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Es ist Mittwochabend, der 24. März 1999.
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NATO-Generalsekretär Javier Solana gibt die Luftangriffe der NATO auf die Bundesrepublik Jugoslawien bekannt.
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Wenig später greifen NATO-Luftstreitkräfte Ziele der serbischen Luftverteidigung in Belgrad, Pancevo, Pristina, Novi Sad und Podgorica an.
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(Foto: Associated Press)
Das westliche Verteidigungsbündnis führt seinen ersten Krieg.
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(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Insgesamt 38.000 Flüge, davon 10.484 Kampfeinsätze von Flugzeugen mit sogenannten Präzisionsbomben an Bord, fliegt das transatlantische Verteidigungsbündnis.
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(Foto: Associated Press)
37.000 Kassettenbomben werden abgeworfen. Auch die später geächteten Streubomben kommen zum Einsatz.
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Durch die Angriffe sollen "schwere und systematische" Verletzungen der Menschenrechte in der damals noch serbischen Provinz Kosovo unterbunden werden, heißt es zur Begründung.
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(Foto: Associated Press)
Dabei redet man lieber von "Kampfeinsatz", "Mission" oder "Schritt".
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(Foto: Associated Press)
Auch der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder sagt in seiner Fernsehansprache am 24. März zu den ersten deutschen Kampfeinsätzen seit dem Zweiten Weltkrieg: "Wir führen keinen Krieg."
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Ist doch ein Krieg nach deutscher Verfassung und nach Völkerrecht nicht legitim.
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(Foto: Associated Press)
"Eine gerechte und notwendige Aktion" nennt der spätere NATO-Generalsekretär George Robertson die Kampfeinsätze, an denen sich praktisch alle der damals 19 NATO-Mitglieder beteiligen.
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(Foto: Associated Press)
Der NATO-Einsatz habe eine humanitäre Katastrophe verhindert:
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"Die schlimmste ethnische Säuberung, die wir während eines halben Jahrhunderts in Europa gesehen haben, wurde gestoppt und rückgängig gemacht."
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Wie weit diese tatsächlich stattfand, ist allerdings bis heute umstritten.
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In der Tat war es in den Jahren zuvor wiederholt zu schweren Zusammenstößen der im Kosovo lebenden Albaner mit Serben gekommen.
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(Foto: Associated Press)
Scharmützel sind an der Tagesordnung.
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(Foto: Associated Press)
Ende der 90er-Jahre geht die albanische UCK, die "Befreiungsarmee des Kosovo", zum bewaffneten Kampf gegen die Serben über.
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(Foto: Associated Press)
Serbische Sonderpolizei und Einheiten der Jugoslawischen Armee wiederum führen mehrere Großoffensiven im Kosovo.
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(Foto: Associated Press)
Immer wieder kommt es auch zu Übergriffen auf die albanische Bevölkerung des Kosovo.
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Rund 300.000 Kosovaren befinden sich Ende 1998 auf der Flucht, ...
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(Foto: ASSOCIATED PRESS)
... bei einem Massaker im Januar 1999 werden in Racak mehr als 40 Kosovo-Albaner getötet.
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(Foto: Associated Press)
Dennoch heißt es noch am 22. März 1999 in der Tagesmeldung des Amtes für Nachrichtenwesen der Bundeswehr: "Tendenzen zu ethnischen Säuberungen sind weiterhin nicht zu erkennen."
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(Foto: Associated Press)
Der damalige Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (r.) spricht wenig später dennoch von einem sogenannten serbischen "Hufeisenplan", der darauf abziele, die Albaner gezielt ethnisch zu vertreiben.
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(Foto: Associated Press)
Doch schon während des Krieges wird klar, dass ein solcher Plan nicht existiert, Scharping muss mit dem Vorwurf der "Manipulationen" leben.
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(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Bis heute ist zudem umstritten, inwieweit die NATO überhaupt berechtigt war, diesen Krieg zu führen.
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(Foto: AP)
Schließlich gab es weder einen Angriff auf einen NATO-Mitgliedsstaat noch ein UN-Mandat.
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(Foto: Associated Press)
Auch ist fraglich, inwieweit bei den im Februar stattfindenden Verhandlungen von Rambouillet zwischen den Führern der Kosovo-Albaner und der jugoslawischen Führung unter Slobodan Milosevic tatsächlich alle diplomatischen Mittel ausgeschöpft wurden.
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Nach den Luftangriffen kommt es in Deutschland zu heftigen Protesten und Demonstrationen gegen den Krieg.
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(Foto: Associated Press)
Quer durch alle Parteien gibt es Bedenken und Kritik an der Politik der Bundesregierung und ihrer westlichen Alliierten.
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(Foto: REUTERS)
Nicht nur Linke wie PDS-Chef Gregor Gysi und der damalige SPD-Politiker Oskar Lafontaine kritisieren die Einsätze.
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(Foto: REUTERS)
Auch die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP und der ehemalige OSZE-Vizepräsident und CDU-Bundestagsabgeordnete Willy Wimmer haben massive Einwände.
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(Foto: REUTERS)
Wimmer spricht von einem "ordinären Angriffskrieg".
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Der grüne Bundesaußenminister Joschka Fischer muss sich scharfe Kritik gefallen lassen. Seine Begründung für den Einsatz der Bundeswehr: "Wir haben immer gesagt: 'Nie wieder Krieg!' Aber wir haben auch immer gesagt: 'Nie wieder Auschwitz'", überzeugt nicht alle in seiner Partei.
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Auf seiner Seite weiß er den Philosophen Jürgen Habermas: "Die terroristische Zweckentfremdung staatlicher Gewalt verwandelt den klassischen Bürgerkrieg in ein Massenverbrechen", schreibt dieser in der "Zeit". "Wenn es gar nicht anders geht, müssen demokratische Nachbarn zur völkerrechtlich legitimierten Nothilfe eilen dürfen."
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(Foto: REUTERS)
Die NATO-Chefs zweifeln ebensowenig an der Rechtmäßigkeit der Angriffe. Der Luftkrieg gegen Serbien sei ein wichtiger Erfolg.
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(Foto: REUTERS)
Die Bevölkerung des Kosovo sei geschützt, ...
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(Foto: Associated Press)
... der fast zeitgleich als Kriegsverbrecher angeklagte Slobodan Milosevic, Präsident Jugoslawiens, zur Kapitulation gezwungen worden (im Bild rechts, mit dem russischen Ministerpräsidenten Jewgeni Primakow).
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Zugleich sei das Bündnis im Gegensatz zu Milosevics Hoffnungen und Erwartungen nicht auseinandergebrochen. Die gemeinsame Front gegen Serbien sei fest geblieben.
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Vor allem habe die NATO gegenüber Russland unter Präsident Boris Jelzin gezeigt, dass sie auch militärisch ernst zu nehmen sei.
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Das Verteidigungsbündnis verweist zudem darauf, dass während des Luftkriegs kein einziger NATO-Soldat im Kampf getötet wurde.
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(Foto: REUTERS)
Kritiker meinen hingegen, dies sei nur möglich gewesen, weil die NATO keine Bodentruppen eingesetzt habe.
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Indem sie sich auf Bombardierungen aus großer Höhe beschränkt habe, habe sie zivile Opfer in Kauf genommen.
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Die NATO widerspricht vehement: Die Ziele seien genau ausgewählt worden, um zivile Opfer zu vermeiden.
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"Aber es war unvermeidlich, dass Fehler passieren und dass Waffensysteme manchmal nicht korrekt funktionieren."
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Wie etwa bei diesem Angriff auf eine Brücke, bei dem im April 1999 zehn Zivilisten getötet wurden.
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Durch die Luftangriffe zerstört die NATO nicht nur viele Industrieanlagen, Brücken und Flughäfen, sondern auch Schulen, Krankenhäuser und Wohnsiedlungen.
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Auf die Frage, wie viele Ziele genau zerstört wurden, antwortet der NATO-Oberbefehlshaber, US-General Wesley Clark, knapp: "Genügend."
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Der materielle Schaden nach 79 Tagen Krieg: Zwischen 30 und 100 Milliarden Dollar.
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Laut "Human Rights Watch" kommen bis zu 530 Zivilisten bei den Militärschlägen ums Leben. Und noch immer stellen Blindgänger eine Gefahr für die Bevölkerung der Region dar.
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Eine weitere unmittelbare Folge der Luftangriffe ist die Verschlechterung der Lage für die Menschen nicht nur im Kosovo, sondern auch in Serbien und Montenegro.
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Serbische Truppen vertreiben zunächst verstärkt albanische Zivilisten, ...
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... deren Zahl nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz auf 800.000 steigt.
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Erst nach fast drei Monaten - wesentlich später als erwartet - lenkt Milosevic schließlich ein.
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Am 9. Juni einigen sich die NATO und Jugoslawien auf einen Abzug der serbischen Truppen aus dem Kosovo und die Stationierung einer NATO-geführten Friedenstruppe unter UN-Mandat.
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(Foto: AP)
Die NATO beendet ihr Bombardement, drei Tage später rückt die Kfor in das Kosovo ein.
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Und wieder setzt ein Flüchtlingsstrom ein. 860.000 Albaner kehren nach Angaben des UN-Flüchtlingswerk UNHCR ins Kosovo zurück.
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Gleichzeitig flüchten mehr als 230.000 Serben, Roma und andere Nicht-Albaner aus Angst vor albanischem Terror nach Serbien.
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Was Milosevic letztendlich zur Kapitulation zwang, wird bis heute diskutiert.
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Die NATO sieht den Abzug aus dem Kosovo als Folge der zunehmenden Zerstörungen in Serbien, der ständigen Verstärkung der Luftangriffe und des drohenden Einsatzes von Bodentruppen ...
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(Foto: AP)
.... sowie einer politischen Wende Jelzins, die in Serbien als russischer "Verrat" empfunden wurde.
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(Foto: Associated Press)
Für Moskau bleibt der Krieg eine völkerrechtswidrige Offensive der NATO, die Russland bis zum heutigen Tag aufs Schärfste verurteilt - allerdings ungeachtet der Tatsache, dass es selbst seit Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt.
März 1999: Bomben auf Belgrad Der erste Krieg der NATO
Tausende Kampfeinsätze, Zehntausende Flüchtlinge: 1999 führt die NATO ihren ersten Krieg. Und muss angesichts ziviler Opfer zugeben: "Es war unvermeidlich, dass Fehler passieren und dass Waffensysteme manchmal nicht korrekt funktionieren." Kritik an der NATO kommt schon damals aus Moskau.
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