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Hoch aufgerichtet stand der Greis mit dem kahlen Schädel vor seinen Richtern. Tod durch Erschießen wegen Verschwörung zum Landesverrat und Kollaboration mit dem Feind lautete das Urteil, das ein Geschworenengericht am 15. August 1945 in Paris fällte.Bild 1 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Aber im gleichen Atemzug empfahlen die Geschworenen mit großer Mehrheit, das Urteil nicht zu vollstrecken. Denn auf der Anklagebank saß kein Unbekannter, ...Bild 2 von 43 | Foto: AP
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... sondern Philippe Pétain, Marschall von Frankreich, ...Bild 3 von 43 | Foto: imago images/Everett Collection
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... der "Held von Verdun", wo er 1916, im Ersten Weltkrieg, monatelang dem Ansturm der deutschen Truppen getrotzt hatte.Bild 4 von 43 | Foto: imago images / Photo12
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1917 zum Oberbefehlshaber der französischen Armee ernannt, machte Pétain nach dem Krieg Karriere als Kriegsminister und Botschafter in Spanien.Bild 5 von 43 | Foto: imago images / Photo12
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Im Mai 1940, als Nazi-Deutschland von Belgien und Luxemburg aus in Frankreich einmarschierte, rief Ministerpräsident Paul Reynaud den 84-jährigen Pétain von seinem Botschafterposten in Madrid ab und beorderte ihn nach Paris zurück.Bild 6 von 43 | Foto: imago/United Archives International
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Die Panzer der Wehrmacht rollten nahezu ungehindert durch Nord- und Ostfrankreich, ...Bild 7 von 43 | Foto: AP
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... wenige Wochen nach Beginn der Offensive bat Pétain als neuer Premierminister um einen Waffenstillstand.Bild 8 von 43 | Foto: picture alliance / dpa
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Am 22. Juni wurde im Wald von Compiègne der Waffenstillstand unterzeichnet, und zwar ...Bild 9 von 43 | Foto: AP
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... im selben Salonwagen, in dem im November 1918 die deutsche Armee um Einstellung der Kämpfe bitten musste. Das war natürlich eine Inszenierung, mit der die Nazis die "Schmach von Versailles" tilgen wollten.Bild 10 von 43 | Foto: AP
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Südfrankreich blieb nach den Bestimmungen des Vertrages unbesetzt, deshalb zog sich die Regierung in den Kurort Vichy nordwestlich von Lyon zurück.Bild 11 von 43 | Foto: imago/imagebroker
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Der 10. Juli 1940 markierte das Ende der Dritten Republik. Pétain erhielt unumschränkte Vollmachten als Staatsoberhaupt. Das Vichy-Regime war geboren.Bild 12 von 43 | Foto: AP
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Pétain war alles andere als ein Demokrat. Er hasste den Parlamentarismus. Er verachtete die Parteien, die Frankreich militärisch nicht auf den Krieg mit Deutschland vorbereitet hatten.Bild 13 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Zudem war er Antisemit und umgab sich mit Beratern, die Juden und Freimaurer für alles verantwortlich machten, was sie selbst ablehnten.Bild 14 von 43 | Foto: imago/Leemage
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Pétain, schreibt sein Biograph Marc Ferro, glaubte an ein autoritäres Regime, wenn auch nicht gerade nach deutschem oder italienischen Vorbild.Bild 15 von 43 | Foto: AP
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Sein Ideal war das klerikal-faschistische Portugal von Antonio Salazar, "Arbeit, Familie, Vaterland" sein Motto.Bild 16 von 43 | Foto: imago images / Photo12
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Es hätte auch "Ordnung, Autorität, Hierarchie" heißen können.Bild 17 von 43 | Foto: imago/United Archives International
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Pétain sah sich als Retter Frankreichs in dessen bitterster Stunde, der durch die Unterzeichnung des Waffenstillstandes Schlimmeres verhinderte.Bild 18 von 43 | Foto: AP
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Er glaubte, er könne trotz der Niederlage seines Landes als von Hitler akzeptierter Partner am Aufbau eines neuen Europas mitarbeiten, ...Bild 19 von 43 | Foto: AP
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... das nach seiner Überzeugung von Deutschland dominiert sein würde. Hier irrte er gewaltig.Bild 20 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Die französischen Behörden, die formal sowohl im besetzten wie auch im unbesetzten Teil Frankreichs der Marionetten-Regierung von Pétain unterstanden, spielten bei der Verfolgung und Deportation der Juden eine wichtige Rolle.Bild 21 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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So erließ die Vichy-Regierung von sich aus in den ersten zehn Wochen nach der Besetzung 1940 eine Reihe diskriminierender Anordnungen, die dem Ungeist der nationalsozialistischen Nürnberger Rassengesetze folgten.Bild 22 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Auch bei der Deportation konnten die rund 2000 Gestapo-Männer in Frankreich auf die Hilfe von Tausenden von Franzosen setzen.Bild 23 von 43 | Foto: imago stock&people
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Für das Zusammentreiben von 13.000 Juden in der Pariser Winter-Radrennbahn im Juli 1942 gaben zwar Deutsche die Befehle. Ausgeführt wurden sie aber von 9000 französischen Polizisten. Die Opfer - darunter 4000 Kinder - wurden in Vernichtungslager deportiert.Bild 24 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Einen Monat später lieferte Vichy Juden aus dem nicht besetzten Teil Frankreichs an Deutschland aus.Bild 25 von 43 | Foto: imago images / Photo12
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1943 wurde die "Milice française" ins Leben gerufen. Die Kampftruppe machte Jagd auf Widerstandskämpfer und Juden. Dabei schreckte sie auch vor Folterungen und Erschießungen nicht zurück.Bild 26 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Mitglied durfte nur sein, wer "Franzose von Geburt" und kein Jude war. Ihr Ziel war die "nationale Revolution". Auf ihrem Höhepunkt zählte die Miliz 29.000 Mitglieder.Bild 27 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Zwei Jahre zuvor war die "Légion volontaires française", kurz LVF, als Unterstützung im Kampf gegen den Bolschewismus gegründet worden.Bild 28 von 43 | Foto: imago images / TT
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Etwa 12.000 Franzosen nahmen auf Seiten der deutschen Wehrmacht am Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion teil.Bild 29 von 43 | Foto: imago/United Archives International
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Gegen Kriegsende kämpften die Reste der Legion in der Waffen-SS-Division "Charlemagne" in Pommern und Berlin gegen die sowjetischen Truppen.Bild 30 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Nach den alliierten Landungen in der Normandie und an der Côte d'Azur trat Pétain im August 1944 als Staatspräsident zurück.Bild 31 von 43 | Foto: imago images / Photo12
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Im folgenden Monat verschleppten die Deutschen ihn und seine Mitarbeiter und Minister auf das Hohenzollernschloss von Sigmaringen.Bild 32 von 43 | Foto: picture alliance / dpa
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In der allgemeinen Auflösung der letzten Kriegstage sträubte sich Pétain erfolgreich, "zu seiner Sicherheit" weiter nach Osten gebracht zu werden, und setzte durch, dass er durch die Schweiz nach Frankreich zurückgelangte.Bild 33 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Er wollte nicht in Abwesenheit zum Tode verurteilt werden, sondern sich einem Gericht stellen und rehabilitiert werden.Bild 34 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Charles de Gaulle, Führer des Freien Frankreichs und Chef der provisorischen Regierung, hätte es lieber gesehen, wenn die Schweiz das französische Auslieferungsbegehren abgelehnt und der Greis seine Tage in der Schweiz beendet hätte.Bild 35 von 43 | Foto: imago/Leemage
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Vor Gericht verlas Pétain nur eine Erklärung und schwieg fortan. Er habe immer nur seine Pflicht getan und sei gekommen, wenn ihn das Vaterland gerufen habe:Bild 36 von 43 | Foto: ASSOCIATED PRESS
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"Ich habe mich Frankreich zur Verfügung gestellt. Ich habe meine Person Frankreich zum Geschenk gemacht." Und er rief den Richtern zu: "Sie verurteilen einen Unschuldigen, aber ich trage diese Last, denn ein Marschall von Frankreich bittet niemanden um Gnade."Bild 37 von 43 | Foto: AP
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De Gaulle wandelte das Todesurteil in lebenslängliche Festungshaft um, und im November 1945 wurde der 89-Jährige auf die sturmumtoste Insel Yeu in der Biskaya gebracht, wo ihm im Fort de Pierre-Levée eine Zelle im ersten Stock zugewiesen wurde, mit einer halben Stunde Hofgang täglich und Besuch nur durch seine Frau, einen Priester und seinen Anwalt.Bild 38 von 43 | Foto: imago/Leemage
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Im Sommer 1951 wurde Pétain krank, und man erlaubte seine Verlegung in das Haus eines Rechtsanwalts auf der Insel. Dort starb er am 23. Juli 1951 im Alter von 95 Jahren.Bild 39 von 43 | Foto: imago images / Photo12
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Pétains letzte Wünsche erfüllte die Republik ihm nicht: Weder wurde er rehabilitiert noch wurde seine Asche unter den Kämpfern von Verdun in Douaumont beigesetzt.Bild 40 von 43 | Foto: imago/United Archives International
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Aber mehrere Präsidenten der Fünften Republik erwiesen ihm posthum die Ehre und legten jeweils am Waffenstillstandstag im November Kränze an seinem Grab nieder - für den Sieger von Verdun, nicht für den Vichy-Präsidenten. Erst der Sozialist François Mitterrand stellte diesen Brauch ein.Bild 41 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR
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Bis heute wird darüber gestritten, ob Vichy-Frankreich nur im unvermeidlichen Mindestmaß mit Hitler-Deutschland kollaboriert oder - bei den Judendeportationen, bei Rüstungslieferungen oder der Gestellung von Fremdarbeitern - in vorauseilendem Gehorsam mehr tat, als es musste.Bild 42 von 43 | Foto: imago images / Photo12
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Erst seit den 1990er-Jahren räumte Frankreich mit der Geschichtslegende auf, dass "Vichy" nur eine kleine Clique von Verrätern war, während die meisten Franzosen in der Resistance den deutschen Besatzern tapfer Widerstand geleistet haben.Bild 43 von 43 | Foto: imago images/KHARBINE-TAPABOR

Nazi-Kollaborateur PétainAls Frankreich seinen Marschall zum Tode verurteilte

15.08.2024, 15:17 Uhr

Im Ersten Weltkrieg avanciert Philippe Pétain zum "Helden von Verdun". 1940, nach der Teileroberung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht, lässt sich der Marschall mit den Nazis ein. Dafür verurteilt ihn ein Gericht nach dem Krieg zum Tode. Das Erschießungskommando bleibt Pétain aber erspart.