Spaß - und Kritik am Schulsystem 80-jähriger Sportlehrer freut sich auf die Ferien
20.06.2024, 11:49 Uhr Artikel anhören
Vor 15 Jahren offiziell pensioniert, unterrichtet Lüssenhop weiterhin 14 Stunden die Woche. Schulleiter Dzionsko hat bei ihm Tischtennis gelernt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Im Alter von 65 wird der niedersächsische Sportlehrer Manfred Lüssenhop offiziell pensioniert. 15 Jahre später arbeitet er trotzdem noch an seiner Schule. Sein Spaß an der Sache ist unerschütterlich. Deutliche Kritik äußert er dennoch.
Elegant wirft Manfred Lüssenhop den Basketball auf den Korb in der renovierten Turnhalle, erklärt geduldig die Armführung und das Abklappen des Handgelenks. Technisch ist der 80 Jahre alte Sportlehrer in allen Ballspielen versiert, Tennis und Tischtennis spielte der Walsroder selbst in höheren Ligen. Braungebrannt, mit bunter Brille und im schwarzen Trainingsanzug erkennt ihn jede und jeder in der Lieth-Oberschule in Bad Fallingbostel. "Er ist ein toller Kollege, die Schüler lieben ihn", sagt Schulleiter Andreas Dzionsko, "er hat ein pädagogisches Händchen".
Dzionsko muss es wissen, lernte er doch als Zehnjähriger bei Lüssenhop die Grundlagen des Tischtennisspielens im Verein. "Er ist ein echtes Urgestein. Dass er Spaß daran hat, sieht man ja", meint er lachend. Der stets gut gelaunte Eddi, wie ihn das Kollegium nennt, freut sich auch im hohen Alter noch auf die Sommerferien. "Man muss sich von den Schülern erholen, Schule hat sich verändert", sagt er. Zwar war er 2009 nach seinem 65. Geburtstag offiziell pensioniert worden, ließ sich aber sofort überreden, auf Honorarbasis 14 Stunden die Woche dabei zu bleiben.
50 Jahre unterrichtet Lüssenhop am gleichen Ort - inzwischen vorrangig die fünften und sechsten Klassen. "Ich mache das gern, ich komme vom Sport. Der liebe Gott hat es gut mit mir gemeint, ich habe ja nichts mit dem Rücken oder so. Ich bin fit", betont der Vater zweier erwachsener Kinder - nach eigenen Angaben der älteste Sportlehrer im öffentlichen Schulsystem in Deutschland.
Lüssenhop muss Desinteresse und Lehrermangel ausbügeln
Aber eigentlich sei es ein Armutszeugnis, dass ein Senior die Aufgaben der dringend gesuchten Fachkräfte im Bildungssystem übernehmen muss. "Es gibt einfach zu wenig Anreize für Lehrer, die Motivation für ein Studium ist bei den schwierigen Bedingungen in den Schulen gering", erklärt Schulleiter Dzionsko. Der Unterricht habe sich verändert, erzählt auch Lüssenhop: "Es gibt ganz tolle Schüler, aber manche haben teilweise keinen Bock."
Oft werde Sportzeug vergessen, das Interesse richte sich nur noch auf den privaten Bereich. Das Handy und darauf Tiktok seien wichtiger als das gemeinsame Lernen. "Manche Kollegen brauchen eine Viertelstunde, um die Kinder ruhig zu kriegen", berichtet er. Gravierend seien die Zunahme der Nichtschwimmer, von 22 Kindern könnten sich meist 8 nicht über Wasser halten, berichtet er: "Manche waren noch nie in einem Schwimmbad."
Quelle: ntv.de, gri/dpa