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Wenn die Bahn streikt, steht Deutschland in Teilen still. So wie in diesen Tagen. Für die Betroffenen ist der Arbeitskampf ein großes Ärgernis. Für die Beschäftigten jedoch ihr gutes Recht. Um sich öffentlichkeitswirksam für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen, setzen Beschäftigte immer wieder auf nervenaufreibende Arbeitskämpfe.
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Manche hissen nicht nur die Fahne, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Dabei können die Ziele der Streikenden unterschiedlich sein.
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Einige fordern mehr Geld.
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Andere streiken für eine bessere Rente. Der Arbeitskampf hat eine lange Geschichte.
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Schon 1159 v. Chr. streiken Menschen für bessere Arbeitsbedingungen in Ägypten. Der Papyrus von Amunnakht beschreibt den ersten überlieferten Streik der Menschheit. (Symbolbild: Ägyptischer Papyrus, etwa 1550 v. Chr.)
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Nach Deutschland kommt der Arbeitskampf mit der Industrialisierung: Im 19. Jahrhundert legen vor allem Arbeiter im Buchdruck, im Bergbau und in der Industrie immer wieder die Arbeit nieder. Bei einem großen Streik 1873 erkämpfen Buchdrucker erstmals einen Flächentarifvertrag. Das Gemälde "Der Streik" (1886) des Malers Robert Koehler ist bis heute Teil der deutschen Geschichtsbücher. Hier die spektakulärsten Arbeitskämpfe im Nachkriegsdeutschland:
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Am 12. November 1948 - ein halbes Jahr vor Gründung der Bundesrepublik - wird eine "Arbeitsruhe" in der amerikanischen sowie der britischen Besatzungszone ausgerufen.
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Rund neun Millionen Beschäftigte protestieren für mehr Lohn und Mitbestimmung in den Betrieben. Der Streik richtet sich gegen das Missverhältnis zwischen gestiegenen Preisen, vor allem für Lebensmittel, auf der einen und den gesetzlich eingefrorenen Löhnen nach der Währungsreform auf der anderen Seite. Er ist der größte Streik der westdeutschen Geschichte.
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Streiks können sich schnell zum Generalstreik entwickeln und die gesamte Wirtschaft lahmlegen. Deshalb regelt seit 1949 der Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes das Streikrecht in der Bundesrepublik. Ein Streik muss von einer Gewerkschaft ausgerufen worden sein und eine tarifvertragliche Regelung zum Ziel haben. (Im Bild: Bundeskanzler Konrad Adenauer unterschreibt das Grundgesetz)
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Am 13. Oktober 1949 gründen 16 Gewerkschaften den deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Dachorganisation der BRD.
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Ihr erster Vorsitzender ist der 74-jährige Hans Böckler.
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Eine große Niederlage im Arbeitskampf erlebt der DGB nur drei Jahre später: Im Mai 1952 gehen über eine Million Beschäftigte auf die Straße und fordern mehr Mitbestimmung innerhalb der betrieblichen Interessenvertretung. Sie soll durch das Betriebsverfassungsgesetz geregelt werden. (Hier Streikende in Düsseldorf)
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Verhandlungen zwischen Bundesregierung und DGB bleiben jedoch ergebnislos. Am 19. Juli 1952 verabschiedet der Deutsche Bundestag das Gesetz ohne gewerkschaftliche Beteiligung.
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Am 24. Oktober 1956 treten zunächst 18.000 Metaller aus 15 Betrieben in Schleswig-Holstein für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in den Streik. (Hier die Kieler Howaldts-Werft)
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Nach 114 Tagen endet der Arbeitskampf. Es ist der drittlängste Streik in der bundesdeutschen Geschichte. Er endet mit einem Kompromiss Noch im selben Jahr tritt das Arbeiterkrankheitsgesetz in Kraft.
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1963 ruft die IG Metall erneut zum Arbeitskampf auf.
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Am 29. April legen mehr als 120.000 Metallarbeiter in Baden-Württemberg die Arbeit nieder.
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Sie fordern eine Lohnerhöhung von acht Prozent. Nach zwei Wochen des Ausstands folgen Verhandlungen:
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Am Ende erhalten sie zunächst fünf Prozent mehr Lohn, und ab dem Jahr 1964 noch einmal zwei Prozent.
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Wenn ein Ausstand spontan ohne die Unterstützung einer Gewerkschaft von den Arbeitern ausgerufen wird, handelt es sich um einen sogenannten wilden Streik.
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1969 kommt es zu einer ganzen Reihe von solchen wilden Arbeitskämpfen.
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So bricht sich auf diese Weise der Unmut der Beschäftigten am 2. September 1969 in der Hoesch AG in Dortmund Bahn. Schnell breitet der Aufstand sich in der gesamten Montanindustrie aus.
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Am Ende setzen über hunderttausend Beschäftigte betriebliche Zulagen und verkürzte Tariflaufzeiten durch.
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Nur zwei Jahre später bleiben die Busse in den Depots. (Hier Frankfurt am Main)
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Am 10. Februar 1971 steht alles still.
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Auch die Bahnen in München fahren nicht.
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Ebenso sind viele Ämter geschlossen und sogar der Müll wird nicht mehr abgeholt.
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Erstmals streiken Beschäftige im Öffentlichen Dienst bundesweit. Nach drei Tagen gelingt ein Durchbruch: Die Tarifparteien einigen sich auf elf Prozent mehr Lohn und Gehalt – ein großer Erfolg für die Beschäftigten.
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Klein, aber oho! Im März 1975 legen 150 Arbeiter des Zementwerks Seibel & Söhne in Nordrhein-Westfalen ihre Arbeit nieder.
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Ohne Unterstützung einer Gewerkschaft besetzen sie das Werk.
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Nach ganzen 449 Tagen verpufft die Aktion. Im Juni 1976 geht die Produktion mit größtenteils neuen Arbeitern weiter.
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Auch wenn er weitestgehend wirkungslos bleibt, ist es bis heute der längste Streik in der Geschichte der Bundesrepublik.
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Ende der 70er-Jahre beginnt der Kampf um die 35-Stunden-Woche mit Arbeitsniederlegungen in der Stahlindustrie. (Hier der Streik im Duisburger Thyssen-Werk 1978)
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1984 kommt es schließlich zum Höhepunkt in der Metall- und Druckindustrie.
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Bundesweit streiken über 50.000 Beschäftigte.
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Im Einsatz für die 35-Stunden-Woche hauen sie 52 Tage auf die Pauke! Damit gehört dieser Streik zu den härtesten in der westdeutschen Geschichte.
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Bei einer abschließenden Schlichtung wird eine schrittweise Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden vereinbart.
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Am 17. Juni 1991 legen mehrere hundert Beschäftigte der Granitindustrie im Bayerischen Wald die Arbeit nieder, um gegen drohende Akkordlohnkürzungen von bis zu 30 Prozent zu protestieren.
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Erst nach 301 Tagen endet der Arbeitskampf in einem Kompromiss. Damit ist er der zweitlängste Streik in der Geschichte der BRD. (Hier: Museum Steinwelten in Bayern)
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Rund 100.000 Beschäftigte der Druckindustrie streiken 1994 für Vorruhestandsregelungen, besseren Gesundheitsschutz sowie die Gleichstellung von Frauen. Mit verschiedenen Aktionen von März bis Juli dauert der Streik 117 Tage. Obwohl er zu den längsten Streiks zählt, bekommen die Drucker am Ende nur zwei Prozent mehr Lohn.
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Der Betriebshof der Stuttgarter Müllabfuhr bleibt zu Beginn des Streikjahres 2006 geschlossen. Anfang Februar entzündet sich der Arbeitskampf im Öffentlichen Dienst der Kommunen in Baden-Württemberg. Binnen kurzer Zeit breitet sich der Streik auf zwölf Bundesländer aus.
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Rund 40.000 Beschäftigte kämpfen damit gegen eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden. Nach 113 Tagen erhalten sie elf Prozent mehr Lohn. Nie zuvor haben Beschäftigte im öffentlichen Dienst so lange gestreikt.
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Im März 2006 treten erstmals in der Geschichte Klinik-Ärzte, die bei Krankenhäusern angestellt sind, in den Aussstand. Mehrere Monate kämpfen sie für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Erst im August kommt es zur Einigung.
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Ebenfalls für Lohnerhöhungen streiken 2013 Beschäftigte im deutschen Einzelhandel. Auch die Mitarbeiter der Ikea-Filiale in Dresden gehen in den Arbeitskampf.
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Zudem gehen die Beschäftigten in Berlin und Brandenburg in den Ausstand. Über acht Monate dauert ihr Kampf.
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Die Gewerkschaft Verdi fordert rückwirkend zum 1. Juni 2013 für die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel eine Erhöhung der Gehälter und Löhne um einen Euro pro Arbeitsstunde.
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Bundesweit werden fast Tausend Betriebe bestreikt. Der Streik hat ein Happy End:
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Der zuvor von Arbeitgebern gekündigte Manteltarifvertrag wird unverändert wieder in Kraft gesetzt. Ein wichtiger Erfolg für Beschäftigte im Einzelhandel.
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Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) schlägt Anfang Januar 2024 den eigenen Rekord: Sechs Tage am Stück streiken die Beschäftigten für die Durchsetzung der 35-Stunden-Woche.
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Bis zum 29. Januar steht die Bundesrepublik still. (Quelle: DGB/Stern/rwe)
Lang, zäh, teuer Die heftigsten Streiks in der Geschichte der Bundesrepublik
Ob für mehr Lohn, Mitbestimmung, kürzere Arbeitszeiten oder Gleichstellung - um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben Beschäftigte im Nachkriegsdeutschland immer wieder zum letzten Mittel gegriffen. Rekordverdächtige Arbeitskämpfe im Wandel der Zeit.
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