Diskussion über zweite Dosis 130.000 Menschen bereits geimpft
31.12.2020, 13:25 Uhr
Einer von 131.626 Geimpften in Deutschland.
(Foto: dpa)
Immer mehr Menschen bekommen in den deutschen Bundesländern den Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer verabreicht. Geht es nach Experten, könnten trotz Impfstoffknappheit viel mehr Bürger einen Piks bekommen, wenn auf die Auffrischung erst einmal verzichtet wird.
Mehr als 130.000 Menschen in Deutschland wurden bislang gegen das Coronavirus geimpft. Bis zum Morgen wurden insgesamt 131.626 Impfungen an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet. Im Vergleich zum Vortag stieg die Zahl der Geimpften um 51.465, wie aus RKI-Angaben hervorgeht. Diese Zahl könne allerdings auch Nachmeldungen enthalten und spiegele somit nicht die Zahl der an einem Tag tatsächlich Geimpften wider.
Unter den Geimpften sind 57.406 Bewohner von Pflegeheimen. 61.612 Personen erhielten die Impfung aus beruflichen Gründen, darunter fällt medizinisches Personal mit sehr hohem Ansteckungsrisiko sowie Personal in der Altenpflege. Insgesamt 31.250 Menschen wurden wegen ihres hohen Alters über 80 Jahre geimpft.
Die meisten Impfungen wurden bisher in Bayern erfasst (28.206), gefolgt von 19.930 in Nordrhein-Westfalen und 15.674 in Hessen. Die in absoluten Zahlen am wenigsten Impfungen wurden bisher in Thüringen (810), Bremen (1691) und Hamburg (2040) erfasst. Den Anteil der Geimpften an der Gesamtbevölkerung gibt das RKI zu Beginn der Impfkampagne nicht an.
Um angesichts der begrenzten Vakzin-Ressourcen möglichst schnell möglichst viele Menschen zu impfen, könnte es Experten zufolge sinnvoll sein, den Zeitpunkt der Auffrischungsimpfung nach hinten zu verschieben. "Da der Abstand zwischen beiden Impfungen mit großer Wahrscheinlichkeit in weiten Grenzen variabel sein kann und der Schutz auch nach einer Impfung schon sehr gut ist, ist es durchaus überlegenswert, bei Impfstoffmangel zunächst bevorzugt die erste Impfung zu verabreichen", sagte Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko) am RKI. Allerdings stelle dies eine zusätzliche Herausforderung bei der Planung der zweiten Impfung dar, die letztlich erfolgen müsse.
"Möglichkeit, schnell mehr Menschen zu impfen"
Ähnlich äußerte sich der Bonner Virologe Hendrik Streeck im RTL-Nachtjournal. Die Daten hätten gezeigt, dass bereits nach der ersten Impfung mehr als die Hälfte der Geimpften vor der schweren Erkrankung geschützt sei. Wenn man die zweite Impfung später gebe, könne man durch die ersten Chargen der Impfdosen eigentlich die Impfkapazitäten verdoppeln. Darüber müsse es aber erstmal eine Diskussion geben. "Einfach ist die Entscheidung nicht, aber es wäre eine Möglichkeit, schnell mehr Menschen zu impfen."
Großbritannien hatte am Mittwoch dem Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astrazeneca und der Universität Oxford als zweitem Impfstoff nach dem Biontech/Pfizer-Präparat eine Notfallzulassung erteilt. Gleichzeitig empfahl der Ausschuss, für beide Impfstoffe vorerst möglichst vielen Menschen nur die erste Impfdosis zu verabreichen. Die zweite Dosis solle innerhalb von zwölf statt der ursprünglich vorgesehenen etwa zwei bis vier Wochen gespritzt werden. Viele britische Experten begrüßten die Entscheidung als vernünftigen Ansatz, der Impfstoffknappheit zu begegnen. Sie wiesen aber auch darauf hin, dass die Wirksamkeit nach der ersten Dosis geringer ist und beobachtet werden müsse, ob sich die Strategie wirklich bewähre.
Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin an der Eberhard Karls Universität Tübingen, hält den britischen Ansatz grundsätzlich für sehr sinnvoll. "Wenn der Effekt der ersten Impfung mit der Zeit nicht schnell abnimmt, dann könnte die zweite Impfung auch noch später stattfinden, zum Beispiel erst nach sechs Monaten. Das wissen wir noch nicht. Bei anderen Impfstoffen wird das auch so gemacht."
Quelle: ntv.de, fzö/dpa