Leben

Muße auf Niederländisch Nichtstun wird mit Niksen zum Trend

Einfach auf der Bank sitzen und nichts tun, das ist für viele schwieriger als gedacht.

Einfach auf der Bank sitzen und nichts tun, das ist für viele schwieriger als gedacht.

(Foto: imago images / Norbert Schmidt)

Wer einfach mal gar nichts tut, bekommt schnell den Stempel Nichtsnutz oder Faulpelz. Nun kann jeder seine Kritiker zum Schweigen bringen, denn "niksen", also Nichtstun, ist jetzt in.

Kaum hat man den einen Trend verstanden, gibt es schon den nächsten. Die britische Vogue  erklärte jüngst "Niksen" zum neuen erstrebenswerten Lebensstil. Nach "hygge" und "pyt", das die Dänen ganz Europa beibrachten, sind diesmal also die Niederländer dran.

Auf Niederländisch heißt "niksen" einfach nur nichts tun. Diese Idee passt natürlich bestens zur warmen Jahreszeit, in der Urlaub und hohe Temperaturen ohnehin genau dazu verleiten: Zum Nichtstun. Der Vogue zufolge war der Begriff lange negativ besetzt. Nikser waren auch bei unseren Nachbarn Faulpelze und Müßiggänger.

Das änderte sich mit dem Buch "Niksen: Die niederländische Kunst, nichts zu tun" der Autorin Carolien Janssen. Niksen "bedeutet buchstäblich, nichts zu tun, untätig zu sein oder etwas zu tun, ohne etwas zu tun", sagte Carolien Hamming dem US-Magazin "Time". Hamming ist Geschäftsführerin eines Coaching-Zentrums in den Niederlanden, das Menschen bei der Stressbewältigung hilft. Viele der Klienten versuchen dort, nach einem Burnout neue Routinen einzuüben.

Entspannendes Nichts

Für sie ist es eine echte Herausforderung, einfach mal herumzuhängen und wirklich gar nichts zu tun, das irgendeinem Zweck dient. Nichts soll erreicht werden, es gibt keinen produktiven Anteil in diesem Sein. Der niederländische Professor Rutt Veenhoven, ein Soziologe, der an der Erasmus-Universität Rotterdam Glück lehrt, empfiehlt beispielsweise einfach auf einem Stuhl zu sitzen und aus dem Fenster zu sehen. Natürlich ohne Handy oder Computer.

"Ein Aspekt der Lebenskunst besteht darin, herauszufinden, welche Arten der Entspannung am besten zu Ihnen passen", zitiert das US-Magazin den Glücksexperten. Es gebe keinen einheitlichen Ansatz. Am besten finde man durch Ausprobieren heraus, was funktioniert. Er empfehle beispielsweise halbautomatische Tätigkeiten wie Stricken. Man kann aber auch Spazieren gehen oder einfach nur auf der Couch liegen.

Insofern ist Niksen überhaupt nichts Neues. Dass Langeweile in Kindern nicht nur in den Sommerferien kreative Kräfte weckt, ist eine Erfahrung, die jede Generation neu macht. Geschichten von Unternehmern oder Wissenschaftlern, denen nach Stunden intensiver Arbeit schließlich unter der Dusche oder beim Nickerchen die entscheidende Idee kommt, kennt ebenfalls jeder. Der Grund dafür ist, dass das menschliche Gehirn auch in Ruhezeiten nicht komplett abschaltet. "Selbst wenn wir schlummern oder nichts tun, verarbeitet unser Gehirn immer noch Informationen und kann die verfügbare Rechenleistung zur Lösung anstehender Probleme nutzen", sagt Veenhoven.

Träumen und ruhen

Aber auch wer nicht zu revolutionären neuen Erkenntnissen kommt, kann vom Nichtstun profitieren. Die Verlangsamung kann Angstzustände verringern, Alterungsprozesse bremsen und die Abwehrkräfte stärken. Trotzdem ist es für viele Menschen gar nicht so leicht, zu "niksen". Zu sehr sind sie darauf geprägt, dass jede Tätigkeit einem Zweck dient. Beim Spaziergang kann man Schritte zählen, im Zug E-Mails lesen, in einer freien Stunde noch schnell die Wäsche aufhängen.

Komplett untätig zu sein, wirkt da geradezu verwegen. Organisiertes Tagträumen kann ganz schön anstrengend sein. Von den beschriebenen Gefühlen des inneren Friedens oder des Zustands völliger Ruhe, ist man beim ersten Mal wahrscheinlich weit entfernt. Aber wer es erstmal geschafft hat, einfach nur auf einer Parkbank zu sitzen oder Musik zu hören, lernt zunehmend, die Langsamkeit zu genießen und die nutzlos verbrachte Zeit zu schätzen.

Muße-Experten empfehlen, sich Zeitinseln zu schaffen, in denen man diese Gewohnheit nach und nach annehmen kann. Wer dann noch vermag, seine Schuldgefühle in Schach zu halten und das Handy wegzulegen, hat den neuesten Lifestyletrend bereits umgesetzt. Und wird vielleicht sogar noch mit einem Kreativitätsschub belohnt.

Quelle: ntv.de

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