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Am Morgen kommt die Eilmeldung: Bundeskanzler Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Mario Draghi sind auf dem Weg nach Kiew, per Nachtzug von Polen aus.
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Keiner der drei war in der Ukraine, seit das Land von Russland überfallen wurde. Vor allem die Reise des Kanzlers war lange erwartet worden - irgendetwas kam immer dazwischen. Vor vier Wochen sagte Scholz bei RTL, ein Besuch dort dürfe "nicht nur ein Fototermin" sein.
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Am Bahnhof von Kiew trennen sich die Wege der drei zunächst. Bundeskanzler Scholz …
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… wird von der deutschen Botschafterin Anka Feldhusen begrüßt - und von einem Luftalarm. Insgesamt warnen die Sirenen in Kiew an diesem Tag zwei Mal vor russischen Raketen.
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Alle drei fahren in dasselbe Hotel, um sich nach der nächtlichen Fahrt frisch zu machen.
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Dort stößt der vierte Reise-Teilnehmer dazu, der rumänische Präsident Klaus Iohannis. Rumänien ist direkter Nachbar der Ukraine.
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Beim Dresscode scheinen Draghi und Macron sich durchzusetzen: Anders als die meisten Besucher vor ihnen tragen die vier kein lockeres Outfit, sondern die klassischen Politiker-Anzüge.
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Sie fahren nach Irpin, einen Vorort von Kiew.
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Ähnlich wie im benachbarten Butscha, durch das Scholz auf dem Weg dorthin fährt, wurden in Irpin nach dem Rückzug der russischen Truppen Ende März knapp 300 teils hingerichtete Zivilisten tot aufgefunden.
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Der ukrainische Minister für regionale Angelegenheiten, Oleksij Tschernyschow, führt Scholz und die anderen an der verkohlten Ruine eines Wohnhauses vorbei.
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"Es ist eine ganze Stadt zerstört worden, in der überhaupt gar keine militärischen Infrastrukturen waren", sagt Scholz.
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"Und das sagt sehr viel aus über die Brutalität des russischen Angriffskriegs, der einfach auf Zerstörung und Eroberung aus ist."
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"Es ist ein furchtbarer Krieg, und Russland treibt ihn mit größter Brutalität ohne Rücksicht auf Menschenleben voran", sagt Scholz mit versteinerter Miene.
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Die Zerstörungen in Irpin seien ein Mahnmal dafür, dass etwas zu tun sei.
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"Das hier ist ein Ort der Zerstörung, aber auch der Hoffnung", sagt Draghi in Irpin - er traut der Ukraine einen umfassenden Wiederaufbau zu.
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Macron spricht später von der freien und unabhängigen Ukraine, die das Gegenteil der Barbarei sei, "die wir heute Morgen gemeinsam in Irpin gesehen haben".
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Rumäniens Präsident Iohannis fordert, dass die russischen Gräuel vor ein internationales Strafgericht gebracht werden.
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Danach treffen die vier sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Nacheinander begrüßt er sie ...
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... vor dem ukrainischen Präsidentenpalast.
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Scholz kommt mit der Aktentasche, von der er einmal sagte, er trage sie, "bis sie auseinanderfällt".
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Im Gespräch mit Selenskyj geht es vermutlich vor allem über den von ihm angestrebten EU-Beitritt seines Landes und über die Versorgung mit Waffen.
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Denn der Ukraine geht langsam die Munition aus, und da Kaliber für Waffen sowjetischer Bauart so gut wie nicht verfügbar sind, ...
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... muss sie nun langsam auf westliches Material wechseln. Mitten im Krieg ist das ein großer Kraftakt.
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Ihre eigene Waffenindustrie wurde bereits von russischen Raketenangriffen zerstört, ohne westliche Hilfe kann sie den Krieg nicht überstehen.
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Erst am Mittwoch hatte der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew deutlich gemacht, dass Russland sich nicht mit dem Donbass zufrieden geben wird. Er habe gelesen, die Ukraine wolle Verträge über die Lieferung von US-amerikanischem Flüssiggas für zwei Jahre abschließen, …
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… schrieb Medwedew, der früher als "moderat" galt, auf Telegram. Und fügte hinzu: "Nur eine Frage: Wer hat denn gesagt, dass die Ukraine in zwei Jahren überhaupt noch auf der Weltkarte existieren wird?"
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Für die Ukraine geht es in diesem Krieg nicht um ein paar Quadratkilometer Land, es geht um die Existenz. Draghi, Macron, Iohannis und Scholz machen in der anschließenden Pressekonferenz mit Selenskyj klar, dass sie das verstehen.
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Macron sagt, der Besuch der vier in Kiew bringe den "brüderlichen Gruß der europäischen Völker an ein freies, souveränes Volk zum Ausdruck".
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"Europa steht an Ihrer Seite und bleibt dies solange wie dies nötig ist, bis der Sieg das Gesicht der Rückkehr des Friedens tragen wird in eine freie und unabhängige Ukraine, ein Gesicht, das das Gegenteil der Barbarei ist, die wir heute Morgen gemeinsam in Irpin gesehen haben." Was dort geschehen sei, "das erinnert an die finstersten Stunden unserer Geschichte".
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Neue Ankündigungen von Waffenlieferungen hat Scholz nicht mitgebracht, aber er sagt: "Wir unterstützen die Ukraine auch mit der Lieferung von Waffen und wir werden das weiterhin tun, solange die Ukraine unsere Unterstützung benötigt."
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Dieses Signal ist mindestens ebenso wichtig wie die in Aussicht gestellte EU-Mitgliedschaft: Europa will helfen, solange dies nötig ist.
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Alle vier sagen zu, innerhalb der EU sich dafür einzusetzen, dass die Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten bekommt - dafür ist Einstimmigkeit nötig. Ausdrücklich sagt Scholz, es sei offensichtlich, dass auch die EU sich verändern müsse, um die Beitritte möglich zu machen.
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Die Unstimmigkeiten zwischen Kiew und Berlin scheinen mit dem Besuch ausgeräumt zu sein. "Ich bin sehr zufrieden mit unserem Treffen, das sage ich offen", sagt Selenskyj auf der Pressekonferenz.
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Für Scholz dürfte sich die Reise damit politisch gelohnt haben. Ob das auch für die Ukraine gilt, hängt davon ab, ob die versprochenen Waffen endlich ankommen. (hvo/dpa)
Scholz in Kiew Mehr als ein Fototermin
Lange hat er gezögert, doch am 113. Tag des russischen Kriegs gegen die Ukraine reist Bundeskanzler Scholz nach Kiew. Er verspricht keine neuen Waffen, macht aber klar: Europa wird die Ukraine unterstützen, solange dies nötig ist.
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