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Die zahlreichen Flüchtlingsboote, die derzeit Lampedusa erreichen, überfordern nicht nur die Behörden der italienischen Insel, sondern auch die Regierung in Rom.
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Die zahlreichen Flüchtlingsboote, die derzeit Lampedusa erreichen, überfordern nicht nur die Behörden der italienischen Insel, sondern auch die Regierung in Rom.

Dabei regiert dort seit zwölf Monaten eine Koalition, deren Mitglieder schon seit Jahren eine immer schärfere Abwehr von Migranten fordern. Nun zeigt sich: Auch sie hat kein Rezept für eine schnelle Lösung.
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Dabei regiert dort seit zwölf Monaten eine Koalition, deren Mitglieder schon seit Jahren eine immer schärfere Abwehr von Migranten fordern. Nun zeigt sich: Auch sie hat kein Rezept für eine schnelle Lösung.

Wie auch? Erst im Juli hatten die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der niederländische Premier Mark Rutte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Deal für die Eindämmung der Migration übers Mittelmeer mit dem tunesischen Machthaber Kais Saied unterzeichnet.
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Wie auch? Erst im Juli hatten die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der niederländische Premier Mark Rutte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Deal für die Eindämmung der Migration übers Mittelmeer mit dem tunesischen Machthaber Kais Saied unterzeichnet.

Aber Saied kann oder will nicht verhindern, dass Flüchtlinge in Tunesien die Boote nach Lampedusa besteigen. Nach Unterzeichnung des Deals kamen jedenfalls nicht weniger, sondern mehr Migranten über das Mittelmeer.
4 / 28 (Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Aber Saied kann oder will nicht verhindern, dass Flüchtlinge in Tunesien die Boote nach Lampedusa besteigen. Nach Unterzeichnung des Deals kamen jedenfalls nicht weniger, sondern mehr Migranten über das Mittelmeer.

Nicht zum ersten Mal: Seit mehr als zehn Jahren kommen vor allem im Sommer immer wieder Tausende Flüchtlinge über die zentrale Mittelmeerroute nach Lampedusa, das nur 140 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt liegt.
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Nicht zum ersten Mal: Seit mehr als zehn Jahren kommen vor allem im Sommer immer wieder Tausende Flüchtlinge über die zentrale Mittelmeerroute nach Lampedusa, das nur 140 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt liegt.

Auch jetzt erreichten binnen weniger Tage Tausende Lampedusa - eine Insel, die selbst nur 6000 Einwohner hat. Rasch war das Aufnahmelager überfüllt. Die Versorgung der Menschen dort ist katastrophal.
6 / 28 (Foto: IMAGO/ZUMA Press)

Auch jetzt erreichten binnen weniger Tage Tausende Lampedusa - eine Insel, die selbst nur 6000 Einwohner hat. Rasch war das Aufnahmelager überfüllt. Die Versorgung der Menschen dort ist katastrophal.

Auf dem Friedhof von Lampedusa werden auch Migranten bestattet, die die Insel nur tot erreichen. Die Kreuze auf ihren Gräbern sind aus dem Holz der Flüchtlingsboote gezimmert.
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Auf dem Friedhof von Lampedusa werden auch Migranten bestattet, die die Insel nur tot erreichen. Die Kreuze auf ihren Gräbern sind aus dem Holz der Flüchtlingsboote gezimmert.

Am Montag verließen etwa hundert Migranten das Erstaufnahmelager in der Hafenstadt Porto Empedocle. Sie kletterten über Zäune und durchbrachen Absperrungen.
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Am Montag verließen etwa hundert Migranten das Erstaufnahmelager in der Hafenstadt Porto Empedocle. Sie kletterten über Zäune und durchbrachen Absperrungen.

Der örtliche Bürgermeister, Calogero Martello, äußerte dafür Verständnis: Die Menschen hätten nach Essen und Trinken gesucht, sagte er dem Sender RAI. Die Bedingungen im Lager seien unmenschlich.
9 / 28 (Foto: AP)

Der örtliche Bürgermeister, Calogero Martello, äußerte dafür Verständnis: Die Menschen hätten nach Essen und Trinken gesucht, sagte er dem Sender RAI. Die Bedingungen im Lager seien unmenschlich.

Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini sprach dagegen mit Blick auf die Ankunft der Migranten in Lampedusa von einem "Akt des Krieges" und witterte etwas "Organisiertes, um eine Regierung in Schwierigkeiten zu bringen".
10 / 28 (Foto: IMAGO/Matteo Gribaudi)

Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini sprach dagegen mit Blick auf die Ankunft der Migranten in Lampedusa von einem "Akt des Krieges" und witterte etwas "Organisiertes, um eine Regierung in Schwierigkeiten zu bringen".

Meloni und von der Leyen besuchten Lampedusa am Sonntag, um ein Zeichen zu setzen: Wir tun was. Die eine hofft darauf, eine EU-Asylrechtsreform durchsetzen zu können, die andere hatte den Italienern sinkende Migrationszahlen versprochen.
11 / 28 (Foto: AP)

Meloni und von der Leyen besuchten Lampedusa am Sonntag, um ein Zeichen zu setzen: Wir tun was. Die eine hofft darauf, eine EU-Asylrechtsreform durchsetzen zu können, die andere hatte den Italienern sinkende Migrationszahlen versprochen.

Man könnte das Zeichen, das ihr Besuch aussandte, aber auch anders verstehen: als Signal der Hilflosigkeit. Weder eine Asylrechtsreform noch eine postfaschistische Regierungschefin können verhindern, dass sich Menschen in Tunesien in Boote setzen, um Italien zu erreichen.
12 / 28 (Foto: AP)

Man könnte das Zeichen, das ihr Besuch aussandte, aber auch anders verstehen: als Signal der Hilflosigkeit. Weder eine Asylrechtsreform noch eine postfaschistische Regierungschefin können verhindern, dass sich Menschen in Tunesien in Boote setzen, um Italien zu erreichen.

Von der Leyen sicherte Meloni auf Lampedusa die Solidarität der EU zu. Die Frage ist allerdings, ob mangelnde Solidarität das Problem ist.
13 / 28 (Foto: IMAGO/ZUMA Press)

Von der Leyen sicherte Meloni auf Lampedusa die Solidarität der EU zu. Die Frage ist allerdings, ob mangelnde Solidarität das Problem ist.

Das echte Problem der Solidarität sei nicht, dass Italien im Stich gelassen werde, sondern, "dass manche Länder - wie Ungarn, wie Kroatien, wie Bulgarien, auch Italien - bei der Behandlung von Asylsuchenden und Flüchtlingen die europäischen Standards nicht einhalten", sagt der Migrationsexperte Gerald Knaus bei ntv.
14 / 28 (Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Das echte Problem der Solidarität sei nicht, dass Italien im Stich gelassen werde, sondern, "dass manche Länder - wie Ungarn, wie Kroatien, wie Bulgarien, auch Italien - bei der Behandlung von Asylsuchenden und Flüchtlingen die europäischen Standards nicht einhalten", sagt der Migrationsexperte Gerald Knaus bei ntv.

Damit würden weitere Gründe geschaffen, dass Menschen Richtung Norden - nach Deutschland, Österreich, Frankreich und in die Schweiz - weiterziehen, so Knaus.
15 / 28 (Foto: picture alliance / ANSA)

Damit würden weitere Gründe geschaffen, dass Menschen Richtung Norden - nach Deutschland, Österreich, Frankreich und in die Schweiz - weiterziehen, so Knaus.

In Frankreich und Österreich gebe es viel mehr Asylanträge als in Italien. "Die Leute ziehen weiter - von selbst. Da brauchen wir gar keine Verteilung."
16 / 28 (Foto: AP)

In Frankreich und Österreich gebe es viel mehr Asylanträge als in Italien. "Die Leute ziehen weiter - von selbst. Da brauchen wir gar keine Verteilung."

Die Diskussion über eine Verteilung von Flüchtlingen in Europa hält Knaus daher für "total weltfremd". Die zentrale Frage sei eine andere: "Wie kann man an den Außengrenzen der EU ohne Menschenrechtsverletzungen irreguläre Migration reduzieren?"
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Die Diskussion über eine Verteilung von Flüchtlingen in Europa hält Knaus daher für "total weltfremd". Die zentrale Frage sei eine andere: "Wie kann man an den Außengrenzen der EU ohne Menschenrechtsverletzungen irreguläre Migration reduzieren?"

Aus Knaus' Sicht ist die einzig sinnvolle Strategie, irreguläre Migration durch reguläre Migration und Kooperation zu ersetzen. Heißt: Europa braucht verlässliche Partnerländer auf der anderen Seite des Mittelmeers, die Geflüchtete zurücknehmen und dafür sorgen, dass sie gar nicht erst aufbrechen.
18 / 28 (Foto: AP)

Aus Knaus' Sicht ist die einzig sinnvolle Strategie, irreguläre Migration durch reguläre Migration und Kooperation zu ersetzen. Heißt: Europa braucht verlässliche Partnerländer auf der anderen Seite des Mittelmeers, die Geflüchtete zurücknehmen und dafür sorgen, dass sie gar nicht erst aufbrechen.

Im Gegenzug müsste sich die EU beispielsweise verpflichten, eine begrenzte Arbeitsmigration aus diesen Ländern zuzulassen. Auch Asylanträge von Menschen aus Drittstaaten müssten in diesen Partnerländern gestellt werden.
19 / 28 (Foto: REUTERS)

Im Gegenzug müsste sich die EU beispielsweise verpflichten, eine begrenzte Arbeitsmigration aus diesen Ländern zuzulassen. Auch Asylanträge von Menschen aus Drittstaaten müssten in diesen Partnerländern gestellt werden.

Von einer solchen Lösung ist Europa weit entfernt. Einfacher sind daher Forderungen, die Knaus als "pures politisches Theater" bezeichnet. Etwa die nach stärkeren Kontrollen an den deutschen Grenzen.
20 / 28 (Foto: picture alliance/dpa)

Von einer solchen Lösung ist Europa weit entfernt. Einfacher sind daher Forderungen, die Knaus als "pures politisches Theater" bezeichnet. Etwa die nach stärkeren Kontrollen an den deutschen Grenzen.

Frankreich etwa kontrolliere an seinen Binnengrenzen bereits seit November 2015, sagt Knaus. Natürlich werden dort auch Leute zurückgewiesen. "Aber diese Leute verschwinden nicht einfach, ...
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Frankreich etwa kontrolliere an seinen Binnengrenzen bereits seit November 2015, sagt Knaus. Natürlich werden dort auch Leute zurückgewiesen. "Aber diese Leute verschwinden nicht einfach, ...

... die probieren es ein zweites, ein drittes, zur Not auch ein viertes Mal. Zwischen 2015 und 2019 hat sich die Zahl der Asylanträge in Frankreich verdoppelt!"
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... die probieren es ein zweites, ein drittes, zur Not auch ein viertes Mal. Zwischen 2015 und 2019 hat sich die Zahl der Asylanträge in Frankreich verdoppelt!"

Als Symbol für ein italienisches Problem taugt Lampedusa also nur begrenzt. Nach Daten der Europäischen Asyl-Agentur wurden im ersten Halbjahr nicht in Italien die meisten Asylanträge gestellt, sondern in Deutschland.
23 / 28 (Foto: picture alliance/dpa/LaPresse/AP)

Als Symbol für ein italienisches Problem taugt Lampedusa also nur begrenzt. Nach Daten der Europäischen Asyl-Agentur wurden im ersten Halbjahr nicht in Italien die meisten Asylanträge gestellt, sondern in Deutschland.

Und auch das relativiert sich, wenn man die Anträge ins Verhältnis zur Bevölkerung setzt: Pro tausend Einwohner gab es die meisten Asylanträge in Zypern: 4,5. Auf Platz zwei folgt Österreich mit 2,5 Anträgen, dann Estland mit 2.
24 / 28 (Foto: picture alliance / ANSA)

Und auch das relativiert sich, wenn man die Anträge ins Verhältnis zur Bevölkerung setzt: Pro tausend Einwohner gab es die meisten Asylanträge in Zypern: 4,5. Auf Platz zwei folgt Österreich mit 2,5 Anträgen, dann Estland mit 2.

Deutschland ist in dieser Liste mit 1,9 Asylanträgen pro eintausend Einwohner auf Platz vier.
25 / 28 (Foto: picture alliance/dpa)

Deutschland ist in dieser Liste mit 1,9 Asylanträgen pro eintausend Einwohner auf Platz vier.

Und Lampedusa? Der französische Migrationsforscher Matthieu Tardis sagt, die Insel habe eher ein "logistisches Problem".
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Und Lampedusa? Der französische Migrationsforscher Matthieu Tardis sagt, die Insel habe eher ein "logistisches Problem".

Soll heißen: Erst nach und nach wurden die Migranten auf das italienische Festland gebracht.
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Soll heißen: Erst nach und nach wurden die Migranten auf das italienische Festland gebracht.

"Wenn diese paar tausend Menschen auf dem italienischen Festland gelandet wären, hätte das keine Polemik ausgelöst", so Matthieu Tardis. "Wir haben es mit einer politischen Instrumentalisierung zu tun." (hvo)
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"Wenn diese paar tausend Menschen auf dem italienischen Festland gelandet wären, hätte das keine Polemik ausgelöst", so Matthieu Tardis. "Wir haben es mit einer politischen Instrumentalisierung zu tun." (hvo)

Mittwoch, 20. September 2023

Überlastete Insel Lampedusa zeigt die Hilflosigkeit Europas

Auf Lampedusa sind in den vergangenen Tagen mehr Migranten gelandet, als die italienische Insel Einwohner hat. Als Symbol für den Untergang Europas taugt die Insel allerdings nicht - eher für die Ratlosigkeit der europäischen Migrationspolitik.
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