Panorama

Im Zweifel für den Schläger Angeklagter im Niklas-Prozess nicht schuldig

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Die Aufklärung der Prügelattacke auf den Schüler Niklas steht nahezu wieder am Anfang. Das Landgericht Bonn spricht den Angeklagten von dem Vorwurf frei, den 17-Jährigen derart geschlagen und getreten zu haben, dass er starb.

Im Fall des zu Tode geprügelten Schülers Niklas hat das Landgericht Bonn den Angeklagten freigesprochen. Dagegen verurteilte das Gericht den 21-Jährigen am Mittwoch im Zusammenhang mit einer ganz anderen Schlägerei zu einer Jugendstrafe von acht Monaten. Dabei ging es um eine in dem Prozess mitangeklagte Tat und nicht um die Prügelattacke auf den 17 Jahre alten Niklas. Der Fall des Schülers, der bundesweit für Bestürzung gesorgt hat, bleibt damit vorerst ungeklärt.

"Wir können nicht beweisen, dass er geschlagen hat und dass er am Tatort war", sagte Richter Volker Kunkel bei der Urteilsbegründung. Es gebe vielmehr Anhaltspunkte, dass der Angeklagte die Tat tatsächlich nicht begangen habe.

Denise P., die Mutter des Opfers, ist sicher, dass der Richtige auf der Anklagebank sitzt.

Denise P., die Mutter des Opfers, ist sicher, dass der Richtige auf der Anklagebank sitzt.

(Foto: dpa)

Kurz vor dem Urteil hatte die Mutter des Opfers betont, dass sie den Angeklagten für schuldig hält. "Sie ist aufgrund ihrer Erfahrung des Prozesses überzeugt, dass derjenige, der hier auf der Anklagebank sitzt, derjenige ist, der für den Tod ihres Sohnes verantwortlich zeichnet", sagte ihr Anwalt Thomas Düber in seinem Plädoyer. Mit Blick auf das Urteil wolle die Mutter aber keinen eigenen Antrag stellen - sie könne verstehen, dass Außenstehende mehr Zweifel hätten. Sie wolle ihre subjektive Überzeugung nicht verallgemeinern.

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung hatten in ihren Plädoyers im Kernvorwurf einen Freispruch gefordert. Es sei nicht zweifelsfrei sicher, dass der Angeklagte Niklas in der Tatnacht geschlagen und getreten habe, hatte Staatsanwalt Florian Geßler seine Kehrtwende begründet. Es komme auch ein anderer Mann als Täter in Betracht. Ursprünglich hatte er dem 21-Jährigen Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Der Beschuldigte bestritt die Tat aber von Anfang an.

"Ein Schlag ins Gesicht"

Die Nebenklage kritisierte scharf das Verhalten vieler Zeugen in dem Prozess. Man könne davon ausgehen, dass einige genau wüssten, wer der Täter sei, vor Gericht aber geschwiegen hätten. "Das ist für jeden aufrecht Denkenden ein Schlag in das Gesicht", sagte Düber. Das Verfahren habe die "Grenzen des Ertragbaren" für die Hinterbliebenen aufgezeigt. Seine Mandantin sei "durch die Hölle gegangen."

Im Laufe des Prozesses hörte das Gericht zahlreiche Zeugen, deren Aussagen aber kaum Licht ins Dunkel brachten. Viele von ihnen wiesen Erinnerungslücken auf oder erklärten, sie hätten im entscheidenden Moment gerade nicht hingesehen.

Alles andere - etwa Blutspuren von Niklas an einer Jacke, die im Besitz des 21-Jährigen war - seien nur Indizien, aber keine eindeutigen Beweise, konstatierte der Staatsanwalt schließlich. Auch ein vermeintlich entscheidender Zeuge, der den Angeklagten - unter anderem mit Eigenrecherchen bei Facebook - als Täter wiedererkannt haben will, habe sich womöglich getäuscht. Es gebe eine sehr große Ähnlichkeit zwischen dem Angeklagten und einem anderen Mann, der ebenfalls am Tatort gewesen sein soll.

Somit könne er nur zu dem Schluss kommen "in dubio pro reo" - im Zweifel für den Angeklagten, erklärte der Staatsanwalt.

Quelle: ntv.de, dsi/dpa

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