Wer steht hinter der Hamas? So sehen die Machtblöcke im Nahen Osten aus
16.10.2023, 21:21 Uhr
Jahrzehntealte Konfliktlinien: Israel will die Hamas "vernichten".
(Foto: picture alliance / Xinhua News Agency)
Der Großangriff der Hamas droht alte Konfliktlinie in einer instabilen Weltregion neu aufzureißen. Die arabische Welt zerfällt grob in zwei Lager. Auf welcher Seite stehen Israels Nachbarstaaten?
Das israelische Militär holt zum Gegenschlag aus, an der Grenze zum Gazastreifen fahren Kampfpanzer, Truppentransporter und Artilleriegeschütze auf. Diesmal geht es nicht nur um Vergeltung und einen begrenzten Einmarsch. Erklärtes Ziel der bevorstehenden israelischen Bodenoffensive ist die "Vernichtung" der radikalislamischen Hamas-Bewegung.
Die dramatischen Ereignisse im Süden Israels lösen international ernste Sorgen vor einer Ausweitung des Krieges auf weitere Länder aus. Wie sieht die geopolitische Lage aus? Der Staat Israel grenzt im Norden an den Libanon, im Nordosten an Syrien, im Osten an die Palästinensergebiete im Westjordanland und das Königreich Jordanien sowie im Südwesten an Ägypten mit der Halbinsel Sinai. Bei weitem nicht alle arabischen Nachbarstaaten stehen Israel feindlich gegenüber.
Die Lage ist sehr viel komplizierter. Nach mehreren Kriegen und jahrzehntelangen Vermittlungsbemühungen ist im Nahen Osten ein fragiles Geflecht aus politischen Allianzen, religiösen Bindungen, wirtschaftlichen Beziehungen und teils auch finanziellen Abhängigkeiten entstanden. Die direkte oder indirekte Einflussnahme des Iran ist dabei nur einer von mehreren Faktoren. Die Trennlinien verlaufen quer durch die Arabische Welt.
Das Nachbarland Ägypten zum Beispiel wählt im Umgang mit Israel seit Jahren einen eher pragmatischen Weg. Das Land ist Sitz der Arabischen Liga und mit 104 Millionen Einwohnern der mit Abstand bevölkerungsreichste Staat der Arabischen Welt. Die Führung in Kairo pflegt enge Beziehungen zu den USA, gleichzeitig kontrolliert das Land den wichtigsten Zugang zum Siedlungsgebiet der Palästinenser im Gazastreifen.
Ägypten grenzt auf einer Länge von knapp 13 Kilometern an den Gazastreifen: Der Übergang Rafah im Südwesten und die Sperranlagen zwischen Meer und Wüste stehen unter Kontrolle der ägyptischen Behörden. Für die 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen bleibt die ägyptische Grenze bisher geschlossen. Auf der Sinai-Halbinsel sieht sich das ägyptische Militär seit Jahren selbst mit radikalislamischen Kräften konfrontiert.
Zu den gemäßigten Staaten der Region zählen neben Ägypten weitere US-Verbündete wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und das Königreich Jordanien: Traditionell stehen sie zwar auf der Seite der Palästinenser, einen neuen Krieg wollen Riad, Abu Dhabi und Amman jedoch unbedingt vermeiden. In den vergangenen Jahren war es zwischen diesen Ländern zu einer schrittweisen Annäherung an Israel gekommen. Jordanien beherbergt zudem Millionen geflohene Palästinenser.
Der Iran, das Emirat Katar, Teile des Iraks und Syrien und die Huthi-Milizen im Jemen stehen dagegen klar auf der anderen Seite. Das kleine, aber rohstoffreiche Katar zählt seit Jahren zu den wichtigsten politischen und finanziellen Unterstützer der Palästinenser-Organisationen. Das Regime in Teheran ist nach Einschätzung von Beobachtern womöglich auch direkt in die Hamas-Überfälle auf Israel verstrickt.
Die Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet. Aus dem Gazastreifen heraus feuerte sie tausende Raketen ab und drang mit hunderten Kämpfern nach Israel ein, die dort ein Blutbad unter Zivilisten anrichteten. Der Iran bestreitet, direkt an dem Angriff der Terrororganisation auf Israel beteiligt gewesen zu sein, hat die Taten der Hamas allerdings ausdrücklich begrüßt und gefeiert.
Zugleich warnte der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian Israel vor einem militärischen Gegenschlag. In diesem Fall könne niemand dafür garantieren, dass sich der Konflikt nicht ausweite, sagte er.
Quelle: ntv.de, mmo