Panorama

Gefängniskrise in Brasilien91 Häftlinge flüchten durch Tunnel

26.05.2017, 12:01 Uhr

Schon wieder können Häftlinge in Südamerika durch einen Tunnel entkommen. Die Situation der Gefängnisse in Brasilien ist kritisch - und der Ausbruch kein Einzelfall: Gewaltsame Bandenkriege und überfüllte Gefängnisse überfordern die Kapazitäten.

Über 90 Häftlinge sind durch einen Tunnel aus einem Gefängnis in Nordbrasilien getürmt. Neun der 91 Ausbrecher konnten wenige Stunden nach der Flucht am Donnerstag wieder gefasst werden, wie das Nachrichtenportal G1 unter Berufung auf Strafvollzugsbehörden berichtete. Die Häftlinge hatten einen 30 Meter langen Tunnel gegraben, um aus dem Gefängnis von Parnamirim, im Bundesstaat Rio Grande do Norte, zu fliehen. Die Haftanstalt mit einer Kapazität für 436 Insassen beherbergte bis zur Flucht 589 Menschen.

In Brasilien herrscht bereits seit längerer Zeit eine Gefängniskrise. Mehrere Probleme treffen dabei aufeinander: Auf der einen Seite sind die brasilianischen Gefängnisse vollkommen überlaufen. Nach Angaben des brasilianischen Justizministeriums sitzen 659.000 Häftlinge in Gefängnissen mit einer Gesamtkapazität von nur 394.000 Plätzen ein. Das Aufnahmevermögen ist also bei 167 Prozent angelangt, und damit über alle Maße überladen. Nach den USA, China und Russland ist Brasilien derzeit das Land mit der vierthöchsten Zahl an Gefangenen weltweit.

Zudem treffen häufig rivalisierende Banden gewaltsam aufeinander. Oftmals werden von den unterschiedlichen Drogenkartellen sogenannte Stellvertreterkriege innerhalb der Gefängnisse geführt. Diese Kriege endeten bereits für viele Insassen tödlich. Und auch die Justizvollzugsbeamten sind täglich Gefahren ausgesetzt. Vor vier Monaten gelang es über 200 Insassen, aus einem Gefängnis im Großraum São Paulo zu flüchten. Wochenlang hatte es Gewaltaufstände gegeben, bei denen mehrere hundert Menschen ihr Leben verloren.

Justizvollzugsbeamte protestieren und fordern Veränderung

Hunderte Justizvollzugsbeamte hatten Anfang Mai in Brasilien das Justizministerium in der Hauptstadt Brasília besetzt. Die Beamten forderten eine Verbesserung ihrer Pensionszahlungen und verwiesen auf die extrem gefährlichen Arbeitsbedingungen, denen sie täglich in den Gefängnissen Brasiliens ausgesetzt sind.

Die Regierung Brasiliens hatte bereits zum Jahresbeginn Maßnahmen ergriffen, um diesen Zuständen entgegenzuwirken. Den Bundesstaaten wird Geld bereitgestellt, um beispielsweise Störsender, Körperscanner und Detektoren anzuschaffen. Diese können eingesetzt werden, um die Mobilfunkkommunikation in den Gefängnissen zu blockieren und um versteckte Waffen aufzustöbern.

Quelle: teb/dpa

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