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Beate Klarsfeld, 1939 als Beate Künzel geboren, wird im Nachkriegsdeutschland groß. Die Zeit des Nationalsozialismus ist ein Tabu, die Verbrechen, an der Tausende noch immer lebende Deutsche beteiligt gewesen sind, werden nicht thematisiert. Mit 21 Jahren emigriert die junge Frau ...
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Beate Klarsfeld, 1939 als Beate Künzel geboren, wird im Nachkriegsdeutschland groß. Die Zeit des Nationalsozialismus ist ein Tabu, die Verbrechen, an der Tausende noch immer lebende Deutsche beteiligt gewesen sind, werden nicht thematisiert. Mit 21 Jahren emigriert die junge Frau ...

... nach Frankreich und wird zunächst Au-Pair-Mädchen. Im Ausland werden ihr die Gräuel des Nazi-Regimes immer deutlicher und sie erkennt, wie viele bundesrepublikanische Funktionsträger Ex-Nazis sind - so etwa auch der baden-württembergische Ministerpräsident und spätere Kanzler Kurt Georg Kiesinger.
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... nach Frankreich und wird zunächst Au-Pair-Mädchen. Im Ausland werden ihr die Gräuel des Nazi-Regimes immer deutlicher und sie erkennt, wie viele bundesrepublikanische Funktionsträger Ex-Nazis sind - so etwa auch der baden-württembergische Ministerpräsident und spätere Kanzler Kurt Georg Kiesinger.

Beate Künzel findet in Frankreich aber auch ihr privates Glück. Sie heiratet Serge Klarsfeld, dessen Vater in Auschwitz starb. Die beiden bekommen zwei Kinder: der 1965 geborene Arno-David und die 1973 geborene Lida. Bis heute hält die Ehe mit Serge. Klarsfelds Wut auf ehemalige Nazis im bundesrepublikanischen Staatsapparat wächst.
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Beate Künzel findet in Frankreich aber auch ihr privates Glück. Sie heiratet Serge Klarsfeld, dessen Vater in Auschwitz starb. Die beiden bekommen zwei Kinder: der 1965 geborene Arno-David und die 1973 geborene Lida. Bis heute hält die Ehe mit Serge. Klarsfelds Wut auf ehemalige Nazis im bundesrepublikanischen Staatsapparat wächst.

Immer wieder protestiert sie öffentlich gegen die Verhältnisse. Auf der Besuchertribüne des Bundestags springt sie im April 1968 auf und ruft während einer Rede Kiesingers: "Nazi, tritt zurück!"
4 / 25 (Foto: picture alliance / dpa)

Immer wieder protestiert sie öffentlich gegen die Verhältnisse. Auf der Besuchertribüne des Bundestags springt sie im April 1968 auf und ruft während einer Rede Kiesingers: "Nazi, tritt zurück!"

Ein Ordner fasst Klarsfeld am Arm und verweist sie des Saales.
5 / 25 (Foto: HEINRICH SANDEN/AP/dapd)

Ein Ordner fasst Klarsfeld am Arm und verweist sie des Saales.

Noch drastischer die Aktion am 7. November desselben Jahres. Beim CDU-Parteitag in Berlin stürmt Klarsfeld das Podium und verpasst unter "Nazi, Nazi, Nazi"-Rufen Kiesinger eine Ohrfeige. Ein ungeheuerlicher Vorgang.
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Noch drastischer die Aktion am 7. November desselben Jahres. Beim CDU-Parteitag in Berlin stürmt Klarsfeld das Podium und verpasst unter "Nazi, Nazi, Nazi"-Rufen Kiesinger eine Ohrfeige. Ein ungeheuerlicher Vorgang.

Klarsfeld macht im Nachhinein deutlich: Mit der Ohrfeige will sie das Land aufwecken, nicht weiter gleichgültig gegenüber den Verbrechen der Nazi-Diktatur zu sein.
7 / 25 (Foto: KLAUS SCHLAGMANN/AP/dapd)

Klarsfeld macht im Nachhinein deutlich: Mit der Ohrfeige will sie das Land aufwecken, nicht weiter gleichgültig gegenüber den Verbrechen der Nazi-Diktatur zu sein.

Der Staat kennt kein Pardon: Noch am selben Tag wird Klarsfeld in einem Eilverfahren zu einem Jahr Haft verurteilt. Mit Hilfe ihres Anwalts, kein Geringerer als Horst Mahler, gelingt es, das Urteil abzumildern.
8 / 25 (Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Staat kennt kein Pardon: Noch am selben Tag wird Klarsfeld in einem Eilverfahren zu einem Jahr Haft verurteilt. Mit Hilfe ihres Anwalts, kein Geringerer als Horst Mahler, gelingt es, das Urteil abzumildern.

1969 wird die Strafe in vier Monate Haft auf Bewährung umgewandelt. Klarsfeld bietet Kiesinger weiter die Stirn.
9 / 25 (Foto: HERRMANN/AP/dapd)

1969 wird die Strafe in vier Monate Haft auf Bewährung umgewandelt. Klarsfeld bietet Kiesinger weiter die Stirn.

Ein Buch dokumentiert Beweise dafür, dass Kiesinger Mitglied der NSDAP war und Karriere im nationalsozialistischen Staatsapparat machte.
10 / 25 (Foto: KURT STRUMPF/AP/dapd)

Ein Buch dokumentiert Beweise dafür, dass Kiesinger Mitglied der NSDAP war und Karriere im nationalsozialistischen Staatsapparat machte.

In Kiesingers Wahlkreis Waldshut im Schwarzwald tritt sie gegen den Kanzler als Direktkandidatin zur Bundestagswahl 1969 an.
11 / 25 (Foto: CLAUS HAMPEL/AP/dapd)

In Kiesingers Wahlkreis Waldshut im Schwarzwald tritt sie gegen den Kanzler als Direktkandidatin zur Bundestagswahl 1969 an.

Ebenfalls ins Visier Klarsfelds gerät der FDP-Politiker Ernst Achenbach. Achenbach war in der NS-Zeit aktiv an der Vernichtung von Juden beteiligt, blieb aber bis in die 70er-Jahre hinein als Anwalt und Politiker unentdeckt.
12 / 25 (Foto: HORST FAAS/AP/dapd)

Ebenfalls ins Visier Klarsfelds gerät der FDP-Politiker Ernst Achenbach. Achenbach war in der NS-Zeit aktiv an der Vernichtung von Juden beteiligt, blieb aber bis in die 70er-Jahre hinein als Anwalt und Politiker unentdeckt.

Bis Klarsfeld mit ihrem Mann seine Vergangenheit aufdeckt. Zur Rechenschaft gezogen wurde Achenbach für seine Taten nie.
13 / 25 (Foto: HERIBERT PROEPPER/AP/dapd)

Bis Klarsfeld mit ihrem Mann seine Vergangenheit aufdeckt. Zur Rechenschaft gezogen wurde Achenbach für seine Taten nie.

Schwierigkeiten bekommen die Klarfelds im Fall des für die Deportation Tausender Juden aus Frankreich verantwortlichen Kurt Lischka. Er lebt seit Jahrzehnten unbehelligt in Deutschland, als Beate und Serge Klarsfeld versuchen, ihn zu entführen. Sie wollen ihn nach Frankreich bringen, um ihn dort vor Gericht zu stellen.
14 / 25 (Foto: FR/AP/dapd)

Schwierigkeiten bekommen die Klarfelds im Fall des für die Deportation Tausender Juden aus Frankreich verantwortlichen Kurt Lischka. Er lebt seit Jahrzehnten unbehelligt in Deutschland, als Beate und Serge Klarsfeld versuchen, ihn zu entführen. Sie wollen ihn nach Frankreich bringen, um ihn dort vor Gericht zu stellen.

In Deutschland konnten nach dem Überleitungsvertrag zum Ende der offiziellen Besatzungszeit 1955 Täter des NS-Regimes nicht in der BRD nochmals für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie bereits zuvor verurteilt worden waren. Unter diese Regelung fiel Lischka. Gegen seine versuchte Entführung reagierte die Justiz hart. Klarsfeld wird zu zwei Monaten Haft verurteilt - auch wenn Dutzende Überlebende des Holocausts sich für sie stark machen.
15 / 25 (Foto: KUCHARZ/AP/dapd)

In Deutschland konnten nach dem Überleitungsvertrag zum Ende der offiziellen Besatzungszeit 1955 Täter des NS-Regimes nicht in der BRD nochmals für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie bereits zuvor verurteilt worden waren. Unter diese Regelung fiel Lischka. Gegen seine versuchte Entführung reagierte die Justiz hart. Klarsfeld wird zu zwei Monaten Haft verurteilt - auch wenn Dutzende Überlebende des Holocausts sich für sie stark machen.

Nach heftigen internationalen Protesten wird die Strafe dann jedoch auf Bewährung ausgesetzt. Und auch die umstrittenen Regeln des Überleitungsvertrages kommen nochmals auf den Prüfstand.
16 / 25 (Foto: HEINZ DUCKLAU/AP/dapd)

Nach heftigen internationalen Protesten wird die Strafe dann jedoch auf Bewährung ausgesetzt. Und auch die umstrittenen Regeln des Überleitungsvertrages kommen nochmals auf den Prüfstand.

Trotz des Widerstands des bereits erwähnten Ernst Achenbach ratifiziert Deutschland die sogenannte "Lex Klarsfeld", die eine Wiederaufnahme von Verfahren gegen NS-Verbrecher in Deutschland erlaubte.
17 / 25 (Foto: HEINZ DUCKLAU/AP/dapd)

Trotz des Widerstands des bereits erwähnten Ernst Achenbach ratifiziert Deutschland die sogenannte "Lex Klarsfeld", die eine Wiederaufnahme von Verfahren gegen NS-Verbrecher in Deutschland erlaubte.

Und Beate Klarsfeld setzte sich mit viel Leidenschaft für die Verfolgung von NS-Verbrechern ein. Bei einer Reise nach Südamerika macht sie sich für die Auslieferung mehrerer Täter - etwa Walter Rauff (r., kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs) - stark. Rauff gilt als einer der Logistiker hinter dem massenhaften Mord an Juden.
18 / 25 (Foto: AP/AP/dapd)

Und Beate Klarsfeld setzte sich mit viel Leidenschaft für die Verfolgung von NS-Verbrechern ein. Bei einer Reise nach Südamerika macht sie sich für die Auslieferung mehrerer Täter - etwa Walter Rauff (r., kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs) - stark. Rauff gilt als einer der Logistiker hinter dem massenhaften Mord an Juden.

Spektakulärster Fall von Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld ist sicherlich der von Klaus Barbie. Er wird auf ihre Initiative hin gefasst. Sie hatte den als "Schlächter von Lyon" bezeichneten Kriegsverbrecher in Bolivien aufgespürt. Anfang Juli wird er in Frankreich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.
19 / 25 (Foto: picture-alliance/ dpa)

Spektakulärster Fall von Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld ist sicherlich der von Klaus Barbie. Er wird auf ihre Initiative hin gefasst. Sie hatte den als "Schlächter von Lyon" bezeichneten Kriegsverbrecher in Bolivien aufgespürt. Anfang Juli wird er in Frankreich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Unermüdlich kämpft sie weiter gegen das Vergessen an. Auch wenn nicht immer mit Erfolg: 1986 übergibt sie der deutschen Polizei Akten, die die Aktivitäten des designierten Bundespräsidenten Österreichs, Kurt Waldheim, belegen sollten.
20 / 25 (Foto: Strumpf/AP/dapd)

Unermüdlich kämpft sie weiter gegen das Vergessen an. Auch wenn nicht immer mit Erfolg: 1986 übergibt sie der deutschen Polizei Akten, die die Aktivitäten des designierten Bundespräsidenten Österreichs, Kurt Waldheim, belegen sollten.

Kurt Waldheim wurde nichtsdestotrotz ins Amt gewählt.
21 / 25 (Foto: picture-alliance / dpa)

Kurt Waldheim wurde nichtsdestotrotz ins Amt gewählt.

Ab 1991 versucht Klarsfeld zu erwirken, dass der in Syrien lebende Stellvertreter von Adolf Eichmann, Alois Brunner, ausgeliefert wird. Zehn Jahre später verurteilt ihn die französische Justiz - in Abwesenheit.
22 / 25 (Foto: Anonymous/AP/dapd)

Ab 1991 versucht Klarsfeld zu erwirken, dass der in Syrien lebende Stellvertreter von Adolf Eichmann, Alois Brunner, ausgeliefert wird. Zehn Jahre später verurteilt ihn die französische Justiz - in Abwesenheit.

Doch das Lebenswerk der Klarsfelds (mit im Bild: Sohn und Sarkozy-Berater Arno-David) schmälert das nicht. In einem Gedenkbuch, das die beiden Aktivisten veröffentlichen, sind die Namen von über 80.000 Opfern der Judenverfolgung in Frankreich verzeichnet.
23 / 25 (Foto: Reuters)

Doch das Lebenswerk der Klarsfelds (mit im Bild: Sohn und Sarkozy-Berater Arno-David) schmälert das nicht. In einem Gedenkbuch, das die beiden Aktivisten veröffentlichen, sind die Namen von über 80.000 Opfern der Judenverfolgung in Frankreich verzeichnet.

In Frankreich ist Beate Klarsfeld eine anerkannte Person.
24 / 25 (Foto: REUTERS)

In Frankreich ist Beate Klarsfeld eine anerkannte Person.

Doch die Deutschen tun sich mit der unermüdlichen Kämpferin für Gerechtigkeit bis heute schwer.
25 / 25 (Foto: Reuters)

Doch die Deutschen tun sich mit der unermüdlichen Kämpferin für Gerechtigkeit bis heute schwer.

Mittwoch, 13. Februar 2019

Kämpferische Deutsch-Französin Beate Klarsfeld, die Nazi-Jägerin

Beate Klarsfeld ist bekannt als die Frau, die Kanzler Kurt Georg Kiesinger eine Ohrfeige gab und ohne Nachlassen nach NS-Tätern in der bundesrepublikanischen Politik wühlte. Nun wird sie 85 Jahre alt.
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