal auf der Straße zu bewegen beim Autor so groß, dass er sich Richtung Neuss aufmachte, um dieses Motorrad mal aus der Nähe zu betrachten und zu erfahren.

Ein mondänes Motorrad ist die neue Vmax. Weniger Chrom als beim Vorgänger, dafür mehr Titanoxidbeschichtung.
(Foto: Markus Mechnich)
Was die Fotos schon versprachen hält die Vmax auch in der Realität. Dieses Motorrad ist eine Wuchtbrumme erster Kajüte. Tief, breit und muskulös steht sie da und scheint zu rufen: "Trau dich doch!" Der Motorblock, der die vier Zylinder, die in V-Form angeordnet sind, beherbergt ist mit Titanoxid-Beschichtung versehen, ebenso wie der Getriebedeckel und die Holme der Vordergabel. Das ist schön anzusehen und unterstreicht den souveränen Auftritt diese Bikes. Lass die anderen doch mit Windschilden, Verkleidungen und Aerodynamik spielen. So etwas hat die Vmax nicht nötig, denn an ihre Kraft kommt sowieso keiner ran.
Neue Entwicklungen
Technisch ist die Vmax von heute ein ganz neues Motorrad und hat nichts mehr dem Ahnen aus den Achtzigern gemein. Ein neu entwickelter Aluminium-Rahmen beherbergt das Aggregat zwischen den zwei Rädern. Die Brembo-Bremsanlage mit Wave-Scheiben gibt es ebenso serienmäßig, wie das ABS. Zwei obenliegende Nockenwellen bewegen die geschmiedeten Aluminium-Kolben in den Zylindern. Den V-Boost der ersten Vmax mit seinen vier Fallstromvergasern ersetzt heute eine elektronische Benzineinspritzung mit YCC-Technik. Das ist technisch schon absolut alles 21. Jahrhundert, was die Neue so mitbringt. Die Sitzposition ist für Großgewachsene nicht ganz unproblematisch, denn der Abstand zu den Rasten ist kurz und kann durchaus zu Krämpfen im Schaltfuß führen. Die Position des Lenkers hingegen ist perfekt gelungen.

Im Cockpit geht es spartanisch zu. Ein Rundistrument für Drehzahlmesser und Digitaltacho. Den Rest der Informationen liefert die Digitalanzeige auf dem Tank.
(Foto: Markus Mechnich)
Mit ordentlich Respekt geht es denn auch auf die ersten Probekilometer mit der neuen Vmax. Was aber direkt nach wenigen Metern auffällt ist das absolut beeindruckende Drehmoment, das der Motor aus den 1679 Kubikzentimeter herausholt. Und dabei ist es kaum möglich zwischen zwei Ampeln die Büchse der Pandora wirklich zu öffnen. Nur ansatzweise darf das Biest unter der Sitzbank zeigen was es kann. Aber es lässt sich schon ahnen: Wehe, wenn es losgelassen!
Gelungenes Fahrwerk
Aber erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Also fahren wir brav einige Kilometer durch die Stadt, drehen ein paar Runden über einen leeren Parkplatz und fahren über geschwindigkeitsbegrenzte Autobahnen nach Düsseldorf. Mit jedem Kilometer nimmt der Mut zu, denn das üppige Gewicht von 310 Kilogramm ist schon gewöhnungsbedürftig. Auch der lange Radstand von 1,70 Meter bei einer Gesamtlänge von 2,39 Metern macht die Vmax nicht gerade handlich. Dafür ist das Fahrwerk, im Gegensatz zum Vorgänger, auf Anhieb gelungen. Es ist recht straff ausgefallen, vermittelt aber ausreichen Reserven und bringt die unbändige Kraft des Vierzylinders ordentlich auf die Straße. Die erste Vmax hatte da noch so ihre Probleme mit diesem Leistungsüberschuss.
Auf dem Rückweg ist dann freie Fahrt angesagt. Also erst einmal ein Stück Autobahn suchen, wo sich das Biest austoben kann. Schon auf bei der Auffahrt auf den Highway wird mal kurz richtig am Gashahn gedreht. Und was da kommt ist wie Schlag ins Kreuz. Einige Kilometer weiter ist dann endlich das ersehnte Schild zu sehen, das alle Streckenbegrenzungen aufhebt. Direkt wird auf die linke Spur gewechselt und kräftig am rechten Lenkerende gedreht.
Nur der Fahrtwind bremst
Was dann folgt, lässt jedes Fahrzeug auf der Autobahn alt aussehen. Vom gemütlichen Trab mit 110 Stundenkilometer im fünften Gang geht es ohne zu schalten, aber mit brachialem Vortrieb nach vorne, nur noch nach vorne. Keine Zugkraftunterbrechung, kein heulender Motor, einfach nur Drehmoment, Drehmoment, Drehmoment. Noch bevor man die Stoßgebete zum Himmel schicken kann zeigt der digitale Tacho eine Geschwindigkeit von 220 an. Der Zeiger des Drehzahlmessers verrät schnell: Da geht noch mehr. Einzig der Fahrtwind, der wie ein wilder Stier an Brust und Oberarmen zerrt, zwingt bei 240 Stundenkilometer zur Vernunft. Mit dieser geballten Power unterm Hintern ist es ein wahres Vergnügen die Fahrer potenter Luxuslimousinen zu deprimieren. Keine Chance für die 5er, A6 oder E-Klassen dieser Welt. Wenn die Vmax nach vorne prischt, dann sieht der Rest nur noch den Auspuff.

Trotz des üppigen Gewichts von 310 Kilogramm und des großen Radstandes lässt sich die Vmax immer noch gut bewegen.
(Foto: Markus Mechnich)
Keine Frage, dieses Motorrad definiert Drehmoment für Zweiräder auf eine ganz neue Weise. Soviel Kraft auf zwei Rädern gab es noch nie. Sicher, es gibt schnellere und vor allem handlichere Bikes. Aber das Beschleunigungserlebnis auf der Vmax ist schlicht einzigartig. Wer hier ordentlich am Hahn dreht, der bekommt das volle Programm aufs Hinterrad. Ohne Kompromisse. Man sollte schleunigst zusehen, dass das, was die 166,8 Newtonmeter da veranstalten, in ordentliche Bahnen gelenkt wird. Sonst kann nur noch der Himmel helfen.
Was ist schon Geld gegen Beschleunigung?
Beeindruckt von diesen Fahrleistungen wird die Strecke zurück einfach mit einem breiten Grinsen im Gesicht absolviert. Kritik? Da gäbe es vielleicht schon was. Der hohe Preis von 22.500 Euro zum Beispiel. Oder die Tatsache, dass das Motorrad nur übers Internet bestellt werden kann. Nur wenige Testmaschinen stehen über Deutschland verteilt bei den Händlern. Ansonsten ist die Verarbeitung der Vmax tadellos, die Ausstattung sehr gut. Die Sitzposition ist in Ordnung, zumindest bis zu einer gewissen Körpergröße. Aber das sind eigentlich alles Nebensächlichkeiten.

Mehr Power geht kaum: Mit ihren 200 PS und dem enormen Drehmoment von 166 Newtonmeter ist Adrenalin garantiert.
(Foto: Markus Mechnich)
Ein Bordcomputer auf dem Tank bietet diverse Spielereien, wie Stoppuhr, Gasstellung oder Benzinverbrauch pro Kilometer. Kaum zu bezahlen ist natürlich der Kultfaktor, den selbst die neue Vmax schon mitbringt. Auf der Straße ist sie einfach ein Hingucker, selbst bei weniger Motorradaffinen Passanten. Und spätestens wenn der sonore Sound der 1,6 Liter Hubraum aus den Endtöpfen wummert, sind auch Unbeteiligte in ihren Bann gezogen. Wenn schließlich am Gashahn gedreht wird ist jeglicher Gedanke an Preise oder Komfort schnell vergessen. Wer will schon an Moneten denken, wenn sich die G-Kräfte in der Magengegend breit machen. Adrenalin ist eben nicht mit Geld zu bezahlen, oder doch?
Datenblatt | Yamaha Vmax |
Abmessungen LxBxH | 2,39 / 0,82 / 1,19 m |
Leergewicht | 310 kg (vollgetankt) |
Motor | 4-Zylinder Moror in V-Form mit vier Ventilen pro Zylinder |
Getriebe | 5-Gang-Schaltung |
Leistung | 200 PS (147,2 kW) |
Kraftstoffart | Benzin |
Höchstgeschwindigkeit | k.A. |
max. Drehmoment | 166,8 Nm |
Grundpreis |
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Quelle: ntv.de