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Ein Ritter, ein Indianer und ein Bauarbeiter: Das waren die ersten Playmobil-Figuren überhaupt und der Beginn einer einzigartigen Erfolgsgeschichte, auf die selbst ihr Erfinder nicht vorbereitet war.
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Die Idee zu diesen "kinderhandlichen" Figuren war aus der Not geboren. Sie entstand während der Ölkrise Anfang der 1970er-Jahre.
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Der fränkische Unternehmer Horst Brandstätter kämpfte mit Geldproblemen. In seiner Firma Geobra produzierte der Kunststoffformen-Macher vor allem Kindermöbel, für die relativ viel Kunststoff benötigt wurde.
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Während der Ölkrise war das ein teures Geschäftsmodell. Brandstätter suchte Alternativen und beschloss, von Möbeln auf Spielzeug umzusteigen, wohlgemerkt im Mini-Format.
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Sein Mustermacher Hans Beck (r.) präsentierte ihm schließlich erste Prototypen der von ihm entworfenen kleinen Playmobilfiguren.
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Am 5. Februar 1972 wird die Idee von Hans Beck als Patent angemeldet.
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In der Konstruktionszeichnung sind die Beine noch gegenbeweglich. Das wird geändert. Die echten Figuren können nur noch sitzen oder stehen.
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Steife Beine, siebeneinhalb Zentimeter groß, Dauerlächeln: Auf der Nürnberger Spielwarenmesse 1974 stellt Brandstätter das neue "Systemspielzeug" vor.
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Die Einkäufer zeigen sich allerdings zunächst nicht sehr begeistert.
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Lediglich der niederländische Großhändler Hermann Simon erteilt einen Großauftrag über eine Million Mark. Das übersteigt die Kapazitäten von Brandstätters Firma. Er vergrößert und stellt die Produktion ganz auf Playmobil um.
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Es beginnt der Siegeszug in die Kinderzimmer: Im ersten Jahr liefert Brandstätter Figuren für 3 Millionen Mark. Im zweiten Jahr liegt der Umsatz bereits bei 30 Millionen, im dritten bei über 100 Millionen.
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Im Jahr 2022 sind es dann über 600 Millionen Euro, die die Brandstätter-Gruppe mit der Marke Playmobil erzielt. An der Grundform der Plastikfiguren hat sich seitdem kaum etwas geändert.
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Jede Figur besteht aus sieben Einzelteilen: Frisur, Kopf, Innenteil, zwei Arme, Oberkörper und Unterkörper. Ab 1976 gibt es auch weibliche Figuren, die ersten sind - ganz im klassischen Rollenbild - ein Burgfräulein und eine Krankenschwester.
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1981 kommen 3,5 Zentimeter große Kinderfiguren hinzu und noch kleinere Babys.
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Seit 1990 sind außerdem die speziell für Kleinkinder konzipierten "1.2.3."-Figuren im Handel. Die einfache Grundform soll Raum für Kinder-Fantasie bieten.
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Das Plastik-Universum wächst stetig: Neben den kleinen "Männchen" finden Tiere ihren Weg ins Sortiment.
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Außerdem Häuser, ...
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... Fahrzeuge und schließlich ...
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... ganze Spielwelten wie die Pirateninsel.
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Vor allem aber die kleinen Figürchen kommen richtig groß raus: Heute verkauft das Unternehmen pro Jahr 100 Millionen der Mini- Spielkameraden.
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Längst sind sie auch nicht mehr nur neutral, sondern haben Bezug zu realen Personen. Neben historischen Figuren – beispielsweise Luther, Goethe, Napoleon – gibt es auch jede Menge Popkultur.
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Diesen Vertreter mit spitzen Ohren kennen Star-Trek-Fans. Im Jahr 2021, zum 55. Jahrestag der TV-Premiere, bringt Playmobil ein Meter großes Raumschiff samt Besatzung auf den Markt. Spock darf sich als erste Playmobil-Figur überhaupt seit 1974 über (vulkanische) Ohren freuen.
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Auch ihn kennt man: Peter Maffay erhielt im Januar 2023 auf der Spielwarenmesse in Nürnberg seine eigene Playmobil-Figur, passend mit Lederjacke.
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Die erfolgreichste Playmobil-Figur aller Zeiten trägt übrigens Bibel. Es ist Martin Luther (l.).
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Insgesamt wurden in den vergangenen 50 Jahren 3,8 Milliarden Figuren produziert.
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Hand in Hand aneinandergereiht würden sie etwa 3,7 Mal um den Äquator reichen. Wenig überraschend ...
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... hat es mit dem Kunststoffsparen deshalb auch nicht so richtig geklappt: Jedes Jahr verarbeitet Playmobil gut 10.000 Tonnen Plastik-Rohmaterial.
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Die Designer orientierten sich über die Jahre stets am Zeitgeist: Die Figuren wurden mehrfach angepasst.
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So ist der Plastik-Bierkasten aus dem Bauarbeiter-Set verschwunden - Arbeitssicherheit durch Alkoholverzicht steht in Kinderzimmern hoch im Kurs.
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In der Mittelalter-Spielewelt sucht man den früheren Tanzbären vergeblich, nachdem Tierschützer vor Jahren die Marktplatz-Auftritte von Meister Petz als Tierquälerei gegeißelt hatten.
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Dafür gibt es mit etwas Verspätung den Bankräuber auch als weibliche Variante. Schließlich - so die Botschaft - ist Kriminalität keine männliche Domäne.
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Von der ersten Idee bis zur Marktreife einer Figur dauert es zwei bis drei Jahre.
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Playmobil-Figuren sind echte Europäer. Sie werden in Deutschland, Tschechien und auf der Mittelmeerinsel Malta produziert. Im Werk in Hal Far auf Malta wird seit 1976 fleißig Plastik gerührt und geformt.
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Allein im Werk in Malta spucken mehrere Hundert Spritzgussmaschinen ununterbrochen Millionen Einzelteile aus, ...
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... die anschließend bedruckt, dann zusammengesetzt und verpackt werden.
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Ein Dutzend Lastwagen bringt die Teile anschließend ins fränkische Stammland der Marke. Hauptproduktionszeit ist im Sommer, damit vor allem pünktlich zum wichtigen Weihnachtsgeschäft genug von allem im Lager ist.
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Nach 50 Jahren scheint die Glückssträhne jedoch - vor allem wegen hausgemachter Probleme - abzureißen. Playmobil kämpft seit einigen Jahren mit wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Dabei erlebt die Spielwarenbranche seit der Corona-Pandemie eigentliche beste Zeiten.
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Playmobil kann von diesem Boom jedoch nicht profitieren. Viele neue Produkte kommen bei Kindern nicht an. Im Oktober 2023 hat die wirtschaftliche Schieflage Konsequenzen für die Beschäftigten.
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Bis 2025 sollen weltweit 700 Stellen der 4100-köpfigen Gesamtbelegschaft der fränkischen Unternehmensgruppe entlassen werden. In Deutschland sollen rund 370 Stellen wegfallen. Das sind 16 Prozent der Belegschaft hierzulande.
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Die Probleme beim Playmobil-Mutterkonzern sitzen tief. Seit dem Tod des Playmobil-Patriarchen Horst Brandstätter 2015 wird der Unternehmensführung vorgeworfen, die Firma strategisch nicht weiterentwickelt zu haben. Beim Gewinn ist das Unternehmen bereits ein gutes Jahrzehnt lang nicht vorangekommen.
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Dazu gilt das Betriebsklima bestenfalls als schwierig. Sicher ist: Schon Patriarch Brandstätter führte seine Unternehmensgruppe mit strenger Hand, Sparsamkeit und eigenwilliger Personalpolitik.
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Insider berichten von einer Kultur der Angst im Unternehmen. Steffen Höpfner, der nach Brandstätters Tod 2015 dessen Chefsessel übernahm, wollte "weg von der Angst".
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Aber Höpfner blieb glücklos. Er verließ die Horst-Brandstätter-Gruppe im Juli 2023. Sein Abgang dürfte auch damit zu tun haben, ...
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... dass die Macht im Unternehmen seit Brandstätters Tod bei einer anderen Person liegt: bei seiner früheren Chefsekretärin Marianne Albert.
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Albert ist die Beiratsvorsitzende der Stiftung, in der die Horst-Brandstätter-Gruppe organisiert ist. Ihre Qualifikation gilt als umstritten.
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Fest steht: Seit dem Tod des Firmenpatriarchen hat es viele Wechsel im Management des Playmobil-Mutterkonzerns gegeben. Seit Juli 2023 leitet Finanzvorstand René Feser das operative Geschäft.
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Feser und Playmobil-Chef Bahri Kurter, der ebenfalls seit vergangenem Jahr der Konzernleitung der Gruppe angehört, wollen den Konzern gemeinsam aus der Krise manövrieren. Auf ihrer Liste: Playmobil-Gesellschaftsspiele und emotionale Figuren von prominenten Fußballspielern und anderen Stars.(ddi/sba)
Eine Plastikwelt im Wandel Playmobil wird 50
Als die kleinen Plastikfiguren 1974 auf der Nürnberger Spielwarenmesse vorgestellt werden, sind die Einkäufer zunächst skeptisch. Seitdem ist Playmobil aus Millionen Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken. Doch die einst heile Welt zeigt Risse.
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