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Etwa 140 Kilometer nordöstlich von Rom befindet sich das mittlerweile geschlossene Berghotel "Campo Imperatore".
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Über Jahrzehnte ist die Anlage auf einem Hochplateau des Gebirgsmassivs Gran Sasso ein beliebter Ausflugsort für Skiurlauber.
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Weltweite Bekanntheit erlangt das abgeschiedene Hotel durch seinen berühmtesten Gast.
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Im Zweiten Weltkrieg wird Italiens gestürzter Diktator Benito Mussolini hier festgehalten, ehe deutsche Soldaten ihn am 12. September 1943 befreien.
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Die NS-Propaganda bauscht das Kommandounternehmen zur militärischen Großtat auf und feiert den SS-Offizier Otto Skorzeny als "Mussolini-Befreier".
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503A-01 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
Doch der Einsatz ist weit weniger abenteuerlich als behauptet.
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"Die Mussolini-Befreiung war eine Inszenierung und ein perfekt eingefädelter Propaganda-Coup der SS", sagt der österreichische Historiker Thomas Riegler ntv.de.
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Seit 1925 ist Mussolini in Italien an der Macht. Zunächst geht er massiv gegen Oppositionelle und Minderheiten im Inneren vor, schließlich interveniert er auch im Ausland und ...
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... tritt an der Seite Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg ein. Mit den militärischen Misserfolgen in Griechenland und Nordafrika beginnt der Stern des Diktators jedoch zu sinken.
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15 Tage nach der Landung der Alliierten auf Sizilien kommt es am 25. Juli 1943 in Rom zur Rebellion.
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Das Führungsgremium seiner eigenen Partei, der Faschistische Großrat, entmachtet Mussolini, kurz darauf wird er verhaftet.
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Marschall Pietro Badoglio übernimmt die Regierungsgeschäfte und sucht Kontakt zu den Westalliierten. Ziel ist es, das Bündnis mit Nazi-Deutschland zu beenden.
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Adolf Hitler ist außer sich, als er von dem Umsturz in Italien erfährt.
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Der Diktator setzt alle Hebel in Bewegung, um herauszufinden, wo sein Verbündeter festgehalten wird.
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Gleichzeitig befiehlt er deutschen Truppen, wichtige Einrichtungen in ganz Norditalien zu besetzen.
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"Hitler wollte mit der Befreiung von Mussolini demonstrieren, dass die 'Achse' Berlin-Rom weiterhin Bestand hat", sagt Riegler.
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(Foto: picture alliance/United Archives)
"Außerdem brauchte er den Diktator, um die faschistischen Kräfte im Norden Italiens zu sammeln."
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Ende August spüren die Deutschen Mussolini auf der kleinen Insel La Maddalena bei Sardinien auf.
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Doch kurz vor der geplanten Befreiungsaktion wird der "Duce" aufs Festland verlegt.
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Ein abgefangener Funkspruch bringt die Deutschen wieder ins Spiel. Die Spur führt zum "Campo Imperatore".
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Das abgelegene Berghotel auf 2130 Metern Höhe ist nur über eine Drahtseilbahn zu erreichen und daher einfach zu verteidigen.
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Der Oberbefehlshaber der deutschen Fallschirmjäger, Generaloberst Kurt Student, bekommt von Hitler den Auftrag, Mussolini zu befreien.
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Zusammen mit seinem Stab erarbeitet er innerhalb weniger Stunden den Plan für das "Unternehmen Eiche".
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Die Zeit drängt. Am 3. September unterzeichnet die Regierung Badoglio einen Waffenstillstand mit den Alliierten.
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Am selben Tag landen alliierte Truppen in der Region Kalabrien auf dem italienischen Festland.
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Dem Befreiungsplan zufolge sollen zehn Lastensegler mit Fallschirmjägern auf dem Plateau landen und die Wachen überrumpeln.
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503C-35 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
Mit der Erstürmung des Hotels wird das Fallschirmjäger-Lehrbataillon unter Major Harald Mors (Mitte) betraut.
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Zeitgleich erhält eine andere Gruppe den Befehl, die Talstation zu erobern, um mit der Seilbahn das Hotel zu erreichen.
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Doch dann mischt sich SS-Chef Heinrich Himmler ein.
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(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Er setzt durch, dass auch eine Abordnung seiner Schutzstaffel in die Befreiungsaktion eingebunden wird.
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Die 16 SS-Männer unter dem Befehl von Skorzeny, Mitglied einer Spezialeinheit für Agenteneinsätze, erhalten daraufhin die Aufgabe, die Landezone zu sichern.
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Als sich die Schleppflugzeuge mit den Lastenseglern am Nachmittag des 12. September in die Luft schwingen, ist das Wetter ideal.
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Große Haufenwolken geben den Maschinen ausreichend Deckung. 25 Kilometer vor dem Ziel werden die Lastensegler ausgeklinkt und gehen in den Gleitflug.
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Doch die ersten Maschinen haben zu viel Tempo und müssen eine Schleife drehen. Dadurch landet der Lastensegler mit Skorzeny als Erster auf dem Plateau.
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Die Gelegenheit lässt sich der Österreicher nicht nehmen und läuft mit seinen Männern auf das Hotel zu.
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In seinen Erinnerungen schildert Skorzeny die anschließenden Ereignisse wie folgt: ...
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(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
... "Von unserer Seite war noch immer kein Schuss gefallen und wir warfen die vor dem Hotel postierten Maschinengewehre mit den Füßen um."
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"Ein Großteil der italienischen Carabinieri-Bewachung drängte aus dem Hoteleingang heraus, aber es gelang Leutnant Schwerdt und mir, uns durchzuboxen, in den 1. Stock zu kommen und den Raum, wo sich Mussolini befand, zu erreichen."
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"Die dort befindlichen drei italienischen Offiziere wurden mit Brachialgewalt aus dem Raum geworfen", schreibt der SS-Offizier.
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Skorzeny übertreibt. Die etwa 70 Mann starke Wachmannschaft hätte die anstürmenden SS-Männer leicht ausschalten können.
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503C-14 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
Doch die Italiener haben Befehl, nicht zu schießen.
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503B-17 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
Nur wenige Stunden bevor die Lastensegler landen, erhalten die zwei Kommandeure im "Campo Imperatore" einen Anruf vom Polizeichef der Regierung Badoglio.
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503C-13 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
Dieser weist an, "maximale Vorsicht" walten zu lassen. Daraufhin beschließen die beiden, keinen Widerstand zu leisten.
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503A-08 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
Während der Befreiungsaktion sind die meisten Wachen daher zu Tisch oder halten Mittagsschlaf. Von Kampfstimmung keine Spur.
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503A-04 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
Auf eine Entwaffnung der Carabineri verzichten die deutschen Fallschirmjäger denn auch.
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503C-17 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
Ein Kriegskorrespondent der Wehrmacht knipst sogar Fotos, auf denen Deutsche und Italiener einträchtig mit Mussolini beieinanderstehen.
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Unrasiert und in einen schwarzen Mantel gehüllt tritt Mussolini aus dem Hotel.
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Viele der Fallschirmjäger berichten nach Kriegsende, wie sehr der Anblick des einst mächtigsten Mannes Italiens sie erschreckt habe.
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Statt eines charismatischen Führers begegnet ihnen ein apathisch wirkender, kränkelnder Mann mit eingefallenen Gesichtszügen.
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Innerlich hat der Diktator mit der Politik abgeschlossen und sehnt sich nach einem Rückzug ins Privatleben.
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"Der Umsturz hatte Mussolini innerlich gebrochen", sagt Riegler.
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"Zudem wusste er, dass diese 'Befreiung' durch die Deutschen auch eine Gefangennahme war."
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Warum die Italiener Mussolini kampflos hergeben, ist nicht eindeutig geklärt.
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Einige Historiker gehen davon aus, dass die Regierung Badoglio Interesse hat, das Problem Mussolini loszuwerden.
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So ist sie nicht mehr in der Verpflichtung, den "Duce" an die Alliierten auszuliefern, was wahrscheinlich Repressionen der Deutschen nach sich gezogen hätte.
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Spekuliert wird daher auch, dass den Deutschen das Versteck von Mussolini absichtlich zugespielt wird.
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Nach Stationen in Wien und München trifft Mussolini am 14. September im Führerhauptquartier in Ostpreußen ein.
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Hitler macht seinem amtsmüden Verbündeten zum Chef eines Marionettenregimes in Norditalien.
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Später schlägt Mussolini in Saló am Gardasee sein Lager auf. Doch die sogenannte Italienische Sozialrepublik hat weder Einfluss noch Bestand.
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Kurz vor Kriegsende wird Mussolini am 28. April 1945 von Partisanen erschossen.
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Für den Einsatz am Gran Sasso erntet derweil Skorzeny die Lorbeeren.
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Der Österreicher wird befördert, mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet und im Rahmen einer Kundgebung im Berliner Sportpalast geehrt.
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Nach dem Krieg flüchtet der überzeugte Nationalsozialist ins spanische Exil und bringt die Erinnerungen an seine Spezialeinsätze zu Papier.
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Die Legende über die Mussolini-Befreiung bekommt erst nach und nach Risse.
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(Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503C-14 / Toni Schneiders / CC-BY-SA 3.0)
1973 rückt Fallschirmjäger-Major Mors (links neben Mussolini) die Geschehnisse ins rechte Licht.
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Aus "propagandistischen Gründen" sei der Ruhm der SS zugeschanzt worden, heißt es. Dabei sei Skorzeny nur als "Beobachter" dabei gewesen.
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"Skorzeny hat es meisterhaft verstanden, sich in den Vordergrund zu drängen und der SS zu einem Propagandaerfolg zu verhelfen", sagt Riegler.
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(Foto: ullstein bild via Getty Images)
"Er war charismatisch, aber als Militär hat er bestenfalls durchschnittliche Leistungen erbracht."
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(Foto: Gamma-Rapho via Getty Images)
"Trotzdem entstand nach dem Krieg die Legende vom 'gefährlichsten Mann Europas', weil Skorzeny als Figur interessant und spannend war. Mit seinen Memoiren hat er an diesem Mythos selbst mitgestrickt", so Riegler. (jpe)
Spezialeinsatz in den Abruzzen Als Hitlers Fallschirmjäger Mussolini "befreiten"
Am 12. September 1943 befreien deutsche Soldaten Italiens gestürzten Diktator Benito Mussolini. Die NS-Propaganda feiert das Luftlandeunternehmen in den Abruzzen als Glanzleistung. Die Lorbeeren für den Einsatz heimst ein umtriebiger SS-Offizier ein.
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